Zur Erinnerung: Vor der Corona-Pandemie gab es neun Monate nach den Wahlen immer noch keine Föderalregierung. Die Verhandlungen waren in eine Sackgasse geraten. Und die derzeitige Regierung hat auch keine Mehrheit, und auch nur die Vollmachten, das Land durch die Coronakrise zu führen. Deshalb bringen sich die Parteivorsitzenden, die in Belgien traditionell den Ton angeben, in Stellung.
Im RTBF-Fernsehen ist MR-Chef Georges-Louis Bouchez am Dienstag deutlich: "Keine Regierungsverhandlungen, bevor die Epidemie nicht unter Kontrolle und die Exit-Strategie nicht festgelegt ist".
Derzeit kann Bouchez auch auf die Bremse drücken. Er darf sich nämlich nicht beklagen. Die MR stellt die halbe Regierung, inklusive Premierministerin Sophie Wilmès. Vermeiden die liberalen Minister allzu große Böcke und schafft es die Regierung Wilmès II , das Land gut durch die Krise zu führen, dann könnte das auch beim Wähler gut ankommen.
Es wäre für Bouchez auch unverantwortlich, jetzt parallel Verhandlungen zu führen, während die aktuelle Regierung die volle Aufmerksamkeit braucht, die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen. "Deshalb werden wir jetzt eine Exit-Strategie ausarbeiten, und je nach Entwicklung der Situation werden wir diese anpassen", so Bouchez.
Und da steht der Neustart der belgischen Wirtschaft auf der To-do-Liste derzeit ganz oben. Am Freitag soll der Nationale Sicherheitsrat einen Fahrplan beschließen. Nach bisherigen Erkenntnissen, sollen ab dem 4. Mai auch nicht lebensnotwendige Geschäfte wieder geöffnet werden.
Bouchez findet diesen ersten Schritt auch nachvollziehbar und etwas einfacher als andere. "Das sind aber auch nur Prognosen. Wir müssen da extrem vorsichtig sein", warnt Bouchez. Die Regierung verlasse sich auf den Rat der Experten.
"Aber auch wenn man aufgrund der Medienpräsenz der Experten einen anderen Eindruck bekommen kann: Es sind immer noch die Politiker, die entscheiden", betont der MR-Chef.
Da gebe es viele Parameter, nicht nur epidemiologische, auch soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche. "Und wenn wir alle Parameter haben, dann treffen die Politiker, und nur die, eine Entscheidung", wiederholt Bouchez. Dass es gerade in wirtschaftlichen Fragen zu unterschiedlichen Auffassungen kommt, findet der Chef der frankophonen Liberalen normal.
Mit dem Ausstieg aus dem Lockdown tauchen auch die ideologischen Unterschiede zwischen linker und rechter Wirtschaftspolitik wieder auf. Manche erweckten da den Eindruck, die Epidemie sei schon vorbei. "Nein, das ist sie überhaupt nicht", sagt Bouchez in der RTBF. "Und deshalb ist jetzt auch noch nicht die Zeit für politische Debatten gekommen."
Volker Krings
Gerade habe ich an anderer Stelle kommentiert :
„Die MR will noch nicht über eine neue Regierung verhandeln, sie hat noch nicht begriffen dass die Zeit der Milliardengeschenke vorbei ist und sie nicht mehr die „Strahlepartei“ für die Öffentlichkeit spielen kann sondern mehr und mehr den schwarzen Peter für alle falschen Maßnahmen zugeschoben bekommt.“
Das hat ein Herr Bouchez wohl noch nicht erkannt. Sein Satz: „Und wenn wir alle Parameter haben, dann treffen die Politiker, und nur die, eine Entscheidung“ lastet ihm und seiner Partei eine schwere Bürde und Verantwortung auf und wird ihm noch so manches Kopfzerbrechen besorgen.
Es könnte sein dass er und seine Partei sich schon sehr bald sehr einsam fühlen.