Die Katze ist aus dem Sack. Im BRF-Interview erklärte Sozialminister Antonios Antoniadis, dass die soziale Wohnungsbaugesellschaft Nosbau nach der Kompetenzübertragung 2019 in der aktuellen Form nicht mehr existieren soll. Nosbau verwaltet aktuell rund 1700 Wohnungen auf dem Gebiet von vier Deutschsprachigen und fünf französischsprachigen Gemeinden.
Ein Beispiel eines "gelebten Belgiens", sagen die Befürworter, denn die Gesellschaft arbeitet seit rund 40 Jahren über Sprachengrenzen hinweg, und das erfolgreich. "Nosbau besteht mittlerweile seit 40 Jahren. Der Kelmiser Teil, Nocité, ist damals entstanden durch die Kelmiser Geschäftsleute", erklärt Mirko Braem von der CSP Kelmis.
"Unsere große Befürchtung ist, dass Nosbau aus Kelmis ausgegliedert wird. Das würde für Kelmis auch einen Arbeitsplatzverlust bedeuten. Nicht direkt vielleicht, aber in den kommenden Jahren. Wir stellen uns die Frage, wieso man an einer bestehenden Struktur, die nachweislich gut funktioniert, etwas ändern will."
Ja, warum eigentlich? Laut Minister Antoniadis hat man sich mit der zuständigen Wallonischen Ministerin darauf verständigt, um ein Kompetenzgerangel zwischen Wallonie und DG zu verhindern. Wenn 2019 die Kompetenz Wohnungsbau von der Wallonie an die DG übertragen wird, hätte Nosbau zwei Aufsichtsbehörden, mit wahrscheinlich unterschiedlichen Gesetzgebungen. Das wollen die Regierungen der Wallonie und der DG verhindern.
Für die Kritiker dieser Entscheidung ist das aber zu kurz gedacht, denn ganz unabhängig davon, welcher Teilstaat für die Gesellschaft zuständig ist, gibt es gute Gründe für die aktuelle Zusammenarbeit der französischsprachigen und der deutschsprachigen Gemeinden. "Nosbau ist eine Gesellschaft, die funktioniert - über die Grenzen hinaus", so Braem.
"Nosbau schreibt schwarze Zahlen und es gibt Synergien zwischen den Gemeinden, die jetzt in dieser Struktur zusammenarbeiten. Wir stellen uns die Frage, wie es in Zukunft aussieht, wenn Nosbau gesplittet wird und mit dem Süden zusammengelegt wird. Gibt es da dieselben Synergien mit Gemeinden wie zum Beispiel Welkenraedt und Bleyberg?" Konkret heißt das: Gemeinden wie Lontzen und Welkenraedt sind sich - mal abgesehen von der Sprache - näher als Gemeinden wie Lontzen und Burg Reuland.
Möglichkeiten, die Gesellschaft auch nach der Zuständigkeitsübertragung zusammenzuhalten, gibt es. Das hat ein unabhängiges Büro dem Verwaltungsrat von Nosbau in einer Studie bestätigt. Stichwort Kooperationsabkommen. Modelle über Gemeinschaften oder Regionen hinweg funktionieren auch bei anderen Einrichtungen wie der Interkommunalen Inago, einigen Kirchenfabriken oder der Tourismusagentur Ostbelgien. Nur muss dazu auch der politische Wille da sein.
Natürlich ist eine solche Kooperation administrativ nicht einfach. Und sie kann auch schief gehen, wenn sich am Ende doch kein Teilstaat mehr zuständig fühlt, Beispiel Publifin. Eine Aufsplittung und Umstrukturierung, wie sie Wallonie und DG jetzt vorsehen, ist aber auch nicht ganz einfach. Zumal die Gemeinden und die privaten Teilhaber bei Nosbau schon Widerstand angekündigt haben.
"Undemokratisches Vorgehen"
Widerstand gibt es aber nicht nur seitens der CSP Kelmis. Nach dem Interview von Minister Antoniadis hagelte es am Mittwoch Pressemitteilungen. Die Ecolo-Fraktion im Parlament der DG, die Bürgermeister der fünf französischsprachigen Gemeinden, die Eupener Wohnungsbau-Schöffin Claudia Niessen und der Lontzener Schöffe Roger Franssen, der auch im Verwaltungsrat von Nosbau sitzt, alle erklärten in selten deutlichen Worten, dass das Vorgehen der Regierung in Sachen Nosbau ihrer Meinung nach nicht in Ordnung war.
Die Regierung stelle hier die Gemeinden und Akteure auf dem Terrain vor vollendete Tatsachen, heißt es einhellig in allen Stellungnahmen. Das sei undemokratisch. Ecolo sprach in seiner Pressemitteilung in Anspielung auf Ministerpräsident Oliver Paasch sogar von einer "Olligarchie", in der nur noch hinter verschlossenen Türen entschieden werde.
Damit offenbart der konkrete Fall Nosbau ein viel tiefer liegendes, grundsätzliches Problem zwischen Gemeinden und der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Alle Kritiker haben das Gefühl, dass immer mehr über ihre Köpfe hinweg entschieden wird und dass diese Entscheidungen nicht immer im Sinne der Sache, sondern vor allem im Sinne eines Machtgewinns der Deutschsprachigen Gemeinschaft als Institution geschehen. Eine Kritik, die man auch schon beim Bürgerdialog zum Thema Kinderbetreuung und bei der Neueinteilung der Hilfeleistungszonen gehört hat.
Auf den Punkt brachte das Lontzens Schöffe Roger Franssen: "Diese extreme Autonomie-Tendenz der Regierung ekelt mich an", sagte er im BRF Interview. Dabei gehe es nicht darum, die Zuständigkeitsübertragung an sich zu kritisieren. Das könne für die Menschen in der DG ein echter Gewinn sein, sind sich alle Kritiker einig.
Nur die Art und Weise, wie solche Entscheidungen gefällt werden, gefällt ihnen nicht. Zumal die Regierung in der Öffentlichkeit immer von Ostbelgien und sprachgrenzüberschreitender Zusammenarbeit spreche, und durch solche Entscheidungen dann hintenherum neue Grenzen schaffe.
Nosbau und Öffentliche Wohnbaugesellschaft Eifel werden eins
ake/km