"Einige Menschen müssen evakuiert werden. Aber dabei wird es wohl nicht bleiben. Wir halten hier den Atem an" - An Panis, die Bürgermeisterin von Geraardsbergen, ist besorgt. In einigen Weilern wurden die Menschen aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen. Die ostflämische Gemeinde ist eine von vielen, die von den Fluten der Dender bedroht wird.
Auch flussaufwärts, in der Provinz Hennegau, ist die Lage stellenweise kritisch. Ostflandern hat im Übrigen den Katastrophenplan ausgelöst, das gleiche gilt für die Provinz Flämisch-Brabant. In Lembeke (Ostflandern) starb eine Frau an den Folgen des stürmischen Wetters. Sie wurde von einem umstürzenden Zaun tödlich getroffen.
Dem ganzen Westen des Landes steht aktuell das Wasser buchstäblich bis zum Hals. Überall sind Flüsse über die Ufer getreten. Es wird alles versucht, um die Wassermassen von Wohnhäusern fernzuhalten. Viel wird von den nächsten Stunden abhängen. Denn eigentlich haben viele Flüsse inzwischen ihre Höchststände erreicht, also hat sich die Lage wenigstens mehr oder weniger stabilisiert. Und zumindest für Flandern werden auch breite Aufklarungen vorhergesagt.
"Sollte es doch noch regnen, dann könnte die Situation an einigen Wasserläufen schnell kritisch werden, wie z.B. an der Dender oder im Scheldebecken, sagte die VRT-Wetterexpertin Jacotte Brokken. Eine Situation auf Messers Schneide also. Und immer wieder müssen einzelne Viertel dann doch vorsorglich evakuiert werden.
Weiter östlich steht das Schlimmste vielleicht erst noch bevor. Für die Provinzen Namur, Lüttich und Luxemburg gilt nach wie vor Regenwarnstufe gelb. Vor allem südlich von Sambre und Maas erwartet das Königliche Meteorologische Institut bis Donnerstag noch Niederschlagsmengen zwischen 15 und 40 Litern pro Quadratmeter. In anderen Regionen sind es immerhin auch noch bis zu 20 Liter Regen. Und anscheinend erreicht Donnerstagabend dann noch ein neues Regengebiet das Land.
An den Oberläufen und Zuflüssen habe sich die Lage mehr oder weniger stabilisiert, sagte in der RTBF Sarah Pierre, Sprecherin des für Infrastruktur zuständigen wallonischen Ministeriums. Die größeren Wasserläufe wie die Semois, die Maas oder der Unterlauf der Ourthe reagieren aber langsamer, deren Pegelstände würden in den nächsten Stunden wohl noch steigen. Und entsprechend wachsam werde man entlang dieser Flüsse bleiben.
Im Großen und Ganzen könne man aber sagen, dass sich die Folgen von alledem in der Wallonie noch in Grenzen halten. Bis jetzt beschränkten sich die Überschwemmungen auf Straßen oder landwirtschaftliche Flächen, sagt die Sprecherin. Und die meisten Hochwasserwarnungen betreffen tatsächlich Agrarzonen. Wohngebiete blieben in der Regel verschont, sagt Pierre.
Doch auch in der Wallonie mussten stellenweise Evakuierungen vorgenommen werden. In Couvin in der Provinz Namur mussten zwei Campingplätze geräumt werden. Das Problem sei auch, dass sich die Menschen bis zum letzten Moment weigerten, ihre Unterkunft zu verlassen, beklagte Claudy Noiret, der Bürgermeister der Gemeinde. Entsprechend müssten die Rettungskräfte am Ende dann noch eigentlich unnötige Risiken eingehen.
Jetzt richten sich denn auch alle Blicke nach oben, auch in der Wallonie. Jetzt hänge natürlich viel davon ab, was da noch vom Himmel fallen wird. Die Nacht sei, zumindest im Vergleich zum Dienstag, in puncto Regen noch vergleichsweise harmlos gewesen, sagt Ministeriumssprecherin Sarah Pierre. Für Mittwoch seien aber neue Niederschläge angekündigt, vor allem in den Provinzen Lüttich und Luxemburg. Das könne also dazu führen, dass sich die Lage doch noch weiter zuspitze.
Ruhige Nacht in der DG
Für die Feuerwehr in der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist die Nacht von Dienstag auf Mittwoch hingegen ruhig verlaufen. In der Hilfeleistungszone DG gab es keinen einzigen Einsatz wegen einer möglichen Überschwemmung. In St. Vith mussten Feuerwehrleute lediglich einen Ast von der Fahrbahn in der Wiesenbachstraße entfernen.
Roger Pint