"Ein katastrophaler Bericht für die Glaubwürdigkeit der Atomaufsichtsbehörde", titelt Le Soir. "Unabhängigkeit der FANK wird in Frage gestellt", so die Schlagzeile von De Standaard.
Den beiden Zeitungen liegt ein interner Prüfbericht zur Föderalen Agentur für Nuklearkontrolle vor. Das Audit fällt besonders kritisch aus: Es ist von einem schlechten Arbeitsklima die Rede, von Grabenkämpfen an der Spitze der Behörde und von externer Beeinflussung. Wörtlich heißt es in dem 70-seitigen Dokument: "Es herrscht der Eindruck, dass die Unabhängigkeit der Agentur gegenüber Politik und Wirtschaft nach und nach abnimmt". Die Unternehmensprüfer haben lange Gespräche mit insgesamt 30 FANK-Mitarbeitern geführt. Die Blätter halten fest: In dem Bericht wird ein besonders düsteres Bild der FANK gezeichnet. Die Fachkenntnis der Nuklear-Experten wird glücklicherweise nicht in Zweifel gezogen. Einige Mitarbeiter glauben aber, dass die FANK-Leitung unter enormem Druck steht. Sie stellen sich sogar die Frage, ob der Chef der Behörde alle Bemerkungen der eigenen Experten berücksichtigt oder möglicherweise so sehr von außen beeinflusst wird, dass er gewisse Kompromisse eingeht.
"Deutschland wird aus Angst Mauer zu Belgien hochziehen"
Le Soir meint: In der Bundesrepublik gab es bereits große Zweifel an den Entscheidungen der belgischen Atomaufsicht, nach der Lektüre des Prüfberichts zur FANK werden die Deutschen wohl eine Mauer an der Grenze zu Belgien hochziehen. Die Föderalregierung hat sich in der Vergangenheit in puncto Reaktorsicherheit immer auf die FANK berufen. Nicht die Politik treffe die technischen Entscheidungen, sondern die unabhängige Atomaufsicht. Doch genau an der Unabhängigkeit dieser Behörde gibt es jetzt erhebliche Zweifel, so die Zeitung. Die Grünen fordern dringend Erklärungen. Es müssten neue und umfassende Tests zur Sicherheit von Doel 3 und Tihange 2 gemacht werden, so Ecolo-Sprecher Jean-Marc Nollet in Le Soir.
De Standaard fügt hinzu: Während der deutsche Botschafter am Sonntag im RTBF-Fernsehen die Forderung der deutschen Regierung nach der vorübergehenden Abschaltung der beiden Problemmeiler darlegte, erklärte Jan Bens, der Chef der FANK zeitgleich im VRT-Fernsehen, alle Sicherheitsaspekte seien ausreichend geprüft worden. Sinngemäß meinte er, die Deutschen würden mit ihren Vorwürfen übertreiben. "Was müssen wir Bürger nach diesen zwei völlig unterschiedlichen Darstellungen jetzt denken", fragt sich die Zeitung. Ob wir es wollen oder nicht, wir werden uns ernsthafter als bisher mit dem Thema befassen müssen. Die heftige Kritik aus den Nachbarländern dürfen wir nicht einfach vom Tisch fegen.
Genauso sieht es L'Avenir: 30 Jahre nach Tschernobyl und fünf Jahre nach Fukushima gibt es keine absolute Sicherheit mehr. De Morgen hält fest: Wenn es um die Sicherheit von Atomkraftwerken geht, darf es nicht den geringsten Zweifel geben. Heißt auch: Die Aufsichtsbehörde muss über jeden Zweifel erhaben sein.
Erdogan, der "Sultan Europas"?
Anderes Thema in Het Nieuwsblad: Die Zeitung befasst sich mit der Festnahme einer niederländischen Journalistin in der Türkei, die sich kritisch über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geäußert hatte. Schon wieder ein solcher Vorfall, schreibt das Blatt. Durch seine Mithilfe bei der tragischen Flüchtlingskrise glaubt Erdogan inzwischen, ihm sei alles erlaubt. Er hält sich für den "Sultan Europas". Russlands Präsident Wladimir Putin ist ein aufgeklärter Despot, gegen den türkischen Präsidenten werden dieselben Vorwürfe erhoben, doch ihn hat die EU in der Flüchtlingsfrage nötig. Dennoch meint die Zeitung: Das Russland von Putin stimmt nicht mit den europäischen Werten überein. Die Türkei von Erdogan aber auch nicht.
Het Laatste Nieuws geht sogar noch einen Schritt weiter und schreibt: "Erdogan ist auf dem besten Wege, ein Diktator zu werden". Seine Türkei ist ein Land geworden, das alle Prinzipien unserer modernen und offenen Gesellschaft mit Füßen tritt. Die Europäische Union, allen voran Angela Merkel, hat es soweit kommen lassen, dass man Erdogan jetzt auch noch dankbar sein muss. Die Zeitung fordert, dass wir Europäer uns auf unsere Grundwerte zurückbesinnen: Keine Krise der Welt rechtfertigt, dass Europa sich durch den starken Mann in Ankara an der Nase herumführen lässt.
Anschläge: Verletzter Rentner läuft zur Hochform auf
La Dernière Heure macht mit der unglaublichen Geschichte eines Überlebenden der Brüsseler Anschläge auf. Georges Kin befand sich am 22. März in dem U-Bahn-Wagon, der explodiert ist - nur wenige Meter vom Selbstmordattentäter entfernt. Wie durch ein Wunder konnte der 74-Jährige sich selbst aus den Trümmern befreien. Insgesamt zwei Wochen hat er im Krankenhaus gelegen, unter anderem mit schweren Verbrennungen.
Jetzt trainiert der Rentner für seinen 37. Halbmarathon. Ende Mai will der Senior bei den "20 Kilometern von Brüssel" an den Start gehen.
Alain Kniebs - Bild: Eric Lalmand/BELGA