"Stolz und glücklich" sei er: Das twitterte Didier Reynders gut eine Stunde nach der Abstimmung im Europaparlament, durch die er offiziell in sein Amt als EU-Kommissar gehoben wurde. Nun, noch nicht ganz. Dienstbeginn ist erst am Sonntag. Aber bis dahin sind durch die Abstimmung am Mittwoch die letzten möglichen Stolpersteine aus dem Weg geräumt worden.
Und dass er sich jetzt nicht aus der belgischen Innenpolitik verabschiedet, um bei der EU eine ruhige Kugel zu schieben, das versuchte Reynders in Interviews nach der Abstimmung direkt noch einmal zu verdeutlichen: "Das Parlament hat uns einen großen Vertrauensvorschuss gegeben mit seinem deutlichen Abstimmungsergebnis", sagte Reynders gegenüber der RTBF.
"Jetzt muss die Kommission beweisen, dass sie dieses Vertrauen auch verdient hat. Wir müssen Ergebnisse liefern. Sei es beim Grünen Deal, im Digitalen oder in den Bereichen, für die ich verantwortlich bin, im Justizbereich und vor allem der Rechtsstaatlichkeit. Da gibt es ja bekanntlich große Spannungen innerhalb der EU, aber auch mit einigen Partnerländern", so Reynders.
Gegen Ungarn und Polen laufen wegen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit zurzeit ja sogar EU-Vertragsverletzungsverfahren, an deren Ende im schlimmsten Fall sogar der Entzug des Stimmrechts droht.
Reynders ist mit den Fragen rund um diese Problematik durchaus schon vertraut. Als belgischer Minister hatte er bei EU-Ministerräten bereits in den vergangenen drei Jahren mit der Thematik zu tun. "Jetzt werde ich die Arbeit als Kommissar fortführen. Als Nachfolger von Frans Timmermans", so Reynders gegenüber der VRT.
Neue EU-Ministerräte, an denen Reynders jetzt als Kommissar teilnehmen wird, sind bereits programmiert. Nächste Woche schon steht ein Treffen der EU-Justiz- und Innenminister an.
Reynders will die Arbeit der EU verbessern
Am 10. Dezember folgt ein EU-Ratstreffen über allgemeine Angelegenheiten, wo die Situation zur Rechtsstaatlichkeit in Ungarn und Polen im Zentrum stehen wird. Am 16. Dezember erwarte ihn das Europaparlament zu einer Aussprache zur Rechtsstaatlichkeit in Polen.
Daneben wird sich Reynders auch noch mit ganz anderen Themen beschäftigen: "Ich denke da vor allem an den Verbraucherschutz und den Datenschutz. Das sind zwei große Themenbereiche, die zu meinem Aufgabengebiet gehören. Da gibt es viel zu tun. Zum Beispiel beim Thema der einprogrammierten Obsoleszenz bei einer ganzen Reihe von Gebrauchsobjekten. Oder auch bei den unterschiedlichen Qualitätsstandards von Produkten abhängig von den Ländern, in denen sie verkauft werden. Das werden Aufgaben sein, die direkt die Bürger, die Verbraucher betreffen werden."
Aber Reynders will nicht nur Verwalter von bereits laufenden Angelegenheiten oder Problemen werden. Er hat auch eigene Ideen, um die Arbeit der Kommission und damit der EU zu verbessern. "Die Kommission wird vorschlagen, jedes Jahr einen Bericht über den Zustand der Rechtsstaatlichkeit in den einzelnen Mitgliedsländern anzufertigen", kündigte Reynders an. "In den Berichten sollen auch Empfehlungen zur Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit an jeden Staat gegeben werden."
Solche jährlichen Berichte gebe es schon in anderen Bereichen, z. B. zur Wirtschaftslage und den Finanzen in den einzelnen EU-Ländern. Es sei sinnvoll, dieses Berichtssystem auch auf die Rechtsstaatlichkeit auszuweiten.
Kay Wagner