Das wallonische Rüstungsunternehmen New Lachaussée könnte in Teufels Küche kommen – wenn es nicht schon genau dort ist. Denn die Vorwürfe, die die RTBF und auch das ZDF-Fernsehmagazin "frontal" erheben, sind schon starker Tobak.
Alles beginnt bereits im vergangenen Jahr. Im Frühjahr 2022 veröffentlicht "ZDF frontal" die sogenannten Kalaschnikow-Leaks. Darin enthüllen die Journalisten Geschäftskontakte europäischer Unternehmen mit russischen Rüstungsfirmen – nach dem Inkrafttreten des Waffenembargos gegen Russland. Ausdrücklich genannt wird damals schon die Lütticher Waffenschmiede New Lachaussée, an der die Wallonische Region ein Fünftel der Anteile hält. New Lachaussée habe demnach unter anderem einen, wie es hieß, "indikativen Kostenvoranschlag" an eine russische Rüstungsfabrik geschickt. Dabei ging es um eine Munitionsfertigungsanlage.
Whistleblower packt im ZDF aus
Magtech, der deutsche Mutterkonzern von New Lachaussée, beauftragt die deutsche Filiale des Wirtschaftsprüfungsunternehmens KPMG daraufhin, die Vorwürfe zu untersuchen. Mit der Leitung der Ermittlung wird der KMPG-Forensiker Cihan Kuzkaya betraut. "Und das Ergebnis der Untersuchung hat mich letztendlich dazu bewogen, meinen Job zu kündigen", sagt er im ZDF. Es ist eben dieser Cihan Kuzkaya, der jetzt die Bombe platzen ließ. Er ist ein sogenannter Whistleblower, der also mit seinem Wissen an die Presse gegangen ist, genauer gesagt: an die RTBF und das ZDF.
Im Interview mit "ZDF frontal" erhebt er erst mal schwere Vorwürfe gegen seinen früheren Arbeitgeber, also KMPG-Deutschland. "Mein Vorwurf gegenüber KMPG ist, dass sie nicht genug getan haben, um die Wahrheit aufzudecken. Gemessen daran, was ich in dieser Untersuchung gesehen habe, ist das Verhalten von KPMG sicherlich katastrophal."
Weitere Kostenvoranschläge gingen nach Russland
Da stellt sich die Frage, was er im Rahmen seiner Untersuchung bei New Lachaussée gesehen hat. In den Kalaschnikow-Leaks war ja lediglich von einem Kostenvoranschlag die Rede, den das Lütticher Unternehmen an eine russische Rüstungsfirma geschickt haben soll. Nun, er habe noch vier weitere Kostenvoranschläge gefunden, die ebenfalls nach Russland gegangen sind. "Und die zugrundeliegende Kommunikation war meines Erachtens nach ganz klar darauf ausgerichtet, hier auch tatsächlich Produkte nach Russland zu verkaufen."
Also: Es mag so aussehen, als habe es New Lachaussée durchaus ernst gemeint und die Kostenvoranschläge effektiv mit der Absicht nach Russland geschickt, das entsprechende Geschäft auch abzuschließen. Cihan Kuzkaya hätte das Ganze gerne weiter untersucht. Dazu fehlte aber angeblich die Zeit. Verstörend allerdings: Die besagten vier "neuen" Kostenvoranschläge, die also Cihan Kuzkaya entdeckt hatte, tauchen im Abschlussbericht von KPMG nicht auf. New Lachaussée weist denn auch die Vorwürfe zurück und kann sich dabei auf eben dieses Gutachten berufen.
Munitionsfertigungsanlage über Serbien nach Russland?
Es gibt aber noch einen zweiten Aspekt in dieser Recherche. New Lachaussée hat nämlich auch Munitionsfertigungsanlagen an Serbien verkauft. Was auch längst nicht unproblematisch ist, sagt der Rechtsanwalt und Sanktionsexperte Viktor Winkler in ZDF-frontal: "Für jeden Sanktionsexperten müssen hier die Alarmglocken angehen. Serbien ist das einzige Land in der Region, das die Russland-Sanktionen nicht übernommen hat."
Yannick Quéau, der Direktor des Friedensforschungsinstituts GRIP, sah das in der RTBF genauso. Auf dem Rüstungsmarkt sei Serbien so eine Art "freies Elektron": Das Land verkaufe so ungefähr alles an jeden. Zumal laut RTBF-Informationen die Munition, die mittels der Fertigungsanlagen hergestellt wird, ausdrücklich auch für den Export infrage kommen kann. Das habe New Lachaussée sogar selbst eingeräumt. Und, wenn man dann noch weiß, dass in der Fabrik Munition eines russischen Kalibers hergestellt wird und dass Serbien die Russland-Sanktionen nicht übernommen hat, dann muss man nicht mehr allzu viel Fantasie haben, um sich den Rest hinzuzudichten. Konkret: Es mag sehr danach aussehen, als seien hier Russland-Sanktionen unterlaufen worden.
Wallonie hätte es besser wissen können
Mit diesen Erkenntnissen haben die Journalisten dann die Wallonische Region konfrontiert. Und siehe da: Ministerpräsident Elio Di Rupo setzte umgehend die Exportlizenzen von New Lachaussée nach Serbien "vorsorglich und mit sofortiger Wirkung" aus. Man verlange jetzt erst mal eine eingehende Untersuchung, hieß es in Namur. Das komme aber reichlich spät, kritisiert unter anderem die RTBF. Zumindest das "serbische Kapitel" dieser Geschichte konnte man nämlich schon in besagtem KPMG-Bericht nachlesen. Die Wallonische Region als Anteilseignerin von New Lachaussée hätte das also wissen können.
Roger Pint
Das kommt davon, früher waren für derartige Exporte, das Aussen & das Verteidigungsministerium zuständig, aber die sind ja national und wir müssen dafür Sorge tragen das die Wallonie nicht von den nationalen Instanzen gegängelt wird... Maintenant ça pue la m... & Di Rupo steht da vie ein bedröpster Hund - aber deswegen die Verantwortng übernehmen wird ihm nicht einfallen, und im Verwaltungsrat bzw im Direktorium von New Lachaussée wird auch niemand für einige Jahre seinen Wohnsitz nach Lantin verlegen, obgleich genau DAS notwendig wäre - egal ob jetzt europäisches Recht oder belgisches Recht gebrochen wurde, ein Dieb muss auch hinter Gittern also auch Diebe in Schlips & Krawatte
Ich kann Di Rupo nur wünschen, dass er diesen illegalen Krisenüberprofit-Missbräuchen das Handwerk legt.
Auch Wallonisches Großkapital hat wie die Gesamte EU kein Recht, die Krise zu noch mehr Überprofit auf dem Rücken der Ärmsten und Schwächsten zu missbrauchen oder Krieg gegen andere Länder zu treiben durch illegale Rüstungsexporte. Gleiches Recht für alle, gleiche Pflicht für alle, oder weg mit dieser EU!
Es gibt aber auch Berichte, zum Beispiel vom Brf vom 12.04.23, die besagen, daß Serbien Munition an die Ukraine liefert. Serbien ist eines der wenigen Länder, das sowjetische Munition herstellen kann (für die sowjetischen Waffen der Ukraine) und außerhalb des russischen Einflussbereichs liegt.
Dumm gelaufen für New Lachaussèe. Andere machen das geschickter...