Um viel Geld zu verdienen, muss man nicht unbedingt Lotto spielen. Das große Los haben auch die 25 Aufsichtsräte des interkommunalen Zweckverbands Publifin, früher Tecteo, gezogen. Zumindest ist das der Eindruck, den man durch die aktuellen Enthüllungen haben könnte. Schöffe Cédric Halain aus Olne hat die ganze Sache ins Rollen gebracht. "Die Aufsichtsräte werden bezahlt, auch wenn sie nicht an den Sitzungen teilnehmen", kritisiert Halain.
Das größte Problem aber ist die Höhe der Gelder: Bis zu 112.000 Euro brutto für gerade einmal sieben Sitzungen haben die Aufsichtsräte kassiert. In einigen Fällen sind das 500 Euro pro Minute, hat Halain ausgerechnet. Ein Skandal. Denn die 25 Lokalpolitiker sind in beratenden Gremien tätig.
Lontzens Bürgermeister Alfred Lecerf hat insgesamt 67.000 Euro brutto für die Teilnahme an fünf Sitzungen erhalten, wie der BRF bereits am Donnerstag berichtete.
Sitzungsgelder überhaupt rechtens?
Doch wie kann so etwas überhaupt sein? Ein neues Gesetz aus dem Jahr 2015 in der Wallonie sollte genau solche Auswüchse verhindern und hat die Entlohnungen von Aufsichtsmandaten in Interkommunalen auf 150 Euro pro Sitzung, an der man auch tatsächlich teilnimmt, gedeckelt.
Das Problem: Publifin ist keine gewöhnliche Interkommunale, sondern agiert über das Territorium der Wallonie hinaus. Für die Einrichtung war daher bislang keine Aufsichtsbehörde so richtig zuständig. "Ab dem 1. Juli 2017 fallen alle Interkommunalen in den Anwendungsbereich des neuen Gesetzes, also auch die Publifin", sagt Abgeordneter Dimitri Fourny von der wallonischen PS-CDH-Mehrheit. Sprich: höchstens 150 Euro pro Sitzung. Die Regelungen, die die derzeitigen Auswüchse ermöglicht hätten, seien dann definitiv Geschichte.
Der zuständige Minister Paul Furlan geht sogar noch einen Schritt weiter und lässt prüfen, ob die horrenden Sitzungsgelder in den Beratungsgremien von Publifin überhaupt rechtens waren. Wenn nicht, werden die Lokalpolitiker das Geld zurückzahlen müssen, so der PS-Minister. "Liegt eine Gesetzesverletzung seit Publifin vor oder gab es Lücken im entsprechenden Dekret?". Beides lässt Furlan zurzeit prüfen.
Emonts will Geld zurückgeben oder spenden
Ob legal oder nicht, moralisch fragwürdig ist die Geschichte allemal. Das hat man inzwischen wohl auch in der Chefetage von Publifin verstanden. Am Donnerstagabend wurden die umstrittenen Sektorausschüsse abgeschafft.
Mittlerweile hat auch der erste Betroffene seinen Rücktritt angekündigt. Claude Emonts (PS) wird sein Mandat als Stadtrat von Lüttich niederlegen. Seit Ende 2013 hatte der 69-Jährige insgesamt 112.000 Euro brutto kassiert, sprich rund 52.000 netto. Schon damals seien ihm die Sitzungsgelder ungewöhnlich hoch vorgekommen, so dass er das Geld auf ein separates Konto einzahlen ließ.
"Mein größter Fehler ist, dass ich dieses Geld angenommen habe. Deswegen trete ich jetzt von all meinen Ämtern zurück", sagt Emonts. Claude Emonts saß seit 1988 im Lütticher Stadtrat, unter anderem war er lange Jahre Präsident des dortigen ÖSHZ.
Was die anderen Betroffenen jetzt machten, sei ihre Sache. Er werde das Geld jedenfalls zurückgeben. Und wenn das nicht ginge, werde er es spenden, erklärte Emonts der RTBF.
belga/rtbf/akn/dop - Archivbild: Laurie Dieffembacq/BELGA
Ein gefundenes Fressen für die PTB. Passt so richtig in den kommenden Wahlkampf. Macht den so richtig spannend und aufregend. Wird bestimmt nicht langweilig.