Sie sind jung, sie sind frisch, und sie sind eine Überraschung. Mit N-VA-Chef Bart De Wever hatten Beobachter als Informator gerechnet. Vielleicht auch mit dem flämischen Liberalen Patrick Dewael. Aber nicht mit den beiden Neulingen sowohl auf föderaler Ebene als auch an der Spitze ihrer jeweiligen Parteien.
Georges-Louis Bouchez und Joachim Coens wollten diese Unerfahrenheit ihrer Personen gerade bei einer so verantwortungsvollen Aufgabe aber nicht als hinderlich sehen. Ganz im Gegenteil: Sie sehen das durchaus als Vorteil, um ganz ungezwungen mit den anderen Parteivertretern sprechen zu können.
"Wir sind beide neue Parteivorsitzende und wir wollen mit offenem Visier, ohne irgendwelche persönliche Hypotheken aus der Vergangenheit in diese Netzwerkarbeit einsteigen, um alles Mögliche zu besprechen", sagte Coens.
Nichts ausschließen ...
Und auch Georges-Louis Bouchez kündigte eine sehr offene Arbeit der beiden Informatoren an. Sowohl was ihr Verhalten gegenüber den Gesprächspartnern betrifft, als auch mögliche Parteikonstellationen. "Wir werden mit einem Schema arbeiten, das sehr offen sein wird. Um eine Lösung mit den verschiedenen Parteien zu finden. Aber wir sind uns natürlich auch bewusst – und das ist wichtig – dass wir nicht bei Null anfangen."
Die Arbeit ihrer Vorgänger wollen Bouchez und Coens also durchaus berücksichtigen. Und zwar die Arbeit von allen Vorgängern. Paul Magnette hatte zuletzt den Versuch unternommen, die Möglichkeiten einer Regenbogenkoalition auszuloten. Die Duos Geert Bourgeois und Rudy Demotte und vor ihnen Didier Reynders und Johan Vande Lanotte hatten vor allem PS und N-VA zusammenführen wollen. In beide Richtungen wollen jetzt Bouchez und Coens weiterarbeiten.
Sie wollen nichts von vornherein ausschließen, keinen der bislang skizzierten Wege bevorzugen. "Wir nehmen unsere Arbeit wirklich mit nur einem Ziel auf: so schnell wie möglich eine Regierung zu bilden im Interesse unserer Bürger", betonte Bouchez.
... und sofort loslegen
Viel Zeit bis zu ihrem ersten Bericht beim König haben die beiden nicht. Schon am Freitag nächster Woche sollen sie König Philippe einen Bericht vorlegen. Verständlich, dass sie mit dieser Arbeit also sofort loslegen wollen. "Ab heute schon werden wir Gespräche mit den Vertretern der einzelnen Parteien führen", kündigte Coens Mittwochvormittag an.
Und Bouchez erklärte, wie die beiden bei den Gesprächen vorgehen wollen. "Die Reihenfolge, in der wir die Parteien treffen werden, entspricht der Reihenfolge der Zahl der Abgeordneten, die diese Parteien im Parlament stellen. Wir beginnen mit der Partei, die die meisten Abgeordneten hat und enden bei den Parteien mit den wenigsten Abgeordneten. Aus der Reihenfolge soll also bitte nichts strategisches, politisches oder ähnliches abgelesen werden. Das ist einfach nur ein objektives Kriterium."
Demzufolge müssten sich Bouchez und Coens heute zunächst mit den Verhandlungsführern der N-VA getroffen haben, vielleicht auch schon mit denen der PS. Genaues wollten die beiden Informatoren dazu nicht sagen. Sie wollen in aller Diskretion arbeiten. Fragen der Journalisten ließen sie auf der nur siebenminütigen Pressekonferenz nicht zu.
Und die mittlerweile schon fast obligatorische Frage danach, wie sie ihre Erfolgsaussichten einschätzen, beantwortete Bouchez ungefragt einfach selbst: "Wir sind optimistisch und willig bei unserer Mission", gab der MR-Informator zu Protokoll.
Kay Wagner