Donald Trump sorgt derzeit mit seinem Schleuderkurs insbesondere in der Zollpolitik für ein gewaltiges Chaos. Vor einer Woche hatte der US-Präsident am von ihm selbst ausgerufenen "Befreiungstag" noch ein enormes Zollpaket angekündigt, um es dann am Mittwoch gleich wieder für 90 Tage auf Eis zu legen.
"Wer bietet mehr, wer bietet weniger? Unsere Wirtschaft glich in den letzten Tagen mehr einem Teppichmarkt", beklagte die N-VA-Abgeordnete Charlotte Verkeyn in der Fragestunde in der Kammer.
"Das Ganze hatte aber auch schon konkrete Auswirkungen, auch in Belgien", beklagte Koen Van den Heuvel von der CD&V. "Kleine Anleger, die ihre Ersparnisse in Fonds investiert haben, um ihre Rente aufzupeppen, die sahen ihr Geld in Rauch aufgehen - und das wegen eines populistischen Pyromanen."
Nach dem "Zollschwenk" von Trump haben sich die Kurse erstmal wieder erholt, der belgische Bel-20-Index stieg am Donnerstag um rund vier Prozent. "Aber für wie lange?", fragte sich Xavier Dubois von Les Engagés. "Die Unsicherheit und die Instabilität bleiben bestehen. Denn es handelt sich hier nur um einen temporären Aufschub und man muss auch jederzeit fürchten, dass der US-Präsident wieder seine Meinung ändert."
"Und Trump? Der scheint das Ganze noch zu genießen", wettert Nabil Boukili von der marxistischen PTB. "Um es mal mit den Worten des US-Präsidenten zu sagen: Sie küssen meinen A…" Und er frage sich, ob die EU nicht auch schon eben damit beschäftigt sei, wenn sie doch gerade ihre Gegenzölle ebenfalls auf Eis gelegt habe.
Erstmal könne er die Wortwahl des US-Präsidenten nur bedauern, sagte Premierminister Bart De Wever. "Das macht einen schlechten Eindruck - und das ist noch diplomatisch ausgedrückt. Davon abgesehen ist Trump eben unberechenbar", beklagte der föderale Regierungschef. "Deswegen ist es auch unmöglich, zum gegenwärtigen Zeitpunkt den Impact der US-Zölle zu beziffern. Man muss die Lage tagtäglich verfolgen, genauer gesagt stündlich."
Was die Entscheidung der EU angeht, die beschlossenen Gegenzölle erstmal auszusetzen, so könne er das nur begrüßen, sagte De Wever. "Ursula von der Leyen will Verhandlungen eine Chance geben. Und genau das ist der Weg!", betonte der N-VA-Politiker. "Unsere Priorität muss es immer noch sein, einen sinnlosen Handelskrieg zu verhindern. Denn dabei gibt es nur Verlierer." Er sehe zwar Chancen für Verhandlungen, doch müsse man den Realitäten ins Auge sehen: Dieser Konflikt sei wohl noch lange nicht vorbei.
"Jetzt müssen wir die Lehren aus dem Debakel ziehen", mahnt der Premier, "jetzt oder nie müssen wir Europäer als Einheit auftreten. Denn den neuen Herausforderungen können wir uns nur gemeinsam stellen". Entsprechend müsse man die amerikanischen Attacken als Chance verstehen, als eine Motivation, um den europäischen Binnenmarkt schnellstmöglich und gründlich zu stärken.
"Diese Chance müssen wir ergreifen", sagte De Wever. "Parallel dazu müssen wir uns - mit Blick auf den Welthandel - nach alternativen Partnern umsehen, die gerade im Moment auch auf uns schauen. Denn hier geht es um unsere Freiheit und unseren Wohlstand."
Roger Pint