Der Belgier und sein Sparbuch - das ist wie eine innige Liebesbeziehung. Offensichtlich kann nichts die beiden auseinander bringen. Nicht mal die nach wie vor mickrige Rendite. 0,11 Prozent bekommt man in der Regel für Geld, das auf einem gewöhnlichen Sparkonto liegt. Gerade in Zeiten hoher Inflation ist das natürlich ein Verlustgeschäft.
Streng genommen hat das Geld, das auf einem Sparkonto liegt, innerhalb der letzten zwölf Monate rund zehn Prozent an Wert verloren. Der Attraktivität des Sparbuches tut das aber offensichtlich keinen Abbruch. In der Liebe gilt eben: in guten wie in schlechten Zeiten.
Was womöglich diese Liebe noch begünstigt: In Belgien sind Zinseinkünfte von Sparbüchern de facto steuerfrei. "De facto", denn es gibt durchaus eine Quellensteuer, die man hierzulande auch Mobiliensteuer nennt. Nur greift die erst ab einem gewissen Schwellenwert, nämlich ab einer Rendite von 980 Euro pro Jahr.
Diesen Schwellenwert muss man aber erst einmal erreichen. Bei einem Zinssatz von 0,11 Prozent muss man schon fast eine Million Euro auf dem Konto haben, um den Grenzwert zu überschreiten. Das trifft wohl auf die wenigsten zu.
Kritik von EU-Kommission
Bei alledem gibt es aber ein Problem: Der EU ist diese Regelung ein Dorn im Auge. Die Brüsseler Wettbewerbshüter stört, dass der Steuervorteil für Sparbücher an spezifisch belgische Bedingungen geknüpft ist, denen im Grunde nur belgische Banken genügen können. Entsprechend verstößt die Regelung in den Augen der EU-Kommission gegen die im EU-Binnenmarkt geltende Dienstleistungsfreiheit.
Zwei Mal hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg Belgien bereits deswegen verurteilt. Seit rund zwei Jahren läuft sogar auch schon ein Vertragsverletzungsverfahren. Hinzu kommt, dass es inzwischen auch ein rechtskräftiges Urteil der belgischen Justiz gibt, das den belgischen Staat ebenfalls dazu verpflichtet, ausländische und belgische Banken in dieser Frage gleich zu behandeln.
Und das ist auch der EU-Kommission offensichtlich nicht entgangen. Man werde jetzt genauestens beobachten, wie der belgische Staat auf das Urteil reagiert. Sollte eine Antwort ausbleiben, dann werde im laufenden Vertragsverletzungsverfahren einen Gang höher geschaltet, so die Warnung der Kommission.
Finanzminister will Problem angehen
All das scheint den CD&V-Finanzminister Vincent Van Peteghem inzwischen mächtig nervös zu machen. Wie die Zeitungen De Tijd und L'Echo berichten, hat er sich jedenfalls entschlossen, das Problem anzugehen. Demnach hat Van Peteghem bei der Nationalbank und auch bei der Finanzmarktaufsicht Gutachten bestellt. Das bestätigten Sprecher beider Institutionen auch in L'Echo.
Ausdrücklich sind Nationalbank und Finanzmarktaufsicht aufgefordert, sich über eine mögliche Änderung der Steuerregelung für Sparbücher auszusprechen. Da gibt es also nicht viel zu interpretieren: Es geht um den Steuervorteil. Was aber nicht automatisch heißen muss, dass der gestrichen wird.
Denn das könnte unabsehbare Folgen haben, warnt auch L'Echo. Die 300 Milliarden Euro, die auf den belgischen Sparbüchern liegen, bilden nämlich ein solides Fundament für die belgischen Banken, und das seit eh und je. Die Geldhäuser rechnen damit - im wahrsten Sinne des Wortes. Es wäre also nicht ohne Risiko, den steuerlichen Anreiz einfach so zu streichen.
Es bestehe die Gefahr, dass man die Sparer nervös macht und dieser Grundpfeiler von jetzt auf gleich wegbricht. Es ist auch nicht so, als gäbe es da keine andere Möglichkeit. Man kann etwa auch den Steuervorteil ausweiten und die Regel dann ebenfalls auf ausländische Banken anwenden.
Jetzt ist es die Aufgabe der Nationalbank und der Finanzmarktaufsicht, sich über die verschiedenen Alternativen auszusprechen. Das Ganze kann ziemlich schnell gehen. Eine mögliche Lösung werde wohl schon in Kürze bekanntgegeben, zitiert die Zeitung L'Echo einen Sprecher des Finanzministeriums.
Gleich wie es kommt, die meisten Sparer würden so oder so kaum etwas davon merken, da die Renditen im Augenblick auf einem homöopathisch niedrigen Niveau sind. Im Augenblick, denn es kommt der Tag, an dem die Zinsen auch wieder steigen werden, erst recht in Zeiten hoher Inflation. Und dann reden wir irgendwann vielleicht nicht mehr über Kleckerbeträge.
Roger Pint
Das Problem ist doch nicht, dass Menschen sparen, uns ist das von Generationen her so weiter gegeben worden.
Fakt ist doch, dass „andere“ das Geld gern gebrauchen würden.
Der Neid der Banken oder Wirtschaft oder die Tatsache dass eben die den Hals nicht voll genug bekommen.
Meine Oma sagte immer: mit dem Geld andere rechnet man nicht.
Was ist also das Problem?