In der Kontroverse geht es um die Präsenz eines Abgeordneten des Vlaams Belang an der Seite des vorläufigen Parlamentspräsidenten. Das Regelwerk der Kammer schreibt nämlich vor, dass die erste Sitzung der Kammer nach den Wahlen von einem Übergangspräsidenten geleitet wird. Das ist in der Regel der dienstälteste Abgeordnete in der Kammer. Am Donnerstag wird das Patrick Dewael von der OpenVLD sein.
Dieser vorläufige Präsident der Kammer hat zwei Assistenten - und das sind traditionell die beiden jüngsten Abgeordneten in der Kammer: zum einen Mélissa Hanus von der PS, 26 Jahre jung, zum anderen der gleichaltrige Dries Van Langenhove vom Vlaams Belang.
Und genau dieser Dries Van Langenhove stellt das Problem dar. Denn erstens gehört er einer Partei an, die gerade für die französischsprachigen Abgeordneten ein rotes Tuch ist. Und dann ist Van Langenhove auch noch der Gründer der umstrittenen, rechtsextremen Jugendbewegung "Schield & Vrienden". Für seine Aktivitäten bei dieser Gruppe ist er gerade am Montag erst von einem Untersuchungsrichter in Gent wegen Rassismus, Negationismus und illegalem Waffenbesitz offiziell beschuldigt worden. Van Langenhove droht also ein Gerichtsverfahren.
Einige Abgeordnete finden es einfach falsch, dass dieser Dries Van Langenhove bei der Vereidigung einen so repräsentativen Platz als Assistent an der Seite des Präsidenten einnehmen kann. Sie stellen diese Rolle von Van Langenhove in Frage.
Abgeordnete mehrerer Parteien fordern, dass Dries Van Langenhove nicht der Assistent von Dewael sein soll. Das haben sowohl Abgeordnete von Ecolo als auch der PS und der MR gefordert. Der MR-Fraktionsführer David Clarinval hat den juristischen Dienst der Kammer sogar dazu aufgefordert, nach Möglichkeiten zu suchen, um die Präsenz von Van Langenhove zu verhindern. PS-Fraktionschef Ahmed Laaouej forderte Patrick De Waele unterdessen auf, die Rolle der beiden jüngsten Abgeordneten bei der Zeremonie am Donnerstag auf ein Minimum zu beschränken.
Er selbst will übrigens nicht aus freien Stücken auf seine Rolle als Assistent verzichten: Das Volk habe seine Vertreter gewählt, sagt er, und das Volk habe halt auch ihn gewählt. Er habe das Recht, am Donnerstag neben dem Präsidenten zu sitzen, und das wolle er dann auch tun.
Seine vorgesehene Assistenten-Kollegin, die PS-Abgeordnete Mélissa Hanus, hat für diesen Fall schon angekündigt, dass sie dann nicht als Assistentin zur Verfügung stehen werde. Zusammen mit einem Abgeordneten des Vlaams Belang wolle sie diese Funktion nicht wahrnehmen.
Und die Ecolo-Co-Vorsitzende Zakia Khattabi hat bereits am Dienstag angekündigt, dass sie vor einem Mitglied des Vlaams Belang ihren Eid nicht ablegen werde. Sie würde - so ihre Drohung - das am Donnerstag nicht machen, sondern eventuell den Eid dann bei der nächsten Kammersitzung nächste Woche einfach nachholen, wenn das neue Präsidium der Kammer gewählt worden ist.
Ob das auch noch andere Abgeordnete außer Khattabi so machen wollen, ist zurzeit nicht bekannt. Khattabi hat auch betont, in ihrem eigenen Namen zu sprechen, und nicht für die ganze Partei.
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