Um offene Stellen in Mangelberufen mit außereuropäischen Arbeitskräften zu füllen, müssen interessierte Arbeitgeber eine sogenannte "kombinierte Erlaubnis" beantragen. Dabei handelt es sich um eine Aufenthaltserlaubnis, die an eine Arbeit geknüpft ist, also mit ihr kombiniert ist. Mit der "kombinierten Erlaubnis" können sich Nicht-EU-Bürger dann länger als die sonst höchstens 90 Tage pro Jahr in Belgien aufhalten, um hier zu arbeiten.
Sinn und Zweck des Ganzen ist, bitter benötigte Arbeitskräfte ins Land zu locken - wenn es sein muss, sogar aus Drittstaaten. Denn leider und bekanntermaßen sind gerade viele gesellschaftlich besonders wichtige Jobs so schwer oder schlecht bezahlt, dass Belgier oder andere Europäer sie oft einfach nicht mehr machen wollen. Ein Paradebeispiel hierfür ist der Gesundheits- und Pflegesektor. Aber nach der letzten Zählung stehen mittlerweile noch über 230 weitere Jobs auf der belgischen Liste der Mangelberufe.
Die vorgeschriebene Vorgehensweise für Arbeitgeber ist dabei wie folgt: Sie müssen sich zunächst an ihre Region wenden, erklärte Ben Segers der VRT. Er sitzt als Abgeordneter für die flämischen Sozialisten Vooruit in der Kammer. Die Region müsse den Fall dann prüfen, also etwa untersuchen, ob es sich wirklich um einen Mangelberuf handelt, ob es tatsächlich offene Stellen gibt und ob der Betrieb, der den Antrag stellt, auch tatsächlich eine wirtschaftliche Tätigkeit nachweisen kann. Kurz gesagt: Die Region muss prüfen, ob der Antrag legitim ist.
"Bäcker" aus der Türkei
Zu den Mangelberufen gehören auch Bäcker. Bäcker in Belgien scheint, zumindest wenn es nach der Zahl der beantragten kombinierten Erlaubnisse geht, ein höchst begehrter Job zu sein - insbesondere für Bäcker aus der Türkei. So begehrt, dass das dem belgischen Generalkonsulat in Istanbul begann, seltsam vorzukommen. Den Stein ins Rollen gebracht haben soll, so berichtet es die Zeitung De Morgen am Dienstag, der Fall einer Bäckerei aus Flandern. Die soll versucht haben, auf einen Schlag gleich 50 angebliche Bäcker aus der Türkei anzuwerben. Woraufhin das Istanbuler Konsulat anfing, sich eingehender mit den Dossiers zu beschäftigten.
Das Konsulat habe dann Alarm geschlagen, dass es möglicherweise um Betrug gehe, so Segers, der die Sache in der Kammer auf den Tisch gebracht hat. Die verdächtigen Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis seien dann eingefroren worden.
Am 9. Februar organisierte der belgische Ausländerdienst diesbezügliche Beratungen mit anderen betroffenen Diensten der föderalen und regionalen Ebenen. Außerdem ist eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden, um bestimmte Dossiers eingehender unter die Lupe zu nehmen.
Über 700 verdächtige Fälle
Wie De Morgen berichtet, sollen mittlerweile mindestens 130 Aufenthaltsgenehmigungen für Türken, die in Flandern arbeiten wollten, bis auf Weiteres auf Eis liegen. Belgienweit sprächen andere Quellen von über 700 Fällen. Auffällig sei, dass viele dieser Personen aus der gleichen Region der Türkei kämen. Zudem seien sehr viele der Anträge von den gleichen Vermittlern beziehungsweise Beratungsfirmen eingereicht worden. Das lasse vermuten, dass es sich hierbei um ein organisiertes System handele, um Freunde und Familienangehörige nach Belgien zu holen, die gar nicht über die entsprechenden Qualifikationen verfügten. Viele Türken, die über eine kombinierte Erlaubnis nach Flandern gekommen seien, hätten dies außerdem bereits zuvor über andere Kanäle versucht, berichtet De Morgen unter Berufung auf nicht genannte Quellen. Es sei aber unklar, wie mit bereits erteilten Aufenthaltsgenehmigungen umgegangen werden solle.
Von offizieller Seite bestätigt sind diese Zahlen und Details nicht, aber die föderale Asylstaatssekretärin Nicole de Moor, das Außenministerium und der flämische Arbeitsminister Jo Brouns haben mitgeteilt, dass es Ermittlungen gibt wegen möglichen Missbrauchs. Straftaten würden an die Staatsanwaltschaft gemeldet, so Brouns weiter. Gegen einige Arbeitgeber sollen auch bereits gerichtliche Untersuchungen laufen. Außerdem untersuche man zwischenzeitlich, wie man den Genehmigungsprozess zukünftig strenger machen könne, um solchem Missbrauch vorzubeugen, so de Moor und Brouns.
Boris Schmidt
Es wäre doch logischer sich zuerst in Belgien bei den Asylbewerbern um zu sehen nach Arbeitskräften.