Der noch amtierende Präsident Donald Tusk hat sich am Freitagmittag mit seinem designierten Nachfolger Charles Michel getroffen. Für Donald Tusk war es der letzte Arbeitstag. Wie er sich da fühle? Traurig, aber überzeugt, dass er alles in gute Hände übergibt.
Ein symbolischer Handschlag, anschließend gingen beide zu einem kurzen Arbeitstreffen. Für Charles Michel war es aber auch vor allem die Gelegenheit, seine zukünftigen Mitarbeiter kennen zu lernen. Beim Bad in der Menge standen sie Schlange für ein Selfie mit dem neuen Chef.
Anschließend gab es eine kurze Zeremonie. Symbolisch überreichte Tusk Michel das Glöckchen, mit dem die EU-Gipfel traditionell eingeläutet werden. Schließlich gab es Standing Ovations für den scheidenden Präsidenten.
Tusk hatte das Amt vor fünf Jahren vom Belgier Hermann van Rompuy übernommen, und gibt es jetzt wieder an einen Belgier weiter. Tusk nannte das Amt scherzhaft wohl eine belgisch-polnische Angelegenheit und er hoffe, dass das wohl so bleibt.
Ernst wurde er allerdings, als es um die Einheit der EU ging, Tusks Herzensangelegenheit. Er glaubt, dass die gemeinsamen Erfahrungen beider Länder hilfreich sein können, genau diese Einheit zu erhalten und wünscht Michel, dass er all seine Talente und Fähigkeiten für den Erhalt dieser Einheit nutzen werde.
Dann trat Charles Michel auf: "Heute beginnt ein neues Kapitel. Sie können auf mich zählen, ich bin bereit, meine Dienste zum Wohle aller Bürger Europas einzusetzen", so Michel. Er hoffe, dass es am Ende seines Mandats auch genauso viel Applaus gibt wie heute, so ein sichtlich gut gelaunter Charles Michel.
Das hängt aber sicherlich davon ab, wie er die kommenden Herausforderungen meistert. Und die sind nicht gerade klein: Zuerst einmal der kommende EU-Haushalt. Der wird sicherlich für einige Spannungen am Runden Tisch sorgen. Vor allem deshalb, weil ja, und das ist eine weitere Herausforderung, der Brexit vor der Tür steht, und ein großer Nettozahler wegfällt. Hinzu kommen Migrationskrise und der Klimawandel.
Michel ist überzeugt, dass er es mit seinem ihm eigenen Stil schaffen kann, Resultate zu erzielen und Entscheidungen zu treffen. Der Klimawandel ist für Charles Michel Priorität Nummer Eins. Das sagte er bereits am Donnerstagabend in einem längeren Gespräch im RTBF-Fernsehen. Er wolle aus Europa den weltweiten Anführer in Sachen grüner Energie machen. Alle Kräfte müssten gebündelt werden, den Klimawandel zurückzudrängen und die CO2-Neutralität gesetzlich verankert werden. Und dazu brauche es Mittel.
Michels erster EU-Gipfel am 12. Dezember steht auch unter dem Thema Umwelt. Ein erster großer Test also für Michels Stil: Dialog und Entschiedenheit.
Volker Krings