"Europäisch" bedeutet in diesem Fall nicht wie sonst so oft nur "Europäische Union". Der Umfang des Treffens und auch die Ansprüche sind gleich ein paar Hausnummern größer als nur die EU.
Idee kam vom französischen Präsidenten
Die neue "Europäische Politische Gemeinschaft" geht maßgeblich auf einen Vorstoß des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zurück. Am 9. Mai, dem Europatag, hatte er bei einer Rede in Straßburg die Gründung einer Plattform für die politische Koordinierung auf höchster Ebene angeregt. Auslöser war, wie bei so vielen Dingen in diesem Jahr, der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Dieser habe die gesamte europäische Sicherheitsarchitektur über den Haufen geworfen, räumte Macron damals ein. Angesichts der neuen geopolitischen Lage reiche es nicht, sich nur innerhalb der 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zu koordinieren. Vielmehr müssten alle auf dem Kontinent miteinbezogen werden: also auch Länder, die Mitglied in der Union werden wollten, Länder, die dies nicht wollten und ja, selbst Länder, die aus der EU ausgetreten seien.
44 Staats- und Regierungschefs dabei
Nicht einmal ein halbes Jahr später ist es also nun soweit: Die höchsten politisch Verantwortlichen des Kontinents sind in die berühmte Prager Burg geströmt, 44 Staats- und Regierungschefs sind es insgesamt. Darunter sind auch jene aller EU-Staaten, aber eben auch jene Großbritanniens, der Türkei, der Westbalkan- und der Kaukasus-Staaten, der Moldau, der Ukraine und vieler mehr - plus die Vertreter der Europäischen Institutionen. Dass das Treffen in Prag stattfindet, ist auch kein Zufall, da Tschechien ja gerade die EU-Ratspräsidentschaft innehat.
Wie wichtig das Treffen sei, sehe man daran, wer alles anwesend sei, erklärte Premierminister Alexander De Croo bei seiner Ankunft auf der Burg gegenüber der VRT. Eigentlich der ganze Kontinent sei da - außer Russland und Belarus. Und das habe natürlich seine Gründe. Diese liegen auf der Hand: Putin hat sein Nachbarland brutal überfallen lassen. Und sein belarussischer Amtskollege stellt den Russen sein Land zumindest als Aufmarschgebiet und als Basis für ihre blutigen Angriffe zur Verfügung. Dass nur die beiden nicht eingeladen worden seien, zeige, wie isoliert ihre beiden Länder seien.
Demonstration der Einigkeit des Kontinents
Zu den erklärten Zielen der Europäischen Politischen Gemeinschaft gehört die Förderung des politischen Dialogs und der politischen Zusammenarbeit zur Behandlung von Fragen von gemeinsamem Interesse. Die Europäer sähen ein, dass Probleme nicht an den Grenzen der Europäischen Union haltmachten, unterstrich Premier De Croo. Es gebe sehr viele und sehr wichtige Themen, es sei also wichtig, dass diese Länder miteinander sprächen und aufeinander eingingen. Es sei die Gelegenheit, um die Einigkeit des europäischen Kontinents zu demonstrieren, und um eben Absprachen über ein gemeinsames Anpacken der Krise zu treffen.
Ebenfalls erklärtes Ziel der neuen Plattform ist denn auch, "die Sicherheit, die Stabilität und den Wohlstand auf dem europäischen Kontinent zu stärken". Etwas, was auch der Premier bekräftigte: Man müsse auch darüber sprechen, wie man auf eine weitere Eskalation reagieren solle. Und natürlich auch, wie man die Energiekrise und die Inflation bewältigen könne. Auch Migration und das Klima sollen auf der Tagesordnung stehen. Es gebe auch bereits Interesse an der Ausrichtung des nächsten Treffens. Das zeige doch, dass es einen entsprechenden Bedarf gebe.
Einer möglichen Ausweitung des Formats steht De Croo zumindest nicht ablehnend gegenüber. Auch wenn das dieses Mal bereits eine "sehr gute Gruppe" sei. Wichtig sei aber, dass neue Länder die Werte respektierten, für die die Plattform stehe, also eine liberale Demokratie, Menschenrechte und so weiter, betonte De Croo.
Boris Schmidt
Brauchen wir diesen neuen Debattierclub wirklich ? Es gibt doch schon genug internationale Organisationen wie OSZE, EU, NATO.