"Das ist schon außerordentlich!" Seit 15 Jahren arbeitet Thomas Heeren im Weinbau. Nahe bei Lüttich macht er gerade einen Weinberg fit für den Frühling – und das mitten im Schneegestöber. "Also dass ich hier im Schnee die Reben abbinde, das ist mir noch nie passiert."
Minus-Grade und sogar Schnee im April sind grundsätzlich nicht ungewöhnlich. Sehr speziell ist aber der heftige Wetterumschwung inklusive Temperatursturz von über 20 Grad. "Problematisch ist, dass es letzte Woche so sonnig war. Ich habe im T-Shirt gearbeitet, die Pflanzen haben angefangen, sich zu entwickeln und zack, jetzt ist es eiskalt."
Der Weinberg wurde gerade erst frisch angelegt. Winzer Simon Delforge ist vor drei Jahren ins Geschäft eingestiegen. Die Reben sollen einen seiner ersten Weine ergeben. Drei Rebsorten hat der junge Winzer hier gepflanzt und bei einer, der Weißweinsorte Muscaris, macht er sich besonders Sorgen. "Man sieht hier gut, wie die Knospen mit dem Sommerwetter vergangene Woche angeschwollen sind. Und jetzt mit der Kälte ist das schon kritisch." Um die Reben zu schützen, kann Delforge nur wenig tun. Er hofft nun vor allem, dass die Temperaturen nicht noch weiter sinken.
Obstbauern in Flandern
Obstbauer Stephan Wolfcarius aus Südwestflandern hat dieselben Probleme: Der Frost droht die ersten Blüten seiner Bäume zu zerstören. Aber er gibt nicht kampflos auf. Über die Ostertage hat er bis spät geschuftet und seine Birnenbäume mit Plastikfolien abgedeckt. "Wir haben uns mit ein paar Obstbauern in der Region zusammengetan, die die Bäume auch vor Nachtfrost schützen müssen. Und wir rufen uns gegenseitig an, wenn wir denken, dass es Zeit wird, aktiv zu werden." Wolfcarius ist zuversichtlich, dass seinen Pflanzen nichts passiert.
Seine Kollegin Els Lambrecht hat ebenfalls Birnbäume in der Region. Sie hat die Blüten kurz vor dem Frost mit Wasser benebelt. Das kann unter bestimmten Umständen helfen, die empfindlichen Knospen warm zu halten, erklärt sie. "Es formt sich eine Art Sack rund um die Blüten, der später gefriert und eine Art Isolierung schafft", erklärt Lambrecht.
Auch Pierre Lebrun aus Wallonisch-Brabant hat der Wetterumschwung kalt erwischt. "In meinen 30 Jahren in der Branche habe ich so etwas noch nicht erlebt", berichtet der Obstbauer. Der Schnee sei dabei nicht das Besondere, sondern die kurze Hitzewelle vergangene Woche. "Obstblüten unter einer Schneeschicht, das gibt es sonst nicht." Auch Lebrun hofft aber noch, dass die Bäume auf seinen 20 Hektar Obstwiesen glimpflich davonkommen. "Die nächsten Tage werden zeigen, wie groß der Schaden ausfällt."
Peter Esser