Premierministerin Wilmès erklärte bei einer Pressekonferenz am Freitagabend, die Wissenschaftler sähen Indikatoren, dass sich das Coronavirus langsamer verbreite. Dennoch sei es noch viel zu früh, Entwarnung zu geben. Daher blieben die bisherigen Maßnahmen alle in Kraft. "Wenn wir jetzt nachgeben, können die Folgen schwerwiegend sein", erklärte Wilmès.
"Alle sind sich einig, dass es noch viel zu früh ist, um zu sagen, dass die Epidemie unter Kontrolle ist", warnte Wilmès. Deshalb kam es, wie es alle erwartet hatten: Die Ausgangssperre wird nicht am 5. April enden, sondern gilt noch mindestens bis zum 18. April, eventuell sogar bis zum 5. Mai.
Dennoch verzichtete der Nationale Sicherheitsrat darauf, die Regeln noch strenger zu machen. Die öffentlichen Verkehrsmittel fahren weiterhin, der Weg zur Arbeit ist erlaubt, wenn Home Office nicht möglich ist. Und auch sportliche Betätigung ist gestattet. Allerdings soll es mehr Kontrollen geben und die Polizei kann bei Verstößen direkt Bußgelder verhängen.
Wilmès appellierte an alle Bürger, die Regeln der Sozialen Distanz strikt anzuwenden und den persönlichen Kontakt zu anderen Menschen zu meiden. Das Prinzip laute: "Bleiben Sie zu Hause!"
Wer sich etwa zum Sport nach draußen begebe, solle unmittelbar danach wieder in die Wohnung zurückkehren. "Es darf nicht sein, dass Menschen stundenlang im Park sitzen", sagte Wilmès. Noch schärfer verurteilte sie Menschen, die weiterhin sogenannte Lockdown-Partys feierten. Dieses Verhalten gefährde die Gesundheit vieler Bürger, so Wilmès.
Bürger sollen sich draußen nur dann aufhalten, wenn dies absolut nötig ist - um beispielsweise zur Arbeit, Apotheke, zum Arzt oder (im Inland) Einkaufen oder Tanken zu fahren oder hilfsbedürftigen Menschen zu helfen oder Tiere zu versorgen.
Die Regierung will in Kürze einen Bußgeldkatalog erstellen, um Verstöße gegen die Anti-Coronavirus-Maßnahmen zu ahnden.
Laut DG-Ministerpräsident Oliver Paasch ist auch die Frage der Rechtssicherheit beim Grenzübertritt besprochen worden. Demnach soll neben bestehenden Bescheinigungen (Arbeitsvertrag, ärztliche Atteste, Tierhalterbeweis, ...) eine Art Vignette eingeführt werden. Dazu werde sich Innenminister De Crem mit den Nachbarstaaten absprechen. Eine Umsetzung soll kommende Woche erfolgen.
Neue Maßnahmen kündigte der Nationale Sicherheitsrat nicht an. Er hatte am Freitag seit 14 Uhr getagt.
Trotzdem erinnerte Wilmès an die bestehenden Regeln - auch für Betriebe. Sie müssen überall dort zwingend auf Home-Office umsteigen, wo es möglich ist. Betriebe, in denen das nicht geht, müssen dafür sorgen, dass die Mitarbeiter ausreichend Distanz zueinander wahren können. Ist das nicht der Fall, muss der Betrieb in der Coronakrise seine Tätigkeit einstellen. Auch hier würden die Kontrollen verstärkt, so Wilmès.
Die Schulen sollen auch in den Osterferien eine Betreuung im bisherigen Rahmen anbieten. Dabei müssen die Schulen darauf achten, dass die Kinder in einheitlichen Gruppen zusammen bleiben und somit mit möglichst wenigen unterschiedlichen Personen in Kontakt treten.
Beileid und Dank
Zu Beginn der Pressekonferenz sprach Wilmès den Angehörigen der Menschen, die an dem Coronavirus gestorben sind, ihr Beileid aus.
Sie dankte zudem allen Bürgern, die dafür sorgten, dass das öffentliche Leben im Land aufrecht erhalten bleibe. Dazu zählten neben den Ärzten und Pflegern auch die Mitarbeiter in Supermärkten, Polizisten oder Lastwagen- und Busfahrer.
Der Regierung sei bewusst, dass sie von der Gesellschaft besondere Opfer verlange, indem sie die Freiheitsrechte stark einschränke. Dennoch sei es wichtig, dass alle die beschlossenen Maßnahmen einhielten und ernst nähmen.
Informationen zum Coronavirus und den aktuell gültigen Maßnahmen des Nationalen Sicherheitsrats finden Sie auf der Webseite des Föderalen Dienstes Volksgesundheit und der entsprechenden Informationsseite der Deutschsprachigen Gemeinschaft.
Olivier Krickel
Die Information der Premierministerin wieder auf französisch und flämisch und nicht auf deutsch, trotz Paaschs präsentes. Tolles dreisprachige Belgien !
@Rauw Erik
Die Pressekonferenz wurde von der französischsprachigen RTBF übertragen. Der niederländische Teil der Rede der Premierministerin wurde simultan ins französische übersetzt. Ja, es würde der Premierministerin gut zu Gesicht stehen, wenn sie als Premierministerin aller Belgier auch die dritte verfassungsmässig anerkannte Landessprache Belgiens bei ihren offiziellen Statements benutzen würde. Was der belgische König kann, müsste auch eine belgische Premierministerin können. Darüber hinaus bestände durchaus sogar die Möglichkeit, dass der BRF als anerkanntes Sprachorgan der DG eine Simultanübersetzung von wichtigen Reden nationalem Interesse übernehmen könnte. Technisch ist heute sehr vieles im audiovisuellem Bereich möglich und auch machbar.
Ich bin der Ansicht, dass Frau Wilmes einen sehr guten Job macht !!
Allerdings , sollte sie auch die dritte belgische Amtssprache verwenden !!
@RAUW ERIK
Das ist das Dilemma in der DG. Großblumige Bekundungen um die Sprachenregelung zu fordern.... nur die Ergebnisse lassen auf sich warten.
Nur mal kurz zur Erinnerung: Das deutschsprachige Ostbelgien gehört seit über 100 Jahren zu Belgien!
Und die deutschsprachige Kommunikation ist immer noch ein äußerst dramatisches Problem.
Hauptsache, man kann in der momentanen Situation irrsinnigen, widersprüchlichen Aktionismus walten lassen und schon mal kostenpflichtige Sanktionen verhängen, ob es jeder versteht oder nicht.
Und die wurden offensichtlich schon verhängt, trotz Mangelung eines entsprechenden Busgeldkataloges.
Vielleicht erinnert sich der deutschsprachige Wähler nach der Krise, wie er von den Mandataren missachtet wurde.
In der Quintessenz dürften Kandidaten keine Stimme bekommen, wenn sie ihr Wählervolk nicht in der entsprechenden Sprache ansprechen können.
Unmittelbar einsichtig : als stundenlang im Park Sitzender, z.B. allein lesend, bin ich ein massiver Gefährder, der unverzüglich wieder in seine Einzelhaft zu beordern ist, natürlich nicht ohne eine empfindliche Strafe aufgebrummt zu bekommen. Think!
Stelle Sie sich vor, Herr Blees, sie wären "Experte oder Verantwortlicher": Sie wissen im Grunde genommen auch nicht genau, was zu tun ist aber Sie stehen im Rampenlicht, alles zeigt mit den Fingern auf Sie und wartet auf die alles erlösenden, von Vernunft und Weitsicht geprägten Entscheidungen. (Bei der Politiker nebenbei auch noch ein paar Wählerstimmen abkassieren können).
Da muss man ruhig, überzeugt und siegessicher irgendetwas machen, damit alle sagen "Die/ der hat aber Ahnung!" Und es muss etwas sein, was alle direkt spüren und sehen, sonst glaubt Ihnen das keiner.
Da kann man schnell schon mal in kopflosen Aktionismus verfallen und die Frage nach Sinn und Zweck vernachlässigen. Und genau an dieser Stelle ist die Mehrheit der "Experten und Verantwortlichen".
Gibt es ein "Für" dann gibt es auch ein "Wider". Nicht alles was sich nach Vernunft anhört ist es dann auch.