"Haushaltsverhandlungen bleiben blockiert", titelt La Libre Belgique. "Tief in der Sackgasse", heißt es im Aufmacher von Het Laatste Nieuws. "Regierungskrise lauert um die Ecke", notiert Het Belang van Limburg auf Seite eins. Das Kernkabinett um Premierminister Bart De Wever hat gestern erneut keine Einigung bei den Verhandlungen um einen Föderalhaushalt erzielt.
Dazu kommentiert Gazet van Antwerpen: Bart De Wever verharrt hartnäckig auf seinem Standpunkt, dass er Premier geworden ist, um das Land zu sanieren. Das ist auch vollkommen richtig. Jedem, der einen Blick auf die Haushaltslage in Belgien wirft, wird das schnell klar. Die Rezepte zum Sanieren liegen auch auf dem Tisch. Es wäre sinnvoll, die Mehrwertsteuer zu reformieren und Managern die Möglichkeit zu nehmen, durch letztlich unsinnige Unternehmenskonstruktionen Steuern zu sparen. Aber gerade bei diesen Punkten blockiert die MR, bei anderen Punkten stellen sich andere Koalitionspartner quer. Aber anscheinend haben viele unserer führenden Politiker den Ernst der Lage noch nicht erkannt, ärgert sich Gazet van Antwerpen.
Die Nerven liegen blank
De Standaard beobachtet: Vooruit als einziger linker Partner der Regierungskoalition ist bei den aktuellen Verhandlungen nicht der größte Störfaktor, sondern die MR. Hier spielt die Profilierungssucht einzelner Politiker eine Rolle. Die wird höher gehängt als das Allgemeinwohl. Darunter leidet die gesamte Regierung. Der Wähler hat im vergangenen Jahr mehrheitlich politische Parteien gewählt, um entschlossenes Handeln zu ermöglichen. Das hat damals das Land vor einer größeren Krise und vor rechtsextremen Abenteuern gerettet. Die Regierung ist gerade drauf und dran, dieses Vertrauen zu verspielen, bedauert De Standaard.
Het Nieuwsblad behauptet: Die Stimmung in der Regierung war nie wirklich gut, aber jetzt sieht es so aus, als ob die Atmosphäre langsam ins Feindliche kippt. Die Nerven scheinen blank zu liegen. Jeder beharrt auf seinen Positionen und will keine Zugeständnisse machen. Deshalb wäre es gut, wenn jetzt irgendjemand mal das Wort "Regierungskrise" in den Mund nehmen würde. Das hat nämlich öfters schon mal für einen Elektroschock gesorgt. Den braucht die Arizona-Koalition, um nicht in einen Stellungskrieg zu verfallen, bei dem es am Ende keine Sieger geben wird, warnt Het Nieuwsblad.
Drohungen werden nicht umgesetzt
De Morgen stellt fest: Der heutige EU-Gipfel in Brüssel könnte eine neue Hiobsbotschaft für Bart De Wever und seinen Haushalt bringen. Denn heute könnten die EU-Chefs beschließen, die 140 Milliarden Euro russischen Vermögens, das bei dem Finanzdienstleister Euroclear in Brüssel liegt, für Militärhilfe an die Ukraine zu verwenden. Eine Hiobsbotschaft wäre das für De Wever deshalb, weil Belgien als Sitz von Euroclear des Diebstahls bezichtigt werden könnte. Das Geld gehört ja eigentlich Russland – juristisch wäre Belgien bei späteren Klagen erstes Ziel. Außerdem fließen jährlich Steuern von diesen Milliarden in den föderalen Haushalt. Dieses Geld würde künftig fehlen. De Wever und Co. müssten noch mehr Geld sparen, prophezeit De Morgen.
La Libre Belgique beschäftigt sich mit den Versuchen von US-Präsident Donald Trump, den Krieg in der Ukraine zu beenden und bemerkt: Zehn Monate bemüht sich Trump bereits, seinen russischen Amtskollegen Putin zum Ende des Kriegs zu bewegen – alles ohne Erfolg. Das liegt vor allem daran, dass Trump seine Drohungen gegenüber Russland nie in Taten umsetzt. Immer wieder hat sich deshalb Putin gesprächsbereit gezeigt, aber letztlich immer weiter gemacht wie zuvor. Die Frage ist, wie Trump auf die erneute Absage eines Friedensgesprächs jetzt reagiert. Das Risiko besteht, dass Trump das Interesse an dem Krieg in der Ukraine verliert oder sich sogar auf die Seite des Aggressors schlägt. Beides wären für Europa schlechte Entwicklungen, befürchtet La Libre Belgique.
Lieber die Monarchie als die eigene Geschichte?
De Tijd berichtet: Der deutsche Chemieriese BASF will in seinem Werk in Antwerpen 600 Stellen streichen. Das ist eine schlechte Nachricht nicht nur für Antwerpen selbst, sondern auch für das ganze Land. Überraschend ist sie allerdings nicht. Hohe Energiepreise, schlechte Wirtschaftslage und zu viel Bürokratie machen es Unternehmen wie BASF seit Jahren schwer. Gerade in Sachen Bürokratieabbau tut sich zwar etwas, auch Seitens der EU, aber alles sollte schneller gehen, fordert De Tijd.
Das GrenzEcho bemerkt: Der heutige 23. Oktober ist für die Deutschsprachige Gemeinschaft ein bedeutsamer Tag. 1973 nahm an diesem Tag der Rat der deutschen Kulturgemeinschaft seine Arbeit auf, 1991 wurde der deutsche Verfassungstext den anderen gleichgestellt. Ein doppeltes Jubiläum, das die politische wie kulturelle Eigenständigkeit der DG auf den Punkt bringt. Und trotzdem ist der 23. Oktober bis heute nicht ihr offizieller Feiertag. Es bleibt beim 15. November. Dieser "Tag des Königs" wurde gewählt, weil man als Minderheit lieber die Nähe zur Monarchie suchte, statt die eigene Geschichte in den Mittelpunkt zu stellen. Heute allerdings unterstreichen wir doch so gerne unsere Autonomie und Selbstständigkeit, wir preisen die DG als Modellregion und als eigenständige Gemeinschaft im belgischen Föderalstaat. Der 23. Oktober als Feiertag würde zu diesem Diskurs passen. Es wäre höchste Zeit, den Mut zu haben, über diesen Tag zu sprechen, meint das GrenzEcho.
Kay Wagner