"Ja, wir sind wirklich besorgt. Omikron ist sehr ansteckend und breitet sich rasend schnell aus", sagte Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke am Donnerstagmorgen in der RTBF. Die Omikron-Variante ist das Schreckgespenst, das in allen europäischen Hauptstädten im Moment umgeht und dort für mächtig Unruhe sorgt. Wie schrieb es am Donnerstag schon die Zeitung La Dernière Heure: "Wir wissen zwar noch nicht sehr viel über die neue Omikron-Variante. Aber wir wissen schon genug, um sehr besorgt zu sein."
Erwiesen ist, dass die neue Mutation wesentlich ansteckender ist als Delta. Es gab noch eine weitere schlechte Neuigkeit, sagt Vandenbroucke: "Es sieht so aus, als schütze die Impfung zunächst nicht so gut gegen Omikron. Die wirklich gute Neuigkeit ist aber, dass eine Boosterimpfung den Schutz gegen die Variante merklich verbessert."
"Boostern, boostern, boostern!", so lautet also die Parole. Die Kampagne zur Drittimpfung läuft längst. Im Moment sind die Senioren beziehungsweise Menschen mit Begleiterkrankungen an der Reihe. Für die "anderen" scheiterte die Drittimpfung aktuell noch an der Wartezeit. Bislang war es so, dass zwischen der zweiten und der dritten Spritze sechs Monate vergangen sein mussten. Das wurde stellenweise bis auf den Tag genau so eingehalten.
Umdenken
Vor allem Omikron hat hier aber zu einem Umdenken geführt. Um sich auf die zu befürchtende Omikron-Welle vorzubereiten, will man die Booster-Kampagne beschleunigen. Begünstigt wurde dieser Plan durch neue wissenschaftliche Daten, auf deren Grundlage die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA schon eine Verkürzung der Wartezeit empfohlen hatte. Der Hohe Gesundheitsrat und auch die Impf-Task-Force schlossen sich dem an. Quasi postwendend setzten die Gesundheitsminister des Landes dann diese Empfehlung in die Praxis um. Konkret: Die Wartezeit wird von sechs auf vier Monate verkürzt. Das gilt nur für die mRNA-Impfstoffe, also die Präparate von Pfizer und Moderna. Für die Vakzine von Astrazeneca beziehungsweise Johnson&Johnson galten ohnehin schon kürzere Wartezeiten.
Wie dem auch sei: Für einige Altersgruppen wird sich durch die Maßnahme nicht sehr viel ändern;. Die wären ohnehin jetzt an die Reihe gekommen. Insgesamt wird die Booster-Kampagne dadurch aber doch merklich beschleunigt. "Wir hoffen, dass der Großteil der Menschen Ende Januar eine Einladung zu einer Drittimpfung erhalten haben wird", sagte Frank Vandenbroucke in der VRT.
"Großteil", damit meint Vandenbroucke diejenigen, die sich sofort hatten impfen lassen. Im Februar-März folgten dann noch die Nachzügler, die sich erst später zu einer Impfung entschlossen hatten und deren Wartezeit noch nicht abgelaufen ist. Denn: Die jetzt festgelegten vier Monate seien doch durchaus nötig, sagt Vandenbroucke. Man müsse schnell vorgehen, aber dann doch nicht zu schnell - vier Monate seien das strikte Minimum.
Notverordnung
Wegen der Wartezeiten akzeptiert Vandenbroucke auch nicht die Kritik, wonach Belgien zu spät in die Gänge gekommen wäre. In Sachen Boosteruimpfungen sei Belgien vielen Ländern voraus. Schon jetzt sei ein Viertel der erwachsenen Bevölkerung ein drittes Mal geimpft - das sind die Risikogruppen.
Jetzt legt man also nochmal einen Zahn zu. Man wolle sich auch die Mittel dafür geben, sagt Vandenbroucke. Im Parlament sei gerade eine Notverordnung verabschiedet worden, die es erlaubt, auch "Hilfskräfte" einzusetzen: Junge Menschen, die sich noch im Medizin- oder Krankenpflegestudium befinden; oder Sanitäter, oder Apotheker. Eine ganze Reihe von Berufsgruppen soll befugt werden, zu impfen und auch Tests durchzuführen - dies freilich nach einer entsprechenden Ausbildung und unter Aufsicht von geschultem medizinischen Personal.
Aber, wichtigste Frage: Steht überhaupt ausreichend Impfstoff zur Verfügung? "Ja!", versichert Vandenbroucke. Gerade noch habe man zudem eine neue Bestellung bei Pfizer aufgegeben.
Roger Pint