Vize-Premier und Wirtschaftsminister Kris Peeters ist es zu verdanken, dass das neue Jahr für die Föderalpolitik mit einer medienwirksamen Duftmarke beginnt. Und das nicht zum Wohle der Regierung, sondern von Peeters Partei, der CD&V.
Die flämischen Christdemokraten hatten nämlich schon lange versprochen, den Anteilhabern der flämischen Kooperative Arco eine Entschädigung für die Verluste zu bezahlen, die diese Anteilhaber durch die Pleite der Dexia-Bank im Zuge der Bankenkrise hinnehmen mussten.
Das schier endlose Bemühen der CD&V darum hatte Anfang Dezember wieder Wind in die Segel bekommen. Der Europäische Gerichtshof hatte vor genau einem Monat entschieden, dass eine Entschädigung der Arco-Anteilhaber durchaus rechtens sei.
Das Geld für die Entschädigung sollte aus dem Börsengang der Bank Belfius kommen, die Nachfolgebank von Dexia. Belfius befindet sich immer noch zu 100 Prozent in der Hand des Staates. 30 Prozent sollten jedoch unter der aktuellen Regierung tatsächlich an die Börse gebracht werden. Ein erster Versuch im Herbst verstrich ungenutzt. Dann kam die Regierungskrise.
Jetzt sorgte Peeters am Sonntag im VRT-Fernsehen für Aufsehen, indem er aus heiterem Himmel das Thema Börsengang von Beflius wieder auf die Tagesordnung brachte. Gefragt nach den Dingen, die er als Minister gerne bis zu den Wahlen noch erledigt haben wollte, sagte er: "Ich würde gerne noch Belfius an die Börse bringen. Ich kann mir vorstellen, dass das im April gut klappen könnte."
Peeters begründete auch, weshalb er das machen will: Alle Bedenken gegen eine Entschädigung der Arco-Teilhaber seien jetzt vom Tisch. Der Europäische Gerichtshof habe klar gesagt, dass so eine Entschädigung möglich sei. Also wolle er dies auch verwirklichen. "Ich werde bis zum letzten Tag dafür kämpfen, um den Arco-Teilhabern eine Lösung zu bieten", sagte Peeters.
Bei den Koalitionspartnern der CD&V kommt die Idee nicht gut an. Und das aus Gründen, die gar nichts mit der Entschädigung der Arco-Anteilhaber zu tun haben. Zumindest vordergründig nicht. Vielmehr führten sowohl Außenminister Didier Reynders als auch Finanzminister Alexander De Croo am Montag die ungünstige Situation an der Börse an. Vize-Premier De Croo von der OpenVLD sagte: "Wenn ich mir heute die Börse anschaue, dann bedeutet das, dass wir zwei Milliarden Euro verlieren würden. Ein Börsengang zum jetzigen Zeitpunkt wäre dann doch ziemlich abenteuerlich. Ich glaube auch nicht, dass eine geschäftsführende Regierung solche Dinge machen sollte. Zumindest nicht beim jetzigen Stand der Börsen."
Gleicher Ton beim MR-Politiker Didier Reynders. "Der Bel20-Index ist zurzeit so niedrig, dass ich keine Möglichkeit für einen Börsengang sehe. Wegen der finanziellen Lage. Deshalb scheint es mir sehr schwierig, einen Teil von Belfius jetzt an die Börse zu bringen.", sagte Reynders im VRT-Radio.
Erste Knatsch unter Regierungsparteien
Da wäre der erste Knatsch unter den Regierungsparteien im neuen Jahr. Dass er sich zu einer ernstzunehmenden Krise weiterentwickelt, dürfte unwahrscheinlich sein. Vielmehr wird es Peeters vor allem darum gegangen sein, den Arco-Teilhabern, die größtenteils zur Stammwählerschaft der CD&V zählen, nochmal deutlich gemacht zu haben: "Ich und meine Partei haben uns bis zum Schluss für euch eingesetzt. Gescheitert ist alles an den anderen Parteien." Wahlkampfgetöse also schon gleich zu Beginn des Jahres.
Ob nebenher auch noch regiert werden wird in den nächsten Monaten, bleibt abzuwarten. Zumindest De Croo und Reynders sehen dazu Möglichkeiten. Allerding durchaus unterschiedliche. De Croo glaubt oder vielmehr: hegt die Hoffnung, dass die N-VA Regierungsprojekte auch von der Oppositionsbank mittragen wird. De Croo sagte: "Unter den Regierungsparteien haben wir uns auf ein Programm geeinigt. Das Programm haben alle vier Parteien gutgeheißen, die in der Regierung waren. Dazu zählte auch die N-VA. Jetzt hat die N-VA die Regierung verlassen. Aber in meinen Augen ist immer noch das gültig, worauf wir uns als Regierungsparteien gemeinsam geeinigt haben."
Reynders dagegen lässt die N-VA außen vor. Er sagte bei der RTBF: "Wir müssen schauen, wie wir mit den drei Parteien der Mehrheit, die jetzt ja eine Minderheit ist, es schaffen können, eine Debatte im Parlament herbeizuführen. Da wird ein Gleichgewicht zu finden sein zwischen der Regierung und den politischen Gruppierungen, die uns dabei unterstützen wollen, Arbeitsplätze zu schaffen, gegen den Klimawandel zu kämpfen, oder die Kaufkraft zu verteidigen."
Was bei all dem rauskommt, werden die nächsten Wochen zeigen. Im Sinne der Bürger - aber auch im Sinne der Parteien - kann es nur sein, wenn es tatsächlich mehr als reines Wahlkampfgetöse wäre.
Kay Wagner