Die flämischen Mitte-Rechts-Parteien können das Kriegsbeil offensichtlich nicht mehr für länger als ein paar Wochen begraben. Seit Jahren befinden sie sich im Dauerclinch. In der vergangenen Legislaturperiode galt das vor allem auf der föderalen Ebene, wo N-VA, CD&V und OpenVLD sich eigentlich ständig in den Haaren lagen. Man sprach damals vom "Kabbelkabinett". Nun, es gibt eine Fortsetzung dieses Films. Die spielt diesmal nur auf der flämischen Ebene.
In der Hauptrolle: Die drei üblichen Verdächtigen, also N-VA, CD&V und OpenVLD. Die Regierung von Jan Jambon selbst scheint zwar noch einigermaßen zu drehen, die Koalitionsparteien an sich schenken sich aber nach wie vor nichts.
Die neueste Episode in dieser Geschichte nahm auf Twitter ihren Anfang. Die N-VA postete ein kurzes Video, das man eigentlich nur als Frontalangriff auf die OpenVLD-Chefin Gwendolyn Rutten bezeichnen kann. Anlass war ein Interview, das Rutten vor einigen Tagen in der VRT gegeben hat. Die 44-Jährige hat vor einigen Tagen ihren Abschied als Parteichefin verkündet. Ende März stehen bei den flämischen Liberalen Vorstandswahlen an. Einige Schwergewichte hatten längst ihren Hut in den Ring geworfen - Kampfkandidaturen also. Und Gwendolyn Rutten ist wohl zu dem Schluss gekommen, dass es nach sieben Jahren an der Zeit war, Platz zu machen.
Die N-VA, so scheint es, wollte der scheidenden OpenVLD-Chefin wohl noch einen mitgeben. In besagtem Twitter-Filmchen werden Aussagen aus dem Abschiedsinterview mit früheren Stellungnahmen konfrontiert, um die Widersprüche aufzuzeigen. Die Gwendolyn Rutten von 2020 etwa will nicht ausschließen, dass man auch Zuständigkeiten wieder zurück an die föderale Ebene überträgt. "Wir haben Staatsreformen immer nur aus der flämischen Brille betrachtet, also nach dem Motto: mehr Flandern. Das muss aber nicht immer so sein. Es ist auch möglich, dass manche Zuständigkeiten besser auf der 'belgischen' Ebene aufgehoben sind".
Rutten denkt also an mögliche Rückübertragungen an die föderale Ebene. Klar, dass das einer flämischen Nationalistenpartei nicht gefällt. Die N-VA hat dann also einen Interviewfetzen ausgegraben, in dem eine sichtbar jüngere Gwendolyn Rutten früher einmal genau das Gegenteil gepredigt hatte: "Alle Macht den Teilstaaten".
Rutten plädierte ziemlich deutlich für ein fast konföderaler Modell. Eben wie die N-VA heute. Klar, der Widerspruch ist deutlich. Nur: Verhält man sich so unter Koalitionspartnern?
"Unter aller Kanone", reagierte jedenfalls der OpenVLD-Spitzenpolitiker Bart Tommelein; erst in Sozialen Netzwerken, dann auch in der VRT. Tommelein ist zwar selbst Kandidat für den Vorsitz, nimmt aber dann doch die aktuelle Chefin in Schutz. Sein Plädoyer: Es wäre vielleicht eine gute Idee, wenn sich alle mal beruhigen und miteinander reden würden.
Die OpenVLD wollte es offensichtlich der N-VA mit barer Münze heimzahlen. Wenig später posteten auch die Liberalen ein Filmchen. Untermalt von einer gelangweilten Country-Nummer wurde hier anhand von Zeitungsschnipseln eine ganze Latte von 180-Grad-Wenden gezeigt, die die N-VA in den letzten Jahren hingelegt hat - nach dem Motto also: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.
"Herr Tommelein", wendet sich also der VRT-Journalist an denjenigen, der gerade noch zu Dialog und Mäßigung aufgerufen hatte. "Warum zieht ihre Partei denn dasselbe Register?" "Naja", erwidert Tommelein, "wir müssen jetzt auch nicht nach einer Ohrfeige noch die zweite Backe hinhalten. Zumal das ja nicht das erste Mal ist. Seit Monaten fährt die N-VA eine Attacke nach der anderen gegen die OpenVLD. Ziel ist es offensichtlich, uns so viel wie möglich zu schaden. Das müssen wir uns auch nicht bieten lassen".
Das Ganze setze nicht nur die flämische Regierung unnötig weiter unter Druck, sondern schade der politischen Klasse insgesamt, sagt Tommelein.
Von der N-VA gab's nur lapidare Reaktionen. Die von Ministerpräsident Jan Jambon klang fast schon unwirklich: "Die Atmosphäre und die Entschlossenheit innerhalb seiner Equipe seien ausgezeichnet", hieß es da. Das Ganze hat wohl mit der föderalen Ebene zu tun. Die N-VA scheint mehr denn je zu befürchten, dass sie bei der Regierungsbildung ausgebootet wird. In jedem Fall mag das auch eine Warnung sein, nach dem Motto: "Wenn Ihr ohne uns regieren wollt, dann wird es ungemütlich".
Roger Pint
Und diese Leute wollen eine Republik Flandern regieren ? Sind eher geeignet als Motiv für den Aalster Karneval. Und Klima-Heulsuse Greta Thunberg gleich hintendran. Das wäre ein gelungenes Fest.
Nein nein, Herr Scholzen, auch das verstehen Sie wieder völlig falsch.
Würde man eine "Republik Flandern" regieren dürfen, dann wäre man selbstredend viel motivierter und konstruktiver beim Ausüben des Wählerauftrags. Wo und wie auch immer- die politischen Akteure werden mit der N- VA noch viel Spaß bekommen.
Unnötig sich all zu viele Sorgen um die Flamen zu machen, denn der Bericht bauscht mehr auf als ist. Unwahr ist das es „Die drei üblichen Verdächtigen, also N-VA, CD&V und OpenVLD.“ sind, denn die CD&V ist gar nicht betroffen. Wahr ist das es vor allem zwischen Frau Rutten und Herrn De Wever gewaltig kracht. Seitdem Frau Rutten mit der PS verhandelt hat und wohl im Tausch gegen einen Premierministerposten ihr Programm vergas, ist es mit der Liebe wohl vorbei. Beide sticheln seitdem gegeneinander. Neu ist das Filmchen von der NVA und eine Antwort der OVLD, die ihre Parteivorsitzende verteidigt, obwohl politisch tot und bald weg vom Fenster.
Sie vergessen den Wagen der Klimawandelleugner mit Scholzen, Wahl, Pesch und Co., verkleidet als die Barone von Münchhausen, die auf Kugeln reinster Braunkohle das Revier der fossilen Energiewirtschaft verteidigen.
Die langen Nasen haben sie sich auf ihrer Mission redlich verdient.
Herr Helmer. Danke für den tollen Vorschlag. Nur die Figur des Münchhausen ist zu delikat. Könnte als Verkörperung des preußischen Militarismus verstanden werden. Die Ereignisse der letzten Tage in Aalst haben gezeigt, dass man vorsichtig sein sollte bei der Auswahl des Motivs. Also bitte neuen Vorschlag, politisch Korrekt und in jederweise unproblematisch. Klimaneutral selbstverständlich auch. Gehört ja mittlerweile zum Standard.