Dass Medikamente zumindest zeitweilig nicht mehr lieferbar sind, ist kein neues Phänomen. Es ist ein Dauerproblem. Schon vor Corona, nämlich beispielsweise 2018 und 2019, haben die Apotheker Alarm geschlagen, weil über 400 Produkte nicht mehr erhältlich waren in Belgien. Dann kam die Pandemie und mit ihr das totale Chaos für die Lieferketten - vom Rohstoff bis zum Endprodukt. Die Probleme dauern noch immer an.
Stand 17. Januar waren in den vergangenen 30 Tagen über 380 Medikamente nicht erhältlich - das sind die offiziellen Angaben der Föderalen Agentur für Medikamente und Gesundheitsprodukte (AFMPS). Das entspricht rund vier Prozent der gesamten Medikamentenpalette - darunter das oft verschriebene Breitbandantibiotikum Amoxicillin, diverse fiebersenkende Mittel, Medikamente gegen Übelkeit in der Chemotherapie oder Cholesterinsenker.
Wie die Zeitung De Standaard berichtet, bewertet die AFMPS die Situation bei 13 Medikamenten als kritisch, darunter Mittel zur Behandlung von Thrombosen und Schlaganfällen, Krebs, Immunerkrankungen und Diabetes. Aus den Krankenhausapotheken wird derweil vor allem ein Mangel an Opioiden gemeldet, also Schmerz-, Beruhigungs- und Narkosemitteln.
Allgemeines und globales Problem
Aber wie kann es sein, dass die Versorgung mit so offensichtlich essenziellen Medikamenten nicht funktioniert? Es sei ein allgemeines Problem – und ein globales, erklärte etwa Olivier Delaere der RTBF. Er ist Geschäftsführer von Febelco, Marktführer für die Verteilung von Medikamenten in Belgien. Es gebe immer weniger Fabriken, die die Grundstoffe beziehungsweise die Medikamente selbst herstellten. Wenn es bei den verbleibenden Fabriken dann zu einem Mangel an Grundstoffen kommt oder zu Problemen bei der Produktion, dann kann das schnell zu Engpässen führen. Ganz zu schweigen von den Problemen, die auftreten können, wenn es weltweit nur einen einzigen Hersteller gibt.
Probleme gibt es aber nicht nur, wenn das Angebot abnimmt, sondern auch, wenn die Nachfrage sprunghaft und unvorhergesehen zunimmt. Weil die Grippe-Epidemie etwa unerwartet früh eingesetzt hat, waren die angelegten Vorräte an fiebersenkenden Mitteln schneller erschöpft.
Immer mehr Produzenten legen auch gar keine nennenswerten Vorräte mehr an. Denn schließlich kostet die Lagerhaltung auch Geld. Wenn es Probleme gebe, dann bekämen das natürlich die kleinen Länder zuerst zu spüren, so der Febelco-Geschäftsführer, beziehungsweise die Länder, in denen die Medikamente am günstigsten seien, das müsse man klipp und klar so sagen.
Der Grund dafür sind knallharte wirtschaftliche Kalkulationen vonseiten der Hersteller: In Europa sind die Preise für Medikamente meist niedriger als in den Vereinigten Staaten oder im Nahen Osten. Wenn es also zu Versorgungsproblemen kommt, dann lassen die Hersteller natürlich zuerst die weniger lukrativen Märkte fallen – also uns.
Geopolitische Interessen
Dann können aber auch noch geopolitische Interessen beziehungsweise Protektionismus und Eigenbedarf eine große Rolle spielen: Ein Großteil der weltweiten Produktion an fiebersenkenden Mitteln und Antibiotika findet zum Beispiel in China statt. Wenn China aber selbst mit Krankheitsausbrüchen zu kämpfen hat, so wie jetzt gerade, dann wird aus offensichtlichen Gründen der eigenen Bevölkerung der Vorzug gegeben, der Export dieser Medikamente wird gedrosselt oder sogar ganz untersagt.
All das hat auch finanzielle Folgen hierzulande: Apotheker müssen etwa nach Ersatzmedikamenten suchen, aus noch erhältlichen Dosierungen nicht mehr erhältliche neu herstellen oder den Arzt anrufen, der das Rezept ausgestellt hat, wenn sie wirklich nichts mehr auftreiben können. All das bedeutet beträchtlichen zusätzlichen Arbeitsaufwand. In manchen Fällen ist die letzte Möglichkeit ein Import von Medikamenten aus dem Ausland. Wenn der Beipackzettel aber nicht in den drei Landessprachen verfasst ist, gibt es keine Rückerstattung - sprich die Patienten bleiben auf den vollen Kosten sitzen.
Weil der chronische Medikamentenmangel mittlerweile viele Länder betrifft, hat sich auch die Europäische Kommission der Sache angenommen. Sie will unter anderem, dass strategische Vorräte angelegt werden von besonders wichtigen Medikamenten und dass Hersteller vereinbarte Lieferungen garantieren müssen. Außerdem will man sich auch unabhängiger machen von Ländern wie China, indem man versucht einen Teil der Arzneimittelproduktion zurückzuholen in die Europäische Union.
Boris Schmidt
das sind ja sehr gute Aussichten.
nehme drei verschiedene Medikamente bluthochdruck gegen herzkrankheit und Schilddrüse total op.
Wenn keine Euthyrox 100 mcg Tabletten in der Apotheke mehr lieferbar sind bin ich nach dem dritten Tag Mause tot.