Vielleicht wäre alles unbemerkt geblieben, hätte nicht Energieminister Mathieu Bihet noch kurz vor Beginn der Sitzung am Mittwochvormittag einen neuen Antrag als Ergänzung zum Haushalt eingereicht. Quasi auf den letzten Drücker.
Die Opposition war empört. Zumal es in dem Antrag um ein Thema geht, das schon lange auf dem Tisch von Bihet gelegen haben muss. Da geht es nämlich um die finanziellen Mittel, mit denen die Regierung zusammen mit dem Energieunternehmen Engie die Verlängerung der Laufzeit der beiden Atomkraftmeiler Doel 4 und Tihange 3 sicherstellen will.
Bihet und seine Kollegen der Regierungsparteien wollten über den Antrag im Plenum diskutieren. Die Opposition dagegen stellte sich auf den Standpunkt, dass so eine Diskussion - wie sonst auch üblich - zunächst im Ausschuss stattfinden müsse, und erst dann im Plenum möglich sei.
Kammer-Vorsitzender Peter De Roover entschied nicht selbst, sondern ließ die Abgeordneten über die Frage abstimmen. Die Regierungsparteien gewannen die Abstimmung mit 63 zu 45 Stimmen.
Aber 63 Abgeordnete der Regierungsparteien sind für eine Haushaltsdebatte zu wenig. Bei so einer Debatte müssen mindestens 76 Abgeordnete der Regierungsparteien anwesend sein, die rein rechnerische Mehrheit also, die eine Regierung im Parlament mit seinen 150 Abgeordneten braucht.
De Roover unterbrach deshalb zunächst die Sitzung, holte Informationen ein und verkündete dann: "Ich habe aus den Reihen der Fraktionsvorsitzenden der Mehrheitsparteien erfahren, dass ein Quorum nicht erreicht werden kann. Und ich denke, dass die Opposition darauf besteht. Deshalb schließe ich jetzt diese Sitzung und wir treffen uns um 14 Uhr wieder."
Amateurhaftes Verhalten
Ein Sturm der Entrüstung folgte auf dem Fuß, natürlich aus den Reihen der Opposition.
"Ich kann es nicht fassen", sagte zum Beispiel Sofie Merckx von der PTB. "Was für ein amateurhaftes Verhalten. Da reisen einige anscheinend herum, statt hier im Parlament zu sein. Wo doch alle anderen hier sind, sogar das Personal und die Presse, alle sind hier, und dann gibt es noch nicht einmal das Quorum, um die Debatte zu führen über ein so wichtiges Thema, wie es der Haushalt nun einmal ist."
Die Reisenden, von denen Merckx sprach, sind tatsächlich außer Landes, und, wie es die Nachrichtenagentur Belga andeutet, nicht alle im Auftrag der Regierung. "Der Haushaltsminister ist endlich da, also: Herzlich Willkommen!", spöttelte ihrerseits Sarah Schlitz von Ecolo, als sie mit ihrer Kritik an der Reihe war und gerade auch Vincent Van Peteghem den Saal betreten hatte. Am Anfang der Debatte hatte auch er durch Abwesenheit geglänzt.
"Wir", so fuhr Schlitz an die Regierung gerichtet fort, "sind alle hier, und Sie scheren sich einen Dreck darum, eine Mehrheit heute hier zu versammeln, um Ihren Haushalt zu verteidigen. Also ehrlich!"
Schelte auch von der PS: "Zum wiederholten Mal muss ich leider feststellen", sagte Fraktionschef Pierre-Yves Dermagne, "dass diese Regierung, diese Mehrheit das Parlament und die parlamentarische Arbeit nicht ernst nimmt."
Dann verließen alle den Saal und kamen um kurz vor 14 Uhr zurück. De Roover machte eine Probeabstimmung um zu sehen, ob jetzt das Quorum von mindestens 76 Abgeordneten der Regierungsparteien erfüllt sei.
Die Abstimmung wurde freigegeben. Dann die erlösenden Worte des Vorsitzenden:
"Wir haben 76 grüne Knöpfe, die anderen spielen natürlich keine Rolle. Damit haben wir das Quorum erfüllt. Dann können wir jetzt mit der Haushaltsdebatte beginnen."