Was kann die Kirche grundsätzlich in bewaffneten Konflikten wie gerade in der Ukraine und in Gaza überhaupt leisten? "Die Kirche Jesu Christi hält am Frieden fest und kann die Thematik des Friedens immer wieder zur Sprache bringen", so Bischof Felmberg für die evangelische Kirche. Wenn das gelingen würde, in Foren und Gesprächsrunden, sei das schon ein "großer Dienst", den die Kirchen leisten könnten, sagt Bischof Felmberg. Ergänzend sei die Seelsorge eine Möglichkeit der Kirchen, Soldaten oder auch Menschen, die unter den bewaffneten Konflikten leiden, beizustehen, ergänzt Bischof Overbeck.
Dass christliche Kirchen Position beziehen in bewaffneten Konflikten, sehen beide Bischöfe als richtig an. Der Begriff "Gerechtigkeit" sei dabei zentral. Dabei gehe es nicht einfach um eine Gerechtigkeit, die "nur das bestätigt, was ich selbst für richtig halte", erklärt Bischof Overbeck, sondern um eine Gerechtigkeit, "die dem Wohl aller dient".
Gerechtigkeit müsse auch bei der Suche nach Friedenslösungen eine zentrale Rolle spielen. Ein gerechter Friede im Krieg Russlands gegen die Ukraine sei deshalb nur ein Friede, der Raum schaffe für Gerechtigkeit, Recht und Freiheit für alle, fügt Bischof Felmberg hinzu. Ein Diktatfrieden sei keine gute Lösung im Verständnis der Kirchen.
Dass die Kirche klar Position bezieht in einem bewaffneten Konflikt lasse sich mit der Bibel begründen. Dort gebe es viele Beispiele, wie man im Zwischenmenschlichen richtig und gut handeln soll. Dort könne man dann zum Beispiel auch lesen, dass es gut sei, dem Überfallenen zu helfen, sagt Bischof Felmberg. Natürlich bekäme dieser Grundsatz eine andere und kompliziertere Dimension, wenn man ihn in Bezug auf ganze Völker und Staaten anwende. Aber der Grundsatz bleibe der gleiche.
Das führe dann dazu, dass die Kirchen Waffenlieferungen zum Beispiel an die Ukrainer befürworten könnten. Die Kirche unterstütze dadurch die gute Seite. Obwohl - so gibt es Bischof Felmberg zu - diese Abkehr vom bisherigen Standpunkt der evangelischen Kirche durchaus "schmerzhaft" gewesen sei. Und obwohl Jesus selbst im Neuen Testament Gewalt nie gutgeheißen hat.
Doch nur auf die Gewaltlosigkeit des Handelns von Jesus zu schauen, greife zu kurz, meint Bischof Overbeck und erklärt: Wenn jeder so handele wie Jesus, wäre alles gut. Dann gäbe es auch keine Gewalt. Aber die Wirklichkeit sehe halt komplexer aus. Nicht alle Menschen würden auf Gewalt verzichten wollen. Dann sei die "richtige" Reaktion aus Sicht der Kirche, Position zu beziehen im Sinne der Botschaft der Bibel.
Versöhnung und Friede seien auf jeden Fall immer möglich - auch in den aktuellen Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten. Das beste Beispiel liefere die Europäische Union. Obwohl die beiden Weltkriege so viel Hass zwischen den Völkern gesät haben, arbeite man jetzt unter dem Dach der EU zusammen. Auch im zwischenmenschlichen Bereich sei Versöhnung gelungen. Für junge Franzosen und Deutsche sei es zum Beispiel mittlerweile fast unvorstellbar, wie ihre Großväter im Krieg aufeinander hätten schießen können, sagt Bischof Felmberg.
Kay Wagner
Die evangelische und katholische Kirchen in Deutschland sind genau so Bestandteil des politischen Systems wie die orthodoxe Kirche in Russland. Militärseelsorge ist integraler Bestandteil der Bundeswehr wie ein Waffensystem und ermöglicht Einsätze, auch so zweifelhafte wie in Afghanistan.
“Dass die Kirche klar Position bezieht in einem bewaffneten Konflikt lasse sich mit der Bibel begründen. Dort gebe es viele Beispiele, wie man im Zwischenmenschlichen richtig und gut handeln soll.”
Welche hohlen Worte und welch’ erbärmlich selektive Sichtweise.
“Die Bibel – und zwar nicht nur das Alte, sondern auch das Neue Testament – ist in zentralen Teilen ein gewalttätig-inhumanes Buch, als Grundlage einer heute verantwortbaren Ethik völlig ungeeignet.”
(Franz Buggle, dt. Psychologe, 1933-2011)
“Die Bibel berichtet mehr als hundertmal von durch Gott befohlenem Mord und Völkermord sowie von 600 weiteren Morden und Massenmorden und rund 1000 Zorn- u. Strafaktionen eines blindwütigen Gottes.”
(Peter Fürer, schweizer Schriftsteller)
Auch das ist “die Botschaft der Bibel”.