Die ganze Grand'Place feiert Eddy Merckx. Die belgische Radsport-Legende ist so ein bisschen der heimliche Schirmherr des Brüsseler Radsport-Wochenendes. Dass der Startschuss für die Tour de France in diesem Jahr in Brüssel fällt, ist nämlich kein Zufall: Vor genau 50 Jahren gewann Eddy Merckx seine erste Grande Boucle. Vier weitere Siege sollten folgen. Doch war der erste Erfolg der schönste, wie Eddy Merckx immer wieder betont - sogar der schönste seiner Laufbahn.
1969 begann also definitiv der Aufstieg des damals erst 24-Jährigen in den Radsport-Olymp. Grund genug also, der lebenden Legende noch einmal ein Denkmal zu setzen. Der Auftritt im Rahmen der Team-Vorstellung auf der Grand'Place war schon in gewisser Weise ein Remake: 1969 war Merckx nach seinem Tour-Sieg auch schon genau dort triumphal empfangen worden. Und - wie vor 50 Jahren - war Merckx auch jetzt wieder Gast im Palast: Am Freitag wurde er von König Philippe und Königin Mathilde empfangen. Damals war es noch König Baudouin.
"Das sei schon sehr emotional gewesen", sagte Eddy Merckx nach seinem Besuch im Palast. Der König habe ihm erzählt, dass er 1969 die Tour am Radio verfolgt habe. Er sei wohl auch ein Radsportfan.
Am Samstag wird es dann aber doch sportlich. Um 12 Uhr treten die Fahrer zum ersten Mal in die Pedale. Die berühmte "Tour-Karawane" startet ihrerseits schon um 10:00 Uhr. Für die Organisatoren und Sicherheitsverantwortlichen wird es also langsam ernst.
Im Brüsseler Park unweit des Stadtschlosses wurde am Freitag noch fieberhaft gearbeitet: Der riesige Startbereich musste buchstäblich aus dem Boden gestampft werden: eine kleine Zeltstadt auf einer Fläche von "mal eben" 3.500 Quadratmetern. "Wir bauen hier das Herz des 'Grand départs' auf", sagte in der VRT Guillaume De Prémont vom Organisationsteam.
Und auch bei den Sicherheitsbehörden laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Die RTBF durfte die Einsatzzentrale besuchen, wo also alle Fäden zusammenlaufen. Und hier ist man auf alles vorbereitet. Es sei sehr wichtig, dass man schnell und effizient reagieren könne, sagte Ilse Van de Keere, Sprecherin der Brüsseler Polizei. In Brüssel habe man zwar Erfahrung mir Großereignissen, die Tour de France sei aber was Besonderes, weil sich das Event über mehrere Tage hinziehe.
Unterstützt wird die Polizei unter anderem von Experten von Proximus, die anhand der Handy-Signale die Bewegung der Menschenmassen beobachten und damit frühzeitig erkennen können, wenn sich z.B. eine gefährliche Ansammlung bildet.
Ab Samstagmorgen wird es dann wirklich ernst. Die eigentliche Strecke, die die Fahrer nehmen werden, wird ab 7:00 Uhr morgens gesperrt. Und ab dann sei das Betreten des Parcours strikt untersagt, warnt Polizeisprecherin Ilse Van de Keere.
Man braucht sich nur den Parcours anzuschauen, um ahnen zu können: sich in Brüssel zu bewegen, wird schwierig. "Goldener Tipp", sagt Ilse Van de Keere, "kommen Sie nicht mit dem Auto nach Brüssel, sondern entscheiden sie sich für die öffentlichen Verkehrsmittel". Die Brüsseler Nahverkehrsgesellschaft Stib und auch die SNCB haben im Übrigen Sonderfahrpläne vorgesehen und auch Vorteilstarife.
Und dann kann's losgehen. Zwei Tage Tour de France hautnah. Und Eddy Merckx wird quasi allgegenwärtig sein. Fans haben eine Reihe von Installationen vorbereitet zu Ehren der Radsportlegende, die aus der Luft zu sehen sein werden. Zum Beispiel wird in Woluwé-Saint-Pierre ein riesiges Banner ausgebreitet, auf dem örtlichen Hockey-Feld ein riesiges Bild von Eddy Merckx, das Anspielungen enthält auf anscheinend alle seine 525 Siege. Woluwé-Saint-Pierre, dort ist Eddy nämlich aufgewachsen. "Hier hat er Radfahren gelernt", sagt Jourik Ghysels, der in der Gemeindeverwaltung für Sport zuständig ist. "Hier im Park hat er seine ersten Trainingsrunden gedreht. Das ist seine Gemeinde."
Woluwé, ganz Brüssel eigentlich, hat seinen großen Sohn nicht vergessen. Und es gibt wohl keine passendere Hommage als ein zweitägiges Gastspiel des schönsten Radrennens der Welt.
Roger Pint