Die Gesänge sind noch die gleichen wie vor zwei, drei Jahren, als die "Fridays-For-Future"-Bewegung in aller Munde war. Junge Menschen, die Massen bewegten, sich für mehr Klimaschutz einsetzten und dafür auch die Schule schwänzten.
Am Donnerstag waren es vielleicht gut zwei Dutzend Aktivisten, die sich genau zwischen den Hauptgebäuden des EU-Rats und der EU-Kommission in Brüssel zusammengefunden haben. Die Truppe ist international: Aus Italien, Frankreich, Polen, Deutschland und auch Belgien sind die Teilnehmer gekommen. Boon Breyne ist einer der flämischen Aktivisten. In Graz und im Schwarzwald hat er deutsch gelernt. "Heute sind wir in Brüssel, weil wir mit verschiedenen "Fridays-For-Future"-Aktivisten zusammenkommen, um zu demonstrieren gegen den neuen Vorschlag von der Europäischen Kommission in der Taxonomie für nachhaltige Investitionen", erklärt er.
Taxonomie - unter diesem Stichwort hat die EU-Kommission neue Vorschläge zum Schutz des Klimas formuliert. In dem Papier werden Kriterien aufgestellt, unter welchen Voraussetzungen wirtschaftliches Verhalten als klimafreundlich angesehen werden und welche Investitionen als nachhaltig in Bezug auf den Klimaschutz gelten sollen.
Das Papier ist den Mitgliedstaaten zur Jahreswende zugeschickt worden, um Stellung zu beziehen. An die Öffentlichkeit, so sagt es der Flame Breyne, sollte es nicht kommen. Kam es aber dann doch. Und das hatte Folgen: Denn in dem Papier steht auch, dass Atom- und Gaskraftwerke klimafreundlich Energie erzeugen und Investitionen in sie laut EU-Verständnis als nachhaltig gelten sollen.
Breyne und seine Kollegen haben eine andere Meinung dazu. "Sobald man das gesehen hat, haben eigentlich ganz viele Personen verstanden, dass das keine gute, keine richtige Sache ist, Atomkraftwerke und Gaskraftwerke als nachhaltig einzustufen. Das heißt, dass diese Gaskraftwerke jetzt auch die Möglichkeit haben, um von Banken oder von sonstigen Investoren Geld zu bekommen, die dann sozusagen eine grüne oder nachhaltige Investition ist."
Genau deshalb sind sie hier. Um darauf hinzuweisen, dass die Pläne der EU-Kommission aus ihrer Sicht falsch sind. "Wir versuchen, diese Ungerechtigkeit klar zu machen. Ein klein bisschen mehr Aufmerksamkeit dafür zu gewinnen. Und im Endeffekt wollen wir natürlich auch die verschiedenen Länder der Europäischen Union davon überzeugen, dass sie diesen Vorschlag abwenden."
Zwei Atommeiler aus Pappe, ein bisschen geschmückt wie Weihnachtsbäume, haben die Aktivisten von "Fridays For Future" auf dem kleinen Platz zwischen EU-Kommission und EU-Rat aufgestellt. "Fossiles Gas" steht auf dem einen, "Behalten Sie ihre schmutzigen Geschenke" liest man auf dem anderen.
Journalisten sind mittlerweile auch da, vielleicht genauso zahlreich, wie die jungen Klimaaktivisten. Vertreter der EU-Einrichtungen zeigen sich nicht. Trotzdem beginnen die Reden. Zunächst spricht Chloé aus Belgien, dann Martina aus Italien, Dominika aus Polen, Mattis aus Frankreich, und fast schon als Star der kleinen Menge zum Schluss Luisa Neubauer, Gesicht der deutschen "Fridays-For-Future"-Bewegung. Ihr Zug hatte Verspätung, aber jetzt ist sie ja da.
Kurz nach ihrer Rede ist die Aktion aber auch schon vorbei. Boon Breyne hat nicht gesprochen, war aber bei den Aktivisten dabei, stand meist zwischen den Atommeilern und hatte ein Schild in der Hand: "Lasst uns über Schrumpfung sprechen" stand in englischer Sprache darauf. Wie für ihn die Aktion am Donnerstag war? "Ich bin sehr zufrieden mit der Veranstaltung. Für uns ist es am wichtigsten, dass wir über das Thema reden können, dass wir sagen können, dass das, was gerade passiert, falsch ist, um das vor der Europäischen Union anzubringen. Und wie es gerade hier passiert, da sehen wir schon, dass wir verschiedene Länder in Europa mit einbeziehen können. Es sind Vertreter von den Medien, aber auch Vertreter bei uns in der Organisation aus verschiedenen Ländern, aus Frankreich, aus Deutschland, aus Polen und aus Italien dabei und natürlich auch einige belgische Aktivisten."
Ob er denn nicht enttäuscht sei, dass niemand von der EU-Kommission gekommen sei, um sich die Anliegen von "Fridays For Future" anzuhören? Boon Breyne verneint. "Also ich bin mir sicher, dass die notwendige Aufmerksamkeit da war. Natürlich können wir nicht alle erreichen. Aber ich bin mir auch sicher, dass sie mitbekommen haben, dass wir da sind, dass sie mitbekommen haben, dass wir diese Position einnehmen. Und dass "Fridays For Future" erkannt hat, dass diese Taxonomie, die die Europäische Kommission vorgeschlagen hat, nicht richtig ist."
Kay Wagner