Vor den Wahlen im Juni war Paul Magnette als ein Kandidat für den Posten des Premierministers gehandelt worden. Doch dann kam der Wahltag, die PS verlor vor allem in der Wallonie deutlich, Platz eins ging an die MR verloren. Danach fackelte Magnette nicht lange und kündigte an, dass seine PS die Stimme der Wähler verstanden habe. Seine Partei werde in den kommenden Jahren in die Oppositionsrolle schlüpfen.
Diese Position bekräftigte Magnette jetzt im Interview bei der RTBF noch einmal in aller Deutlichkeit und definierte dabei auch, was er als Aufgabe der Opposition sieht. "Die Aufgabe der Opposition ist es, das aufzudecken, was es aufzudecken gibt. Auf die schlechten Maßnahmen hinzuweisen, die vorgeschlagen werden. Und davon gibt es eine Menge. Die Arbeiter und die Mittelschicht werden die Programme der Regierungen in der Wallonie, der Gemeinschaft und auf föderaler Ebene teuer bezahlen."
Laut Magnette gibt es viele Beispiele, die zeigen, wo die Regierungen ohne PS die Menschen zur Kasse bitten werden. Die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer von sechs auf neun Prozent zum Beispiel werde "die Preise in den Supermärkten in die Höhe treiben". Andere Pläne würden dazu führen, dass "die Krippen teurer werden, die Plätze in Altersheimen, die Titres-Services - für die Durchschnittsfamilie in Belgien wird alles teurer werden."
Das Geld von der großen Masse der Bevölkerung zu nehmen und die Reichen aber weitgehend unbehelligt zu lassen, sei die Methode, die auch auf föderaler Ebene mehrheitsfähig und vom Duo MR-N-VA vorgeschlagen worden sei. "Das", so Magnette, "lässt mich an den bekannten Satz von Colbert denken, den Finanzminister von Ludwig XIV, der gesagt hat: 'Sire, erlassen sie Steuern für die Armen, von ihnen gibt es viel mehr.'"
Enttäuscht zeigt sich Magnette von Les Engagés, die man grundsätzlich in der politischen Mitte einordnen würde. Da hätte man eben durchaus denken können, dass sie "den Rechtsruck der MR", wie Magnette es ausdrückte, „ein bisschen abgefedert hätte. Aber", so Magnette weiter, "das ist absolut nicht der Fall. Selbst auf föderaler Ebene hat Maxime Prévot, der Vorsitzende von Les Engagés, gesagt: 'Das, was als Vorschläge auf dem Tisch liegt, ist hervorragend'."
Dass auch die sozialistische Schwesterpartei Vooruit auf föderaler Ebene mitmischt, bezeichnet Magnette als eine nicht komfortable Situation für die Partei. Aber Vooruit zähle nun mal zu den Gewinnern in Flandern, sei Teil der neuen Regierung in Flandern und deshalb auch ein bisschen dazu gezwungen, bei den Verhandlungen auf föderalem Niveau mit dabei zu sein.
Seine PS allerdings werde in der Rolle der Oppositionspartei bleiben und diese Rolle auch konstruktiv ausfüllen. Magnette kündigte an: "Bei jeder Kritik werden wir auch eine Alternative präsentieren. Die Austerität, die uns hier vorgeschlagen wird, der Hagel an neuen Steuern, der auf die Familien einprasseln wird, ist keine Fatalität. Das kann man auch anders machen. Wir werden das zeigen und unsere Ansicht verteidigen."
Kay Wagner