"Im Januar könnte mit der Verteilung des Impfstoffes in Belgien begonnen werden" - die gute Neuigkeit aus dem Mund von Professor Pierre Van Damme von der Uni Antwerpen, seines Zeichens Spezialist für Vakzinologie. Das Startdatum Mitte Januar hatte auch die wallonische Gesundheitsministerin Christie Morreale bereits angekündigt - allerdings mit dem Zusatz "frühestens".
Dass es jetzt doch so schnell ging, sorgt bei so manchem für ein mulmiges Gefühl. "Das ist unbegründet", versicherte aber Professor Pierre Van Damme in der VRT. Das alles lasse sich erklären.
Erstens sei es so, dass die Pharmaunternehmen natürlich der Suche nach einem Corona-Impfstoff absolute Priorität eingeräumt haben - und da seien auch die entsprechenden Mittel eingesetzt worden.
"Zweitens haben die Konzerne den Aufsichtsbehörden alle Infos gleich zur Verfügung gestellt. So konnten die "Kontrolleure" quasi mitlesen, den Unternehmen über die Schultern schauen und die erhobenen Daten bzw. die angewandten Methoden gleich gegenchecken. Auch so wird Zeit gespart."
Und drittens wurde die Erlaubnis erteilt, dass Phase zwei und Phase drei der klinischen Tests parallel starten durften, was dann auch nochmal einen Zeitgewinn von rund sechs Monaten ermöglicht hat.
Van Damme ist deutlich: "Auch wenn man auch die Prozedur insgesamt beschleunigt hat, so haben die Präparate doch alle Etappen durchlaufen, die zu durchlaufen sind. Bei der Prüfung der Corona-Impfstoffe werden dieselben Maßstäbe angewandt wie bei jedem anderen Produkt. Es wurden keinerlei Abstriche bei der Sicherheit gemacht."
Jetzt muss der Impfstoff nur noch zum Arm des Patienten gelangen. Und das wird eine Herkules-Aufgabe. Die Zeitung La Libre Belgique spricht schon von der "größten Logistik-Operation seit dem Zweiten Weltkrieg". Buchstäblich "Milliarden" von Impfdosen müssen über den Globus verteilt werden. Grob geschätzt seien 8.000 Flugzeuge vom Typ Jumbo-Jet dafür nötig.
Brüssel als Drehkreuz
Und da wird Belgien eine Schlüsselrolle zukommen, wie das Blatt weiter berichtet. Fluggesellschaften aus Amerika, Asien und Afrika haben demnach schon die Anfrage gestellt, von Brüssel aus operieren zu dürfen.
Dafür gibt es mehrere Gründe. Der nächstliegende ist natürlich die Produktionsniederlassung des US-Konzerns Pfizer in Puurs bei Mechelen. Viele der ersten Pfizer-Impfdosen werden "Made in Belgium" sein - und die werden dann in die ganze Welt verschickt.
Da trifft es sich gut, dass Belgien im Bereich Luftfracht und vor allem beim Transport medizinischer Produkte absolut zur Weltspitze gehört. Am Nationalflughafen in Zaventem gibt es eine eigens dafür maßgeschneiderte Infrastruktur. Eine von fünf weltweit transportierten Impfdosen wird an einem belgischen Flughafen verladen. Jedenfalls dürfte wohl auch abgesehen von Pfizer ein gehöriges Maß an Lieferungen nach bzw. innerhalb der EU über Belgien abgewickelt werden.
Belgien und insbesondere Brüssel werden also in den kommenden Monaten quasi zu einem weltweiten Impfstoff-Drehkreuz. Aber erstmal müssen die verschiedenen Präparate ja zugelassen werden. Wie die Europäische Arzneimittel-Agentur Ema mitteilte, werde die Prüfung des Pfizer-Impfstoffes spätestens am 29. Dezember abgeschlossen sein. Anfang kommenden Jahres werden wohl andere folgen.
Heißt das alles jetzt, dass der nächste Sommer vielleicht dann doch schon wieder ein ganz normaler sein wird? "Naja, vielleicht noch nicht so ganz", meint Pierre Van Damme. "Im Sommer werden die Impfungen wohl noch nicht abgeschlossen sein. Das nächste Jahr werde aber bestimmt besser als 2020."
Roger Pint