Die Experten sollten sich unter anderem mit dem exakten Ablauf der Ereignisse befassen und insbesondere auch mit den getroffenen Entscheidungen, beispielsweise, was die Talsperren angeht. Um die Geschehnisse möglichst exakt zu rekonstruieren, wurde dabei nicht nur auf zahlreiche technische Daten zurückgegriffen, sondern auch auf Beobachtungen vor Ort sowie auf Zeugenaussagen. Hierzu wurden unter anderem Bürger, aber auch die Verantwortlichen von Verwaltung und Talsperren befragt.
Der Bericht hält zum einen fest, dass die Stärke der damaligen Regenfälle als selten bis sogar sehr selten einzustufen ist. Mit entsprechenden Regenmengen sei statistisch nur einmal alle hundert Jahre zu rechnen gewesen. Dieses Problem sei noch dadurch verschärft worden, dass Vorhersagemodelle die tatsächliche Niederschlagsmenge unterschätzt hätten. In der Folge sei Wasser schneller als erwartet gestiegen.
Eupener Talsperre
Das habe es den Betreibern der Talsperre in Eupen auch unmöglich gemacht, präventiv Wasser abzulassen. Mehr noch: Ohne die Eupener Talsperre wäre die Situation noch katastrophaler ausgefallen, unterstreicht der zuständige Experte Thomas Michaud. Er ist für das Schweizer Ingenieur- und Planungsunternehmen Stucky tätig, das auf große Staudämme spezialisiert ist. Die Flutwelle habe nichts mit dem Wassermanagement an der Talsperre zu tun gehabt.
Ein Faktor, der das Ausmaß des Dramas verschlimmert habe, sei hingegen die Geografie des Wesertals: Das Tal könne schneller überschwemmt werden als andere Gebiete. Erschwerend komme dann noch die teilweise sehr hohe Bebauungs- und Bevölkerungsdichte in gerade den Hochwasserzonen hinzu.
Deutliche Kritik gibt es auch am Risikomanagement der verantwortlichen Stellen: Es gebe nicht wirklich einen rechtlichen Rahmen zum Management der Talsperren, sprich eine verpflichtende Vorgehensweise in puncto Management und Sicherheit oder bei der Identifizierung potenzieller Risiken.
Erst 2018/19 sei ein erster interner Notfallplan erstellt und an die Gouverneure weitergeleitet worden, bemängelte die Expertin Catherine Fallon. Sie ist Professorin für Politikwissenschaften und öffentliche Verwaltung an der Universität Lüttich.
Ein unzureichendes Risikobewusstsein ist aber auch an vielen vom Hochwasser betroffenen Orten festgestellt worden. Es sei sehr wenig in die Notfallplanung investiert worden. Gleiches gelte für die Fähigkeiten lokaler Notfallplaner. Dabei sei gerade Planung und Übung für solche Ereignisse sehr wichtig.
Mangelnde Kommunikation
Bei der Hochwasserkatastrophe sei direkt zu Beginn eine Abwesenheit von Kommunikation zu beklagen gewesen, so Fallon in der RTBF. Dabei hätte eine deutliche und organisierte Kommunikation der Notfall- und Einsatzkräfte dabei helfen können, der Bevölkerung klarzumachen, dass es sich eben nicht um ein normales Unwetter oder eine Krise wie andere handelte.
Auf Gemeindeebene sei das Problem hinzugekommen, dass die örtlichen Hilfskräfte sehr schnell vollkommen überlastet gewesen seien. Dadurch sei eine funktionierende Kommunikation mit der Bevölkerung oft nicht mehr möglich gewesen, was das Management und die Bewältigung der Krise sehr erschwert habe. Besonders auffallend sei etwa, dass viele Gemeinden das Notfallinformationssystem BE-Alert nicht nutzten oder nicht wussten, wie es funktioniert.
Gleichzeitig seien auch die Sozialen Netzwerke viel zu wenig eingesetzt worden, um sich einen Überblick der Lage vor Ort zu verschaffen oder um die Bevölkerung zu informieren. Diese großen Mängel gerade bei der Kommunikation hätten auch zu starken Spannungen geführt, so die Analyse von Jaques Teller, Professor für Städtebau an der Universität Lüttich, in dem Bericht.
In vielen Fällen hätten die Menschen die Notfallkräfte gar nicht mehr erreichen können, weil diese so überlastet gewesen seien, fasste Catherine Fallon bei der Pressekonferenz zusammen. Und wenn sie doch durchkamen, dann hätten die Helfer am Telefon oft noch weniger gewusst, als die Menschen selbst, so der Befund.
Dieser Mangel an offiziellen Informationen habe dazu geführt, dass die Menschen große Risiken eingegangen seien, gerade angesichts der zwei Flutwellen. Viele Befragte hätten sich im Stich gelassen gefühlt, so Fallon. Die Empfehlungen und Schlussfolgerungen der unabhängigen Studie werden in einem zweiten Bericht für Mitte November erwartet.
Boris Schmidt
Wo kann man diesen Bericht einsehen/finden?
Danke!
Der Bericht ist einsehbar auf der Webseite von Regionalminister Philippe Henry.
Da gibt man also eine Studie in Auftrag, vom Steuerzahler bezahlt, um sich bestätigen zu lassen, dass man keine Fehler gemacht hat. In der Eifel war man einfach besser vorbereitet und hat Wasser mehrere Tage vorher schon abgelassen. Da spricht hier niemand von.
"Wes Brot ich ess, des Lied ich sing."
@Freddy Betsch
Sie sind -wahrscheinlich durch die z.T. falsche und tendenziöse Berichterstattung des GE-offensichtlich nur einseitig (des-) informiert, Herr Betsch.
Die Reservekapazität des Talsperrenverbundes Bütgenbach-Robertville betrug am 12.7 rund 2 Millionen m3.
Die Reserve der Wesertalsperre am 12.7 hingegen 5,6 Millionen m3.
Das Einzugsgebiet der Engie-Sperren ist mit 118 km2 größer, als das der Wesertalsperre (106 km2). Beide Sperren sind von max. 150 Liter/m2 Niederschläge ausgegangen.
Engie musste (!) zusätzliche Reserve schaffen, da zudem die Sperren prioritär als Hochwasserspeicher konzipiert wurden, im Sommer jedoch ihren höchsten Wasserstand aufweisen (Tourismus).
Bis zum 14.7 wurde die Kapazität auf "nur" 2,5 Millionen m3 erhöht. Von leeren der Seen kann keine Rede sein.
Wäre im Einzugsgebiet der Engie-Sperren die gleiche unvorstellbaren Niederschläge gefallen, wie im Einzugsgebiet von Weser, Getzbach, Hill und Soor (und umgekehrt), würden wir jetzt nicht von der Verantwortung (-slosigkeit) des SPW, sondern der Verantwortung (-slosigkeit) von Engie sprechen.
Aber wen interessiert das schon?
Die wussten ganz genau das es viel Regen gab hätten schon ein paar Tage davor das Wasser ablassen sollen