Das Königspaar vertritt auf seinem Staatsbesuch in der Demokratischen Republik Kongo Belgien nicht alleine. Begleitet werden Philippe und Mathilde unter anderem von Premierminister Alexander De Croo, Föderalministerin für Entwicklungszusammenarbeit Meryame Kitir und Staatssekretär Thomas Dermine.
Aufgrund dieser und diverser anderer Abwesenheiten, die von den oppositionellen Vlaams Belang und N-VA am Donnerstag auch ausgiebig bemängelt wurden, lag die Hauptlast der Fragestunde dann auch auf Ecolo-Vizepremier und Mobilitätsminister Georges Gilkinet, der den Premier gegenüber den Abgeordneten vertreten und sich ihren Fragen unter anderem zur Rede des Königs in Kinshasa stellen musste.
Was die Rede Philippes anging, so hatten die meisten Parteien an ihr inhaltlich wenig auszusetzen. Was die Abgeordneten vielmehr in diesem Zusammenhang vor allem beschäftigt, ist das, was jetzt noch kommen soll.
Diskussion um Reparationszahlungen
Das betrifft vor allem zunächst einmal die Arbeit des Sonderausschusses der Kammer zur Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit. Und in der Folge später dann vor allem die Frage von Schuldeingeständnissen, offiziellen Entschuldigungen im Namen Belgiens und damit eventuell verbundenen Entschädigungszahlungen an die ehemaligen afrikanischen Kolonien Belgiens. Schnell wurde dieser Teil der Fragestunde der Kammer denn auch zu einem Schlagabtausch über die Frage, ob solche Reparationszahlungen überhaupt in Frage kommen sollten und wenn ja, wer denn dafür zur Kasse gebeten werden sollte.
Hier wurden zunächst einmal mehr unterschiedliche Positionen innerhalb der Mehrheit offensichtlich: Die Grünen plädierten für Entschädigungen, die allerdings nicht zwangsläufig finanzieller Natur sein müssten, wie der Abgeordnete Guillaume Defossé erklärte. Das sei auch notwendig, um den Hass auf Schwarze in Belgien selbst und ihre Diskriminierung zu bekämpfen. Denn auch sie hätten ihre Wurzeln in der kolonialen Vergangenheit. Die flämischen Sozialisten von Vooruit bekräftigten derweil, dass es nicht reiche, tiefes Bedauern auszudrücken.
Entschädigungen kommen aber für die Partei des Premierministers, die flämischen Liberalen Open VLD, nicht in die Tüte, wie deren Abgeordneter Jasper Pillen betonte. Es sei zwar richtig und wichtig für die zukünftigen Beziehungen, Bedauern über die Vergangenheit zum Ausdruck zu bringen. Aber die Belgier von heute seien nicht schuld an dem, was sich in der Vergangenheit ereignet habe.
Damit erntete der Open-VLD-Abgeordnete vor allem Beifall von der N-VA und vom Vlaams Belang, die ebenfalls unmissverständlich deutlich machten, dass sie Reparationszahlungen rundheraus ablehnen. Man dürfe sich keine falschen Schuldgefühle über die Vergangenheit einreden lassen, stattdessen müsse man sich auf die tatsächlichen Probleme von heute konzentrieren, wetterte Tomas Roggeman von der N-VA.
Kurt Ravyts vom Vlaams Belang nutzte die Gelegenheit, um gegen die kongolesische Diaspora in Belgien zu agitieren. Diese "belgische Version der Black Lives Matter-Bewegung" bestimme die politischen Ziele des parlamentarischen Sonderausschusses. Außerdem hätten die Belgier in den vergangenen 60 Jahren bereits Milliarden über Entwicklungshilfe bezahlt an diese Republik, in der die Korruption noch immer wuchere, so die Tirade des rechtsextremen Abgeordneten.
Neues Kapitel aufschlagen
Gilkinet machte derweil zunächst einmal klar, dass König Philippe seine Rede in Kinshasa gemeinsam mit Premier De Croo geplant habe. Philippes Worte hätten also die volle Unterstützung der Regierung und des Premierministers.
De Croo habe bei seinen Gesprächen insbesondere mit dem kongolesischen Präsidenten, Premier und Erzbischof feststellen können, dass das kongolesische Volk keine offiziellen Entschuldigungen gewünscht habe. Vielmehr wünsche es vor allem, mit Belgien ein neues Kapitel Geschichte zu schreiben und gemeinsam in die Zukunft blicken zu können.
Weder der König noch die Regierung wollten den Ergebnissen des parlamentarischen Sonderausschusses zur Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit vorgreifen, stellte Gilkinet klar, ohne spezifisch das Wort Entschädigungen in den Mund zu nehmen.
Im Namen der Regierung wolle er diese Arbeit des Parlaments unterstützen. Er halte sie für komplementär zu den Worten des Königs.
Boris Schmidt