"Die Polizei hat sie gesucht, wir haben sie gefunden". Es sind stolze Magnetfischer, die da in den Zeitungen Het Laatste Nieuws und De Morgen zitiert werden. "Magnetfischer" sind Menschen, die zwar durchaus auch irgendeine Form von Angel in einem Gewässer auswerfen. Nur befindet sich am Ende der Angelschnur eben kein Haken nebst Köder, sondern ein Magnet. Und auf diese Weise holen diese Magnetfischer dann alles aus dem Wasser, was irgendwie aus Metall ist. Oft ist es eher belangloses Zeug - Schrott eben, manchmal ist aber auch ein lohnender Fang dabei.
Oder es kommen Dinge ans Licht, die eigentlich verborgen bleiben sollten. Das gilt wohl für besagte Maschinenpistole, die die Magnetfischer da in einem Kanal nördlich von Brügge aus dem Wasser geholt haben. Die "Uzi" steckte in einem Jutesack, zusammen mit vier vollen Magazinen und einem Patronengürtel. An sich ist das schon ein Fund, der aufhorchen lässt. Eine Uzi, die in einem Kanal versenkt wurde, die dürfte die Polizei interessieren, könnte es sich doch um eine Tatwaffe handeln.
Im vorliegenden Fall ist der Fund aber nochmal bemerkenswerter. Denn es ist so: Erst vor einigen Wochen hat die Polizei in eben diesem Kanal nach eben einer solchen Waffe gesucht. Tatsächlich wurde im November mit Unterstützung des Zivilschutzes der Damse Vaart durchkämmt, ein Kanal, der Brügge mit dem niederländischen Sluis verbindet. Man hatte den Tipp bekommen, dass erst vor einigen Jahren eine Maschinenpistole des Typs Uzi in dem Kanal versenkt worden sei. Die Waffe stamme aus dem Arsenal der Killerbande von Brabant, hatte der rätselhafte Informant angegeben.
Die Killerbande von Brabant, jene Gruppe von Massenmördern also, die zwischen 1982 und 1985 insgesamt mindestens 28 Menschen getötet hat. Erst waren es noch Mordanschläge auf Einzelpersonen, ab 1983 attackierte die Bande dann ganze Supermärkte, wobei die Täter da wild um sich schossen. Allein beim letzten Überfall, der der den Brabanter Killern zugeschrieben wird, kamen acht Menschen ums Leben, das war am 9. November 1985 in Aalst. Bis heute weiß man nicht, wer sich hinter den allseits bekannten Phantombildern verbirgt.
Im vorliegenden Fall interessieren sich die Ermittler für den Überfall auf einen Colruyt-Markt in Nivelles im September 1983 mit drei Toten. Dabei soll besagte Uzi zum Einsatz gekommen sein. 27 Jahre lang soll sie in einer Kfz-Werkstatt gelegen haben, zumindest laut De Morgen und Het Laatste Nieuws, die sich dabei anscheinend wieder auf den rätselhaften Informanten berufen.
Der Betreiber der Kfz-Werkstatt habe die Maschinenpistole von einem befreundeten Gendarmen bekommen, der ihm ausdrücklich gesagt habe, dass es sich um eine der Waffen der Brabanter Killer handele. Erst habe der Garagist noch versucht, die Waffe auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen, irgendwann wurde ihm das Ganze zu heiß und er versenkte die Maschinenpistole in dem Kanal auf dem Gebiet der Gemeinde Damme, nördlich von Brügge. Und eben dort haben die Ermittler dann im November die Uzi gesucht.
"...und wir haben sie gefunden", sagen jetzt also die Magnetfischer. Doch genau das ist im Moment noch offen. Haben die Schrott-Angler tatsächlich genau die Waffe gefunden, nach der die Ermittler vor zwei Monaten gesucht haben? Das Fabrikat ist das gleiche und sie haben die Uzi tatsächlich auch unweit des Orts aus dem Wasser geholt, an dem die Polizei gesucht hatte.
Die Föderale Staatsanwaltschaft hat den Waffenfund bestätigt. Es laufe eine Untersuchung, es sei aber noch viel zu früh, um über einen möglichen Zusammenhang mit der Killerbande von Brabant zu spekulieren, wird ein Sprecher zitiert.
Eine Uzi in einem Kanal zu finden, das ist nun auch nicht so alltäglich. Und sollte sich zeigen, dass sie wirklich aus dem Arsenal der Brabanter Killer stammt, dann wäre das endlich mal eine neue Spur in dieser unendlichen Akte. Nur hat man das schon oft gedacht. Und doch ist eins der größten Rätsel in der belgischen Kriminalgeschichte auch fast 40 Jahre nach der letzten Attacke der Killerbande von Brabant immer noch ungelöst.
Roger Pint