Schon seit Wochen wirft die Tour de France im Stadtzentrum von Brüssel ihre Schatten voraus. Vieles ist in gelb gehalten, die Farbe des größten Radsportrennens der Welt.
Nach 1958 wird die Tour de France das zweite Mal in ihrer Geschichte von Brüssel aus starten. Dieses Mal, um die belgische Radsport-Legende Eddy Merckx zu feiern, der am Donnerstag vor genau 50 Jahren seine allererste Etappe auf einer Tour de France gewonnen hatte.
Dieses Jahr werden an diesem Tag die Mannschaften der diesjährigen Tour im Brüsseler Stadtzentrum vorgestellt. Ein erstes Ereignis, durch das der Verkehr in der Hauptstadt gestört wird. Dabei sind die größten Behinderungen erst am Wochenende zu befürchten. "Am Donnerstag wird es nur im Kernbereich der Stadt, innerhalb des kleinen Rings, zu Verkehrsbehinderungen kommen", erklärt Camille Thiry, Sprecherin von Bruxelles Mobilité.
"Am Samstag und Sonntag dagegen wird es zu größeren Verkehrsbehinderungen im ganzen Stadtbereich kommen, besonders beim Zeitfahren am Sonntag. Denn dann müssen wir auch einige Zufahrten in die Stadt von den Autobahnen A12, E40 und E411 schließen."
Auto vermeiden
Das Auto sei grundsätzlich besser zu vermeiden an den Tagen der Tour, sprich am Donnerstag und am ganzen Wochenende. Für Ersatz ist gesorgt: Die SNCB will zusätzliche Züge mit insgesamt rund 80.000 zusätzlichen Sitzplätzen einsetzen. Der öffentliche Nahverkehr in Brüssel wird kostenlos sein. Die Brüsseler Nahverkehrsgesellschaft Stib hat ihre Smartphone-Applikation extra auf das Großereignis eingestellt.
Die App zu konsultieren, bevor man sich am Wochenende in Brüssel von A nach B begeben will, ist ein dringender Rat von Stib-Sprecherin Françoise Ledune. "Selbst für einen Weg, den man zu kennen glaubt, sollte man vorher auf die Applikation schauen, denn es wird zu Verkehrsumleitungen kommen, wenn die Radprofis unterwegs sind", rät sie. "Die Applikation ist darauf eingestellt und wird aktuell immer den verfügbaren Weg anzeigen."
Am besten sei es, sich am Tour-Wochenende in Brüssel mit der U-Bahn fortzubewegen, "denn die U-Bahn fährt unter der Erde und wird durch die Tour de France nicht behindert. Wir werden sogar zusätzliche Fahrzeuge einsetzen", sagt die Stib-Sprecherin.
Tour als Werbekampagne
Die Verkehrsbehinderungen werden sicher nicht allen Bewohner und auch Besuchern schmecken. Doch das ist der Preis, den die Stadt und die Hauptstadtregion gerne bereit sind zu zahlen, um den Start der Tour de France ausrichten zu können. Denn das bedeutet viel Geld und viel Werbung für die Stadt, wie Patrick Bontinck, Leiter des Brüsseler Tourismusbüros "Visit Brussels" gegenüber der RTBF erklärt.
"Für Brüssel bedeutet die Tour nicht nur viele Menschen und damit viele Einnahmen, sondern auch eine große Werbekampagne, deren Auswirkungen erst mit der Zeit spürbar werden", sagt Bontinck. "Studien haben gezeigt, dass eine Tour de France soviel Wert ist, wie eine Werbekampagne, die zwischen drei und vier Millionen Euro kostet. Daher gibt es zwei Effekte: zum einen die direkten Einnahmen, zum anderen die Einnahmen aus der indirekten Werbekampagne."
Die rund elf Millionen Euro, die von Stadt, Region und föderaler Ebene für die Tour ausgegeben werden, würden sich um ein Vielfaches rechnen. "Man sagt, jeder investierte Euro in die Tour zahle sich um ein Vierfaches aus", wird Brüssels Bürgermeister Philippe Close am Dienstag von der Zeitung "L'Echo" zitiert. Zwar will Close dieser Rechnung nicht unbedingt glauben. Aber die niederländische Stadt Utrecht, die 2015 den Tour-Start organisiert hatte, konnte am Ende ein Plus von 34 Millionen Euro verbuchen.
Bis zu einer Million Besucher
Bis zu einer Million Besucher sollen in Brüssel für ähnliche Gewinne sorgen. Das Hotelgewerbe rechnet mit ausgebuchten Häusern. Der Chef des Brüsseler Hotelverbands BHA, Rodolphe Van Weyenbergh, sagt: "Natürlich hoffen wir, dass die Hotels ausgebucht sein werden. Das ist bislang noch nicht der Fall, es sind noch Zimmer frei. Aber wir erwarten, dass auf den letzten Drücker noch einige Reservierungen kommen. Das ist oft der Fall, wenn ein kostenloses Großereignis stattfindet."
Brüssel wird am Donnerstag Schauplatz der Mannschaftsvorstellung sein, am Samstag Start- und Zielort der ersten Etappe und am Sonntag die Strecke für das erste Zeitfahren liefern, bevor am Montag dann der Tour-Tross von Binche aus Belgien in Richtung Frankreich verlassen wird.
Kay Wagner