Theo, Theo - Der ganze Saal skandierte am Samstagabend in Mechelen, beim Neujahrsempfang der N-VA, den Namen des Asylstaatssekretärs. Wenige Stunden zuvor hörte man in den Straßen von Brüssel ganz andere Sprechchöre: Theo buiten.
Über Theo Francken ist in den letzten Tagen ziemlich viel geredet worden. Für die einen ist er quasi der Leibhaftige in Person. Sie werfen ihm vor, bei der Abschiebung von sudanesischen Flüchtlingen in ihre Heimat die Menschenrechte missachtet zu haben. Andere hingegen schätzen ihn als "Aufräumer" - wie er sich selbst auch gerne sieht.
In Mechelen jedenfalls wurde Francken wie ein Rockstar empfangen: Die Fans standen Schlange für ein Selfie. Volle Rückendeckung gab es auch von Parteichef Bart De Wever. Der Asylstaatssekretär habe einiges ertragen müssen. Aber: Zum Glück sei er ein toller Kerl und zudem Mitglied einer starken Partei. "Mach weiter so, Theo", rief De Wever den 5.000 jubelnden Parteimitgliedern zu. Übrigens sei die N-VA-Familie im Zuge der Francken-Polemik noch etwas größer geworden, fügte De Wever hinzu. Seit Beginn des Jahres seien 600 neue Parteimitglieder hinzugekommen.
Nun muss man sagen: Wenn auch die Person Theo Francken und vor allem sein Kommunikationsstil auch innerhalb der Mehrheit für Verstimmung gesorgt haben, so stehen die Partner doch demonstrativ hinter der Asylpolitik. "Streng und human, und das unterschreiben wir", sagte etwa MR-Chef Olivier Chastel.
CD&V
"Inhaltlich stehen wir hinter der Asylpolitik dieser Regierung", sagte auch CD&V-Chef Wouter Beke. Er wiederholte den Slogan, der wie ein Mantra klingt: "Streng und menschlich". Doch schränkte Beke ein: "Es geht uns auch um die Frage, wie die Botschaft rübergebracht wird. Und da haben wir doch einen anderen Stil als andere."
Wer damit gemeint ist, das weiß natürlich jeder. Die Zeitung De Morgen witzelt am Montag denn auch, dass der Ehrengast auf allen drei Neujahrsempfängen eigentlich Voldemort war - der Bösewicht aus der Harry-Potter-Serie. Im Buch heißt er manchmal nur: "Er, dessen Name nicht genannt werden darf".
CD&V-Chef Wouter Beke etwa distanzierte sich ganz klar von der N-VA, ohne die Partei auch nur einmal zu nennen. "Wir haben unseren eigenen Stil", sagte Beke - eine bedachte und vernünftige Kommunikation. Und er sei davon überzeugt, dass es in Flandern viele Menschen gebe, die das zu schätzen wissen, die diese polarisierende und brutale Sprache nicht hören wollen.
MR
Auch Premier Charles Michel sprach durch die Blume. Er habe zwei Lektionen gelernt: Erstens: eine Partei kann noch so poltern, sie kann nicht ohne Partner. Und zweitens: Führungsqualität, das bedeutet, einen klaren Kopf zu behalten, auch dann, wenn andere den Kopf verlieren.
Die Botschaft lautete wohl: "Liebe N-VA, so viele potentielle Partner gibt es nicht auf frankophoner Seite. Also verscherzt es euch nicht mit uns." Diese Botschaft scheint angekommen zu sein. Die letzten Wochen waren nicht so toll, räumte N-VA-Chef Bart De Wever selbstkritisch ein. Wegen der Streitigkeiten unter den flämischen Koalitionspartner entstehe da manchmal der Eindruck, als wäre Charles Michel ein schwacher Premier. Das sei aber nicht so.
So etwas gelte es in Zukunft zu vermeiden, sagte Bart De Wever. Denn, und da sind sich die drei Parteien einig: "Wir wollen doch weitermachen!" Deswegen fasse er denn auch einen guten Vorsatz für 2018, sagte De Wever: "Wir müssen alle etwas bedachter sein." Das gelte auch für ihn.
Roger Pint