Als starkes und bewusst gesetztes Zeichen wertet auch Hadja Lahbib das Treffen der EU-Außenminister am Montag in Kiew. Europa steht fest zur Ukraine im Kampf gegen den Aggressor Russland. Das habe man durch das Treffen erneut unterstreichen wollen. Eine Geste, die gut ankam in der Ukraine. Die daneben aber auch weiter die militärische Unterstützung der europäischen Staaten benötigt. Da läuft es allerdings nicht reibungslos.
Auch bei der belgischen Hilfe hakt es zurzeit, zum Beispiel bei der Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine. Da gibt es ein Hin und Her in der Regierung. Lahbib erklärt das Zögern mit einer Untersuchung über die Einsatzfähigkeit der Jets. Daran sind Zweifel aufgekommen.
Objektiv soll das jetzt geprüft werden, was Lahbib grundsätzlich gut findet. Grundsätzlich scheint sie aber auch die Tendenz zu haben, die F-16 gerne der Ukraine zur Verfügung stellen zu wollen. "Wenn ich zum Beispiel höre, dass wir diese Flugzeuge dafür brauchen, um unser eigenes Land zu schützen, dann bin ich der Meinung, dass Belgien zurzeit am besten geschützt werden kann, indem man diese Flugzeuge in die Ukraine schickt. Die Ukraine befindet sich im Krieg und liegt auch nur 2.000 Kilometer von Brüssel entfernt.
Dass die EU-Außenminister in Kiew mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj auch wieder über eine möglichst baldige Aufnahme der Ukraine in die EU gesprochen haben, findet Lahbib richtig. Solche Gespräche mit der Ukraine, aber auch mit anderen Beitrittskandidaten seien unerlässlich. "Wir haben keine andere Wahl: Wir müssen uns diese Länder anschauen, die darauf hoffen, Teil der EU zu werden. Viele von ihnen sind ehemalige Länder des ehemaligen Sowjetblocks, die bedroht werden, bei denen Truppen an der Grenze stehen."
Wie diese Länder integrieren?
Keine Frage also für Lahbib, dass Länder wie Moldawien, die Ukraine oder auch Georgien auf absehbare Zeit Teil der EU werden sollen. Die Frage sei vielmehr: Wie diese Länder integriert werden können, ohne dass die EU sich selbst schwächt. Die Antwort liefert Lahbib gleich mit. "Wir müssen die Funktionsweise unserer Einrichtungen neugestalten", sagt sie. Auch die Haushaltsmittel der EU müssen neu verteilt werden.
Erste EU-Gespräche zu solchen Reformen habe es bereits gegeben. Auf dem Treffen am Donnerstag in Granada soll weiter darüber nachgedacht werden. Wenn dann ab Januar die EU-Ratspräsidentschaft von Spanien auf Belgien übergeht, werde Belgien natürlich auch an der Sache weiterarbeiten. Viele in der EU würden dabei sogar besonders auf Belgien setzen, um gute Vorschläge für Reformen zu machen.
Denn Belgien sei immer noch bekannt dafür, viel Erfahrung beim Lösen komplexer Situationen auf staatlicher und institutioneller Ebene zu haben. "Das ist kein Mythos. Ich kann Ihnen sagen, dass die Erwartungen an Belgien sehr groß sind. Eben weil Belgien dafür bekannt ist, dass wir Erfahrung darin haben, Brücken zu bauen, Kompromisse zu finden und komplexe Konstruktionen zu errichten. Genau das werden wir auch tun. Das wird Monate, Jahre dauern. Aber ganz sicher werden wir damit ab Januar beginnen."
Kay Wagner