"Brexit: Hier sind die europäischen Zugeständnisse", titelt Le Soir. Der polnische EU-Ratspräsident Donald Tusk hat am Dienstag eine Reihe von Vorschlägen veröffentlicht, mit denen die EU Großbritannien entgegenkommen will. Hintergrund ist das Referendum, das der britische Premierminister David Cameron in seinem Land organisieren will. Dabei sollen die Bürger ja entscheiden, ob Großbritannien in der EU bleiben soll oder eben nicht. Ein Ausscheiden, das wäre ja der ominöse "Brexit". Um seine Landsleute von einem Verbleib in der EU zu überzeugen, fordert Cameron Korrekturen. Und laut dem Entwurf des EU-Ratspräsidenten würde Brüssel auf eine ganze Reihe dieser Forderungen eingehen. Unter anderem soll eine "Notbremse" eingeführt werden, die beinhaltet, dass EU-Bürger, die sich in Großbritannien ansiedeln, in einer ersten Phase keine staatlichen Sozialleistungen erhalten.
Das Fazit von Le Soir: "Europa macht Rückschritte, um die Briten in der EU zu halten". Und doch ist De Standaard skeptisch: "Der Brexit ist damit nicht vom Tisch", warnt das Blatt auf Seite eins. Den Briten könnten all diese Korrekturen nämlich immer noch nicht weit genug gehen. Und da gibt es noch ein anderes Problem: Die übrigen Länder müssen dem Vorschlag auch erst noch zustimmen.
EU tanzt nach britischer Pfeife
Für Le Soir jedenfalls geht der Tusk-Entwurf schon jetzt entschieden zu weit. Hier wird nämlich ein entscheidender Artikel der EU-Verträge entkräftet: Ausdrücklich heißt es, dass die politische Integration nicht mehr das Ziel der Europäischen Union ist, sondern nur noch eine "Möglichkeit". Die Briten rücken damit ihrem Ziel einen Schritt näher, dass sich die EU lediglich auf eine "Freihandelszone" beschränkt. Und bislang überlassen die übrigen Länder die EU offensichtlich denjenigen, die ihre Zweckbestimmung verbiegen wollen, meint Le Soir.
La Libre Belgique warnt ebenfalls davor, auf die Vorschläge von Donald Tusk einzugehen. Machen wir uns nichts weiß: Die Briten werden sich nie zufrieden geben. Dass die EU Reformen braucht, um effizienter und demokratischer zu werden, das bestreitet ja niemand. Hier muss man aber nicht gleich London nach der Pfeife tanzen. Statt Haare in vier zu spalten, in der Hoffnung, einem Land zu gefallen, das ohnehin nie den europäischen Gedanken geteilt hat, sollte man sich lieber den wirklichen Problemen zuwenden.
Cameron spielt mit dem Feuer, meint auch De Standaard. Selbst wenn der britische Premier den Vorschlag alleine geschrieben hätte, hätten seine politischen Gegner den Entwurf wohl noch als "unzureichend" abgeschmettert. Durch das anstehende Referendum werden die anti-europäischen Tendenzen in Großbritannien nur noch weiter angeheizt. Und das müde, geschwächte und verzweifelte Europa hat keine andere Wahl, als den Ausgang des Votums abzuwarten.
Europa ist von seinen Ängsten wie gelähmt, so denn auch das Fazit von L'Écho. Die Union ist tief gespalten - Wirtschaftskrise, Terrorismus, Flüchtlingskrise: Immer wieder suchen die Staaten ihr Heil in nationalen Lösungen, geben den populistischen Sirenengesängen nach. All das schwächt die europäische Union im Vergleich zu anderen Großmächten, insbesondere mit Blick auf den Erhalt des europäischen Wohlstands für die Zukunft.
Von Streunerkatzen und Flüchtlingen
"Asylbewerber bitte nicht zulange unterbringen", schreibt De Morgen auf Seite eins. Diese Empfehlung kommt vom flämischen Tourismusamt und richtet sich insbesondere an Tourismuseinrichtungen an der Küste, die zu Flüchtlingsheimen umfunktioniert wurden. Sollte dieser Zustand zu lange andauern, dann könnten diese Urlaubsinfrastrukturen ihre Zulassung verlieren, so die Befürchtung. Der Appell erinnert an die Aussagen des westflämischen Provinzgouverneurs, Carl Decaluwé, der zitiert wurde mit den Worten: "Flüchtlinge bitte nicht füttern".
Het Laatste Nieuws bringt heute eine Reportage und hat sich umgesehen bei "den Flüchtlingen, die kein Essen mehr bekommen sollen". Fakt ist: Viele freiwillige Helfer, die sich um Flüchtlinge kümmern, halten sich nicht an die Empfehlungen des Provinzgouverneurs. "Es sind Menschen, keine Streunerkatzen", wettert einer von ihnen in Het Laatste Nieuws.
Das Blatt greift den Begriff auch in seinem Leitartikel auf. Wir tun in diesen Tagen mehr für Straßenköter und Streunerkatzen als für Flüchtlinge, stellt das Blatt fest. Asylbewerber werden in der Wahrnehmung der Menschen mehr und mehr zur Bedrohung. Die Aussagen und Ideen vieler Politiker sind zunehmend von rechtem Gedankengut geprägt. Nur seien wir mal ehrlich: Die Politiker sprechen eigentlich nur das aus, was viele von uns denken, sie reden uns nach dem Mund. Wir sind offensichtlich nur solange großzügig, bis das Problem an unserer Haustüre anklopft. Die Angst vor dem Fremden scheint irgendwie biologisch verwurzelt zu sein und unser Verstand kann offensichtlich leider nichts dagegen machen.
De Morgen wirkt da etwas verständnisvoller: Die teilweise unglücklichen Aussagen sind im Endeffekt nur Ausdruck der tiefen Ratlosigkeit. Niemand weiß, wie man dieses Problems Herr werden kann. Vielleicht sollte man schon mit den Fluchtursachen anfangen: Die internationale Staatsgemeinschaft tut immer noch zu wenig, um den Krieg in Syrien zu beenden.
Anti-Establishment in Iowa
Viele Zeitungen beschäftigen sich auch mit dem Ausgang der ersten Kandidatenkür in den USA. Im US-Bundesstaat Iowa mussten die Favoriten bei den Republikanern und bei den Demokraten Rückschläge einstecken: Donald Trump wurde nur "zweiter". Und Hillary Clinton gewann nur haarscharf gegen den bislang als krassen Außenseiter zählenden Bernie Sanders.
Für Het Nieuwsblad gibt es auch nur ein Fazit: In beiden Parteien gilt das Motto "Anti-Establishment". Für den mächtigsten Job der Welt kommt offensichtlich nur jemand in Frage, der bislang weit von der "Macht" entfernt war.
Für La Dernière Heure sind in Iowa die Gewinner vor allem der Populismus und die Demagogie. Insofern kann man nur hoffen, dass die Vorwahlen in dem kleinen Bundesstaat keine Signalwirkung haben.
Euthanasie im Zwielicht
"Euthanasie wieder im Zwielicht", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins. Eine Frau hat kürzlich Sterbehilfe beantragt und dann auch erhalten. Ihre beiden Schwestern glauben aber, dass da nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Die Frau litt an "psychischen" Schmerzen, weil sie das Ende ihrer Beziehung nicht verkraften konnte. Weil das nicht reicht für Euthanasie, wurde urplötzlich bei der Frau "Autismus" diagnostiziert. "Auch das reicht nicht, um Sterbehilfe zu beantragen", geben aber die beiden Schwestern zu bedenken. Der Fall soll jetzt untersucht werden.
"Noch nie so viel geblasen, noch nie so wenig getrunken", titelt Het Laatste Nieuws und das ist natürlich das Fazit der letzten BOB-Kampagne. 400.000 Verkehrsteilnehmer wurden kontrolliert, nur 2,5 Prozent hatten zu viel getrunken.
Roger Pint - Bild: Emmanuel Dunand/AFP