Viel Neues oder gar Revolutionäres ist nicht bei dem herausgekommen, was Premierminister De Croo und seine beiden Minister der Presse am Freitag präsentierten. Das Überraschendste war vielleicht, dass alles letztlich so schnell gegangen war. Im Vorfeld hätte man mit Streit rechnen können. Liberale und Christdemokraten in der Regierungskoalition hatten dem PS-Arbeitsminister Pierre-Yves Dermagne vorgeworfen, die Bearbeitung des Dossiers zu verschleppen. Der hatte immer gekontert und gesagt, dass er bei den letzten Vorschlägen auch die Meinung der Sozialpartner gebührend berücksichtigen wolle.
Wo er das jetzt genau gemacht hat, sagte Dermagne nicht. Vielmehr rief er zu Beginn seiner Ausführungen ins Gedächtnis, warum überhaupt eine Arbeitsmarktreform gemacht werden soll. "Wir ergreifen mit dieser Reform Maßnahmen, um die Art und Weise unseres Arbeitslebens an die heutige Zeit anzupassen und uns vorzubereiten für morgen." Dann zählte Dermagne auf: Möglichkeit für die Arbeitnehmer, eine Fünf-Tage-Woche schon in vier Tagen abzuarbeiten, um einen Tag komplett frei zu haben. In einer Woche mehr zu arbeiten, als in der anderen. Das Recht, in seiner Freizeit nicht erreichbar zu sein.
Das Recht für jeden Arbeitnehmer auf fünf Tage Weiterbildung im Jahr. Die Möglichkeit, einfacher als heute den Arbeitgeber zu wechseln. Mitarbeiter von Internet-Plattformen, wie zum Beispiel Essens-Lieferdienste, sollen verpflichtend eine Unfallversicherung erhalten - unabhängig davon, ob sie als Selbstständige oder Angestellte für die Plattform arbeiten.
Nachtarbeit im Onlinehandel - Pilotprojekte
Für den Onlinehandel soll Nachtarbeit möglich sein. Bei dieser Regelung gab es am Freitag eine durchaus erkennbare Neuigkeit: Die Nachtarbeit soll jetzt nicht sofort grundsätzlich als Möglichkeit eingeführt, sondern zunächst in Pilotprojekten ausprobiert werden. "Die Idee der Pilotphasen ist es, statt endlos lange über das Thema zu diskutieren es einfach auszuprobieren. Wenn das dann funktionieren sollte, könnte man es auf Dauer einrichten. Wenn man feststellt, dass es nicht funktioniert, machen wir wieder einen Schritt zurück", erklärte Alexander De Croo.
Der Premierminister erinnerte auch noch daran, dass diese Arbeitsmarktreform sich einbette in mehrere Maßnahmen der Regierung. Gemeinsam verfolgten diese Maßnahmen das Ziel, bis 2030 eine Beschäftigungsrate von 80 Prozent in Belgien zu erreichen. An der Arbeitsmarktreform seien heute nur noch die letzten Kommata und Punkte gesetzt worden. Auf die Frage, wie es mit anderen anstehenden Entscheidungen, zum Beispiel zur Rente, aussehen würde, sagte De Croo "Ich habe es angekündigt: Es gibt viele Projekte, die in den vergangenen Wochen bearbeitet worden sind. Jetzt sind wir in einer Phase der Entscheidungen. Wir haben das heute mit der Arbeitsmarktreform gemacht. In den kommenden Tagen werden sicher weitere Entscheidungen folgen."
Kay Wagner