"Das sehen zu müssen, das war wirklich bitter": Debby Wilmsen ist schon seit mehr als 15 Jahren die Kommunikationsverantwortliche von Tomorrowland. Ihr Job dürfte ihr aber noch nie so schwergefallen sein wie jetzt. Am Mittwochabend nahm das Unheil seinen Lauf. "Die Hauptbühne von Tomorrowland steht in Flammen", diese Meldung verbreitete sich - fast im wahrsten Sinne des Wortes - wie ein Lauffeuer um den ganzen Globus.
Das Tomorrowland-Festival genießt Weltruhm, vor allem auch wegen seiner fantastischen und einzigartigen Main Stage. Eigentlich ist das gar keine Bühne mehr, sondern ein regelrechtes Kunstwerk. Jedes Jahr gibt sich das Festival ein anderes Thema. Diesmal sollte es eine magische Eiswelt sein mit dem Fantasienamen Orbyz. Die große Hauptbühne war das Herzstück. Allein die schieren Dimensionen sprechen für sich: In diesem Jahr war die Main Stage 45 Meter hoch und 160 Meter breit, sie umfasste unter anderem 65 Springbrunnen und sogar zwei Wasserfälle.
Ein wirklich monumentales 3-D-Gemälde, an dem hunderte Menschen knapp zwei Jahre gearbeitet haben. Und nur rund eine Stunde hat gereicht, um diese Megakonstruktion dann regelrecht in Schutt und Asche zu legen. Nur das Leichtmetall-Skelett steht noch. Die magische Traumlandschaft wirkt jetzt wie postapokalyptischer Albtraum.
Zwei Tage vor dem Beginn von Tomorrowland stand das Elektro-Festival also plötzlich ohne seine ikonische Hauptbühne da. Die einzige gute Neuigkeit: Bei dem Inferno wurde niemand verletzt. "Unsere Mitarbeiter stehen bereit!", sagte Sprecherin Debby Wilmsen bei der Pressekonferenz kurz nach dem Brand. "Wir können unsere Vorbereitungen für das Tomorrowland-Festival also fortsetzen - denn die diesjährige Auflage wird stattfinden!"
Donnerstagmorgen hörte sich das dann aber doch schon wieder ein bisschen anders an. "Wir werden uns am Vormittag mit allen zuständigen Teams zusammensetzen. Und dann werden wir gemeinsam mit Experten und Behördenvertretern schauen, was möglich ist", sagte Debby Wilmsen in der VRT. Es sei also noch zu früh, um wirklich schon bekanntgeben zu können, wie ein mögliches Alternativprogramm aussehen könnte. Bei all diesen Überlegungen hat aber die Sicherheit der Festivalbesucher absolute Priorität, betont die Sprecherin.
Aber genau deswegen stehen plötzlich doch wieder viele Fragezeichen im Raum. Nach Angaben der Feuerwehr sind zum Beispiel die verkohlten Reste der Hauptbühne teilweise instabil. Immerhin konnte inzwischen mit dem Abbau der Konstruktion begonnen werden. Es bleibt aber ein Rennen gegen die Zeit. Bevor eine Freigabe für diesen Teil des Geländes erfolgen kann, muss dieser Bereich in jedem Fall gesichert sein, sagte in der VRT ein Sprecher der örtlichen Feuerwehr.
Stellt sich also die Frage, ob man nicht am Ende doch noch gezwungen sein wird, das Festival abzusagen. Sprecherin Debby Wilmsen kann diese Frage nicht mehr eindeutig mit "Nein" beantworten. Sie könne sich dazu noch nicht abschließend äußern. Man müsse erst die Einschätzungen der verschiedenen Teams und Experten abwarten.
Der Campingplatz ist jedenfalls am Donnerstagvormittag geöffnet worden. Er befindet sich etwas abseits vom eigentlichen Festivalgelände und war von dem Brand nicht betroffen. Dort werden 38.000 Menschen erwartet, viele von ihnen sind längst unterwegs. Tomorrowland zieht nämlich Techno-Fans aus der ganzen Welt an. Die meisten von ihnen sind inzwischen am Brussels Airport in Zaventem eingetroffen und haben da wohl erst von dem Brand erfahren. "All diese Leute werden wir empfangen", sagt Debby Wilmsen. Und auf dem Camping wird heute auch wie immer die Party beginnen. Die Aufwärm-Events in Brüssel werden ebenfalls wie geplant stattfinden.
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Roger Pint