Den ersten informellen Kontakt hatten beide Politiker wohl schon vergangene Woche geknüpft, als Gäste von König Philippe bei dessen Besuch in Luxemburg. Damals war Di Rupo noch Vorsitzender seiner PS. Seit Sonntag ist er es nicht mehr. Und das gab Di Rupo dann auch als Grund an, warum er sich zu nichts äußern wollte, was die föderale Ebene anging. Selbst auf Nachfrage sagte er: "Ich spreche nicht über die föderale Ebene. Ich habe das jetzt schon so oft gesagt: Seit Sonntag bin ich nicht mehr der Vorsitzende der Sozialistischen Partei. Der Vorsitzende ist Paul Magnette, und alles, was die Verhandlungen betrifft, muss man Paul Magnette fragen, um den Standpunkt der Partei zu kennen."
Auch Jambon wies die Idee von sich, dass er mit Di Rupo über die Bildung einer neuen Föderalregierung gesprochen habe. Auf solche Gespräche zwischen N-VA und PS wartet ja quasi das ganze Land. Denn in der Zusammenarbeit dieser beiden größten Parteien sehen die meisten den Schlüssel dafür, dass es etwas werden kann mit der Bildung einer neuen Föderalregierung. Dann treffen sich endlich mal zwei entscheidende Köpfe dieser Parteien - und dann soll es nicht um die föderale Regierungsbildung gegangen sein? So richtig glaubhaft klang das nicht.
Win-Win-Lösung
Und noch etwas anderes fiel auf, was sich aus den nach außen kommunizierten Inhalten der Gespräche schlussfolgern ließ. Denn hier ging es zum Beispiel um Klimafragen, um die neuen 5G Frequenzen für drahtloses Internet, um einen einfacheren Zugang für Regionalpolitiker zu belgischen Botschaften in der Welt. Oder auch, wie Elio Di Rupo sagte: "Wichtig war uns gerade der Austausch über den Brexit. Wir sind der Meinung, dass es notwendig ist, dass Verträge abgeschlossen werden, damit unsere Unternehmen nicht vor gravierende Probleme gestellt werden."
Und Jambon nannte als Beispiel für die Gesprächsthemen mit Di Rupo die Beschäftigung. "In der Wallonie", sagte Jambon, "gibt es noch ziemlich viele Arbeitslose. In Flandern gibt es viele Sektoren, die händeringend nach Mitarbeitern suchen. Wenn wir diese beiden Dinge zusammenbringen können, dann können wir die Probleme für beide Regionen lösen. Das wäre eine Win-Win-Lösung."
Win-Win also zwischen den Regionen - das riecht dann quasi nach der nächsten Stufe des Konföderalismus-Plans der N-VA. Bei dem spielt der Föderalstaat ja nur noch eine untergeordnete Rolle, regeln die Regionen viel in Eigenregie und untereinander.
Doch auch gegen diesen Eindruck wehrten sich Jambon und Di Rupo. "Das ist eine vollkommen falsche Interpretation", sagte der PS-Ministerpräsident. "Wir in den Regionen haben seit 1980 und bis zur sechsten Staatsreform Kompetenzen übertragen bekommen. Wir sind zum Beispiel zuständig für die gesamte Wirtschaft, für die Umwelt, für Energie, für die Raumgestaltung."
Konföderaler Anstrich
Und Jambon gab auf Französisch gegenüber der RTBF zu Protokoll, die ihn auf den konföderalen Anstrich der ganzen Veranstaltung angesprochen hatte: "Im Parteiprogramm der N-VA fordern wir eine viel weitergehende Aufteilung der Kompetenzen. Aber schon jetzt in der aktuellen Situation ist eine Zusammenarbeit wie diese nützlich. Wir können dadurch Probleme auf unserer Ebene lösen durch die bereits vorhandenen Kompetenzen."
Jambon kündigte an, dass er sich in naher Zukunft auch mit den Ministerpräsidenten der Hauptstadtregion Brüssel, Rudi Vervoort, und der Deutschsprachigen Gemeinschaft, Oliver Paasch, zu ähnlichen bilateralen Gesprächen, wie mit Di Rupo, treffen will. Alles im Sinne der bessern Zusammenarbeit zwischen den Regionen und Gemeinschaften, wie es hieß.
Oder als Training für die siebte Staatsreform. Aber wie gesagt: Nach außen hin wollte das am Mittwoch keiner so sehen bei PS und N-VA.
Kay Wagner