Mit viel Spannung wurde das Treffen zwischen CDH-Präsident Benoît Lutgen und MR-Präsident Olivier Chastel am Mittwoch in Brüssel erwartet. Die MR gilt als der Partner, mit der sich die CDH am einfachsten über eine Zusammenarbeit einigen könnte und den sie auch am nötigsten hätte. Zusammen mit der MR könnte die CDH in der Wallonie in der Regierung bleiben. In Brüssel und der Französischen Gemeinschaft könnte ein Block CDH-MR schon mal eine gute Basis sein. Weitere Partner müssten her, um eine Regierungsmehrheit zu bilden.
Aber zunächst muss natürlich gemeinsamer Boden gefunden werden. Und das ist noch lange nicht der Fall. Vor dem Treffen mit Lutgen sagte Chastel in der RTBF: "Das ist ein erstes Treffen, ein Treffen, wie es noch andere gibt. Wir sind in einer ersten Sondierungsphase noch vor möglichen eventuellen Verhandlungen. Für uns ist es wichtig, den Willen zum Wechsel einschätzen zu können, also zu erkennen, wie die Herausforderungen auf den verschiedenen Ebenen angegangen werden können.
Nach dem Treffen mit Lutgen hörte sich Chastel nicht klarer an. Da sagte er: "Lassen Sie mir und meiner Partei Zeit, um mit Sorgfalt zu verstehen, was passiert ist. Man hat mir das gerade ein bisschen erklärt. Zeit auch, um das zu analysieren und zu verstehen, unter welchen Bedingungen man uns bitten möchte, an neuen Verhandlungen teilzunehmen."
Chastels Benoît Lutgen, reagierte nicht anders. Bedacht, Chastel zu nichts zu drängen, äußerte auch er sich öffentlich äußerst zurückhaltend. Er sagte: "Ich möchte mich zunächst bei Olivier Chastel, dem MR Präsidenten, dafür bedanken, dass er meine Einladung angenommen hat. Das ist eine Einladung zum Dialog. Respekt und sich gegenseitig zuhören, das ist wichtig im Leben und in der Politik."
Die RTBF wertete den zweiten Teil der Äußerung als klaren Hieb gegen den Präsidenten von Défi, Olivier Maingain. Der hat die Einladung der CDH bislang abgewiesen, will erst über mögliche politische Partnerschaften verhandeln, wenn alle vorbelasteten Personen aus den anderen Parteien zurückgetreten sind. Bei der CDH stört sich Maingain vor allem an der Personalie Joëlle Milquet.
Dass Maingain sich nicht vereinnahmen lassen will, und das von keinem, machte seine Reaktion auf PS-Äußerungen klar. Der PS-Ministerpräsident der Region Brüssel, Rudi Vervoort, hatte gegenüber der Zeitung "Le Soir" gesagt, dass in Brüssel eine Koalition zwischen PS, Défi und Ecolo durchaus möglich sei. Der Coup der CDH würde dann zumindest in Brüssel ins Leere laufen.
Bei RTL wies Maingain am Donnerstagvormittag solche Spekulationen zurück. Von einer Verständigung mit der PS in Brüssel könne man nicht sprechen. Auch für die PS gelte: Erst, wenn die PS reinen Tisch mit der Vergangenheit gemacht hätte, könnte Défi mit der PS über eine Zusammenarbeit sprechen.
Auch die Grünen von Ecolo wiesen die Äußerungen von Vervoort zurück, nahmen die Einladung von Lutgen zu Gesprächen allerdings an. Dabei soll aber nicht die CDH die Agenda setzen, sondern will Ecolo das selbst machen. Worum es da geht, rief Ecolo Co-Präsidentin Zakia Khattabi vor den Gesprächen nochmal in Erinnerung. "Von Anfang an", so Khattabi, "haben wir gesagt, dass wir Reformen auf den Tisch legen werden, mit denen wir in eine neue Welt eintreten können, in der die Skandale, die wir alle kennen, nicht mehr passieren können."
Dafür hatte Ecolo am Mittwoch einen Forderungskatalog veröffentlicht. Ganz oben auf der Liste: Das Ende der Ämterhäufung. Diese Forderung bleibt bei der CDH umstritten. Khattabi sieht dennoch Chancen für einen Dialog darüber. Sie sagt: "Monsieur Lutgen hat uns ja gesagt: Der Grund, warum er aus den Koalitionen mit der PS ausgetreten ist, waren Fragen der Ethik und des Politikstils. Ich glaube, dass jetzt eine noch nie da gewesene Möglichkeit besteht, um Fortschritte in diesem Bereich zu erzielen. Besonders mit der CDH."
Kay Wagner - Bild: Bruno Fahy/BELGA