Am 24. Februar 2022 ging auch durch die EU-Institutionen eine Schockwelle - nach dem Motto: "Er hat es tatsächlich getan!". Bereits kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine beschloss die EU, die Ukraine mit Waffen zu unterstützen. Es ist das erste Mal überhaupt, dass die Europäische Union einem Land, das angegriffen wird, auf diese Weise hilft.
Quasi über Nacht mussten dafür bestehende Strukturen umgewidmet, Prozeduren regelrecht "erfunden" werden, um das möglich zu machen. "Die EU hat da wirklich eine Fünf gerade sein lassen", sagte Nicolas Gros-Verheyde, Journalist und EU-Experte, der seit über 30 Jahren den Politikbetrieb in Brüssel beobachtet, in der RTBF.
"Bis zum russischen Angriff bestand innerhalb der EU Konsens darüber, dass man keine Schusswaffen an Drittstaaten liefert, geschweige denn schwere Waffen. Weil man vor Ort eben nicht kontrollieren kann, was damit passiert. All diese Prinzipien sind seit Ende Februar regelrecht über Bord geflogen", sagt Nicolas Gros-Verheyde. "Alle politischen, finanziellen, rechtlichen und sogar psychologischen Hemmschwellen der Europäer sind damals gefallen."
Armutszeugnis
Die EU hat bislang bereits Militärhilfe in Höhe von mindestens acht Milliarden Euro geleistet. Das ist viel und nicht viel. Denn die USA haben deutlich umfangreichere Unterstützung geleistet. Die amerikanischen Hilfen werden auf mindestens 18 Milliarden Euro geschätzt.
Das ist doch irgendwo ein Armutszeugnis, sagte Georges Dallemagne, Kammerabgeordneter von Les Engagés, in der RTBF. "Die Europäer haben einen Krieg vor ihrer Haustür und hängen dennoch nach wie vor in einem solchen Maß von den USA ab. Wenn die EU wirklich eine Rolle auf dem geopolitischen Schachbrett spielen will, mit eigenen Sicherheitsinteressen, dann sollte man die Lehren aus dieser Episode ziehen."
"Wobei: Die europäische Hilfe war effizienter - aus dem einfachen Grund, dass die osteuropäischen Staaten noch über Material aus den alten Beständen des Warschauer Pakts verfügten, das die ukrainische Armee sofort einsetzen konnte", wendet der Verteidigungsexperte Nicolas Gros-Verheyde ein.
Belgischer Beitrag
Aber wie steht es um den belgischen Beitrag? Die Regierung hält sich sehr bedeckt. Das Verteidigungsministerium hat kürzlich lediglich eine Zahl genannt: 75 Millionen Euro. Internationale Organisationen sprechen von belgischen Hilfen im Gegenwert von 95 Millionen Euro.
Was Belgien im Einzelnen in die Ukraine geschickt hat, darüber gibt es nur spärliche Informationen. Die meisten Länder sind sehr diskret, wenn es um die Einzelheiten ihrer militärischen Hilfen geht, auch aus strategischen Gründen. Internationale Experten schätzen, dass Belgien rund 200 Panzerabwehrwaffen und 5.000 Sturmgewehre an die Ukraine geliefert hat. Keine schweren Waffen, aus dem einfachen Grund, dass Belgien quasi über keine verfügt.
"Unsere Unterstützung ist vielschichtig", sagte Verteidigungsministerin Ludivine Dedonder in der RTBF. "Wir haben sogenanntes nicht-letales militärisches Material zur Verfügung gestellt, für medizinische oder humanitäre Zwecke, darunter auch Rettungsfahrzeuge. Dann aber auch Munition. Wir können allerdings nur liefern, was wir haben", sagt die PS-Politikerin.
"Genau das ist das Problem", sagt der Oppositionspolitiker Georges Dallemagne. Es war schlichtweg so, dass die Armeeverantwortlichen einräumen mussten, dass sie nicht sehr viel Material entbehren konnten, weil die Streitkräfte selbst nur unzureichend ausgerüstet sind.
Hilfen in Höhe von 75 Millionen Euro, kein überschüssiges Material in den Armeebeständen, "da wäre mehr drin", meint auch Georges Dallemagne. "Der Regierung muss klar sein, dass den markigen Worten auch Taten folgen müssten. Der belgische Beitrag könnte jedenfalls größer sein."
Roger Pint
Belgien HATTE Gepard Flakpanzer also auch die dementsprechende 35mm Munition, falls die noch in den Depots liegt, schickt sie den Ukrainern, hierzulande wird die eh nicht mehr gebraucht