Die Idee eines föderalen Wahlkreises feiert immer wieder ein Comeback. Er steht auch bei Ecolo im Wahlprogramm. Jetzt wird es aber konkret, weil der flämische Open-VLD-Präsident Egbert Lachaert gemeinsam mit dem Abgeordneten und Parteikollegen Patrick Dewael einen Gesetzentwurf zur Einführung eines föderalen Wahlkreises vorlegt, in dem 20 der 150 Parlamentssitze mit nationalen Kandidaten besetzt werden sollen.
"Alexander De Croo muss als Premierminister im französischsprachigen Belgien keine Rechenschaft ablegen, weil ihn niemand wählen kann", erklärt es Lachaert. Das gilt natürlich auch für die Bürger der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Umgekehrt können wallonische Föderalminister nicht in Flandern gewählt werden.
"Das derzeitige System belohnt Politiker, die der anderen Gemeinschaft gegenüber so hart wie möglich auftreten", sagt Patrick Dewael. Das führe zu einer Negativspirale, die letztendlich zur Sackgasse werde.
Das Argument, dass es nur wenige Länder mit nationalem Wahlkreis gibt, überzeugt die beiden auch nicht. "Belgien ist einzigartig in seiner Art, mit einem doppelten Föderalismus, der das Land fast automatisch auseinander zieht. Wir sind auch das einzige föderale Land, in dem es keine Bundesparteien gibt, sagt Dewael.
Gegen die "Logik der Teilung"
Ein föderaler Wahlkreis würde aber dem Trend der vergangenen Staatsreformen zuwiderlaufen. Die Frage ist, ob ein föderaler Wahlkreis zu mehr Zusammenhalt in Belgien führen wird. Laut Lachaert haben ihn die langen Regierungsbildungen und die Corona-Krise zu der Einsicht geführt, dass Belgien nicht in einer "Logik der Teilung" fortfahren kann.
Dewael fügte hinzu, dass es nie zu spät sei, Anpassungen vorzunehmen, aber natürlich sei mehr nötig, um die Situation zu entschärfen. Damit meint er, dass es Regeln zur Beschleunigung der Regierungsbildung geben sollte. Denn so lange eine Regierung gebildet werden muss, kann sie sich nicht um die echten Probleme kümmern.
Der Open-VLD-Vorschlag erfordert eine Zweidrittelmehrheit. Der Vlaams Belang, die N-VA und CD&V haben sich bereits dagegen ausgesprochen, sodass es auf flämischer Seite nicht einmal eine Mehrheit dafür gibt. Immerhin wurde der betreffende Verfassungsartikel zur Revision freigegeben, sodass eine Abstimmung noch in dieser Legislaturperiode möglich ist.
Aber selbst wenn nichts daraus wird, hat sich die Partei positioniert. Es ist nämlich sehr gut möglich, dass die institutionelle Zukunft Belgiens 2024 ein großes Wahlkampfthema wird.
standaard/mz