Das ist schon eine ziemlich kalte Dusche, sagte Jos Hindrycks in der VRT. Hindrycks ist Bürgermeister von Houthulst. Die kleine Gemeinde liegt mitten in Westflandern, nördlich von Ypern. In den letzten Tagen habe es in der Ortschaft eine spektakuläre Häufung von Neuinfektionen gegeben, sagt Hindrycks; innerhalb kürzester Zeit habe sich die Zahl der Ansteckungen verfünffacht. "Da wussten wir, dass irgendwas nicht stimmte."
Angesichts der rasenden Verbreitung hatte man gleich die britische Variante des Coronavirus im Verdacht. Sonntagmorgen gab's dann tatsächlich die Bestätigung.
Im Auge des Orkans ist ausgerechnet das örtliche Wohn- und Pflegeheim "De Groene Verte". Begonnen hatte alles am 5. Januar mit 5 infizierten Bewohnern. Innerhalb einer Woche stieg diese Zahl aber rasant. "Da hatten wir schon 69 angesteckte Bewohner, sagte Jurgen Duyck, Direktor der Einrichtung, in der VRT. Das gleiche Bild bei den Mitarbeitern: Da stieg die Zahl der Infizierten binnen kürzester Zeit von zwei auf über 30.
Letzter Stand: 110 Infizierte, die meisten von ihnen sind Bewohner des Alten- und Pflegeheims. Drei von ihnen sind schon gestorben. Wie ein furchtbares Lauffeuer hat das Virus in der Einrichtung gewütet. Das ist umso tragischer, als die Impfkampagne in dem Heim eigentlich in diesen Tagen hätte beginnen sollen. Wegen des Ausbruchs musste der Start ausgesetzt werden...
Die Situation in der Einrichtung ist natürlich prekär. Auch, weil viele Personalmitglieder infiziert sind. Es gebe schon viele Hilfsangebote von professionellen Pflegekräften, sagt Bürgermeister Jos Hindrycks. Und ab Dienstag bekomme man auch Unterstützung von der Armee:
Doch beschränkt sich das Problem längst nicht mehr auf das Wohn- und Pflegezentrum "De Groene Verte". Im ganzen Dorf mehren sich die Fälle. Deswegen hat der Bürgermeister eine Art "Mini-Lockdown" über die Gemeinde verhängt. Grob zusammengefasst sind die Bewohner dazu angehalten, nur aus dem Haus zu gehen, wenn es wirklich nötig ist.
Zwei weitere Ausbrüche werden zudem aus der Nähe von Antwerpen gemeldet. In Edegem und Kontich mussten die örtlichen Schulen geschlossen werden. Insgesamt 2.000 Familien müssen in Quarantäne. In beiden Fällen wurde die britische Variante als Erreger identifiziert...
Das alles verheißt nichts Gutes, sagte sinngemäß der Epidemiologe Yves Coppieters in der RTBF. Vor allem der Ausbruch in dem Wohn- und Pflegezentrum in Houthulst sei alarmierend. Erfahrungsgemäß sei es so, dass solche Einrichtungen eigentlich erst in einer späteren Phase des Infektionsgeschehens betroffen sind. Denn in der Regel wird das Virus ja in die Altenheime hineingetragen. Was bedeutet, dass in der Umgebung der Einrichtung das Virus zirkuliert.
Wie soll man jetzt reagieren? "In jedem Fall sehr entschlossen", mahnen die Experten. Auf nationaler Ebene müssen die Testkapazitäten jetzt auf Maximum hochgefahren werden, gegebenenfalls kann man ja auch die Kriterien etwas lockern, um mehr Menschen testen zu können.
Und auf lokaler Ebene muss man notfalls die ganze Bevölkerung testen, empfiehlt auch Kollege Virologe Marc Van Ranst. Man muss alles tun, um den Krankheitsherd einzudämmen.
Diese Ausbrüche sind ein klares Alarmsignal. Das werden nämlich nicht die letzten Fälle dieser Art sein. Das Kernkabinett ist denn auch am Morgen zusammengekommen, um über mögliche weitere Maßnahmen zu beraten, um die Verbreitung der neuen Varianten zumindest einzudämmen. Immer wieder fällt da das Wort "Grenzen". Allgemein wird erwartet, dass die Regierung mindestens weitere Reisebeschränkungen verhängen wird.
Denkbar ist, dass Tests und Quarantäne auch nach kürzeren Aufenthalten im Ausland zur Pflicht werden. Im Raum steht eine Verkürzung der Dauer auf unter 24 Stunden. Ziel sei es aber, dass Grenzverkehr aus beruflichen oder familiären Gründen möglich bleibt, also vor allem Schule und Beruf.
Weitere Fälle von Infektionen mit britischer Corona-Variante in Flandern
Roger Pint
Wenn sich die neue Virus-Mutante bereits im Inland ausbreitet, weshalb wird dann der Fokus der Maßnahmen auf Auslandsreisen gelegt und nicht auf eine gezielte Bekämpfung vor Ort?
Eine Einschleppung aus dem Ausland ist in den drei genannten Fällen meines Wissens nicht nachgewiesen worden.
Mir kommt das ganze fast schon wie Aktionismus vor.
In Deutschland diskutiert man über eine FFP2-Maskenpflicht, - bekanntermaßen schützen FFP2-Masken auch den Träger vor einer Infektion, was man von den OP-Masken nicht sagen kann.
Bei uns in Belgien kommt man offenbar nicht auf die Idee, FFP2-Masken in ausreichender Zahl zu einem günstigen Preis anzubieten, um einer rasanten Ausbreitung der hochansteckenden Virus-Variante entgegen zu wirken; stattdessen setzt man lieber auf Einschränkungen unserer Grundrechte mit mäßigen Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen.
Ehe man nur dran denkt evtl Grenzen zu schließen sollten die auch dran denken den Schiffsverkehr zu verbieten, denn die Crew bleibt ja auch nicht permanent auf dem Schiff sondern gehen an Land und können sich somit infizieren und das Virus weiter tragen. Man sollte nicht alles auf Reiserückkehrer schieben sondern auch eben dies ins Auge fassen. Ua in Antwerpen legen viele Schiffe an und ab und nicht nur da.