"Ich plädiere dafür, auf die Pausentaste zu drücken. Aber nicht für CO2". Vier Sekunden im VRT-Fernsehen, die die Grünen, aber auch die Sozialisten auf die Palme gebracht haben.
Premierminister Alexander De Croo bezog sich auf die geplante EU-Verordnung über die Wiederherstellung der Natur. "Es reicht schon, wenn wir alle zusammen die CO2-Emissionen senken müssen, da brauchen wir nicht obendrauf auch noch neue Umweltschutznormen. Wir wollen ja schließlich nicht die diversen Wirtschaftsakteure überfordern", so seine Argumentation grob gerafft.
Diese Aussage habe ihn dann doch sehr überrascht und auch perplex gemacht, sagte der Ecolo-Co-Vorsitzende Jean-Marc Nollet am Donnerstagmorgen in der RTBF. Das hätte er von Alexander De Croo nicht erwartet. Ganz davon abgesehen, dass dieser Standpunkt auch dem Regierungsabkommen nicht entspreche.
De Croo tat seinerseits so, als sei dieser Standpunkt abgesprochen gewesen. Es gebe ein Gremium mit Namen DGE. Darin legen die verschiedenen Regierungen des Landes ihren gemeinsamen Standpunkt fest, den Belgien dann auf der EU-Ebene einnehmen wird. Schon vor einigen Monaten hätten die verschiedenen Regierungen festgehalten, dass man "signifikante Änderungen" am Entwurf der EU-Verordnung fordern werde.
Es gebe natürlich ein Protokoll von besagter DGE-Sitzung, auf die der Premier verweist, sagte Jean-Marc Nollet. "Darin stehen Sachen wie 'Belgien bittet um nähere Einzelheiten; Belgien formuliert einige Bedenken'. Aber nirgendwo werden Sie einen Passus finden, in dem für eine Pause plädiert wird", sagt der Ecolo-Co-Vorsitzende.
Kein Beschluss
Heißt: Es gibt keinen Beschluss, mit dem De Croo seine Aussagen im Nachhinein rechtfertigen könnte, betonte auch die Groen-Vize-Premierministerin Petra De Sutter am Mittwochabend in der VRT. "De Croo kann hier nicht im Namen der Regierung sprechen." Sie wolle wissen, warum er das doch getan hat.
Jean-Marc Nollet schlug am Donnerstagmorgen in dieselbe Kerbe. "Meinetwegen waren das die Aussagen eines Mitglieds der flämischen Liberalen, aber keinesfalls die des Premiers", sagte Nollet. "Eben weil der Standpunkt nicht von den übrigen Regierungspartnern abgesegnet wurde."
Man sieht und hört es: Insbesondere die Grünen haben am Donnerstag ihre Schwergewichte in die Medien-Arena geschickt, um deutlich zu machen, dass De Croo da eine Rote Linie überschritten hat. Nur: Wie wollen Ecolo und Groen denn jetzt reagieren? Oder, zugespitzter: Gibt es diese Regierungskoalition eigentlich noch? Wenn doch der Premierminister in grünen Augen so krass gegen Absprachen verstößt.
Nicht einfach so den Stecker ziehen
Jean-Marc Nollet ging nicht auf die Frage ein. Petra De Sutter machte ihrerseits klar, dass man jetzt nicht einfach so den Stecker ziehen werde. Denn genau das hatten die Grünen 2003 noch gemacht bei ihrer ersten Regierungsbeteiligung auf der föderalen Ebene. "Wieso sollen wir jetzt abtreten wegen einer Stellungnahme des Premierministers, die außerdem nicht dem Regierungsabkommen entspricht?", fragte sich Petra De Sutter. "Haben Sie denn keine Angst, untergebuttert zu werden?", fragt die VRT-Journalistin. "Nun", so antwortet De Sutter, "dann muss der Premier das mit vier Parteien tun, denn neben den Grünen haben ja auch die Sozialisten ihren Unmut geäußert".
Vielmehr wolle man De Croo nun erstmal zur Rede stellen, sagt De Sutter. Im Parlament, und dann vor allem auch bei einer Sitzung des Kernkabinetts, die für Donnerstagabend angesetzt wurde. "Wir wollen erstmal wissen, warum De Croo seine Aussagen gemacht hat und wie er sie verteidigt", sagt De Sutter. "Natürlich wird das wohl eine heftige Diskussion. Aber, erstmal wollen wir wissen, was das sollte."
Roger Pint