"Trump, Teil zwei", titelt De Morgen. "Trump, zweiter Akt", schreibt auch L'Avenir. "Trump II - von Tag eins an ohne Handbremse", so die Schlagzeile von De Standaard. Andere Zeitungen werden deutlicher: "Wird Donald Trump den Planeten in Brand stecken?", fragt sich etwa L'Echo. "Wie sehr müssen wir Trump 2.0 fürchten?", so die bange Frage von Het Nieuwsblad. De Tijd will sich offensichtlich doch noch überraschen lassen: "Trump - Friedenstaube oder Randalierer?", so die Schlagzeile.
Am Montag wird Donald Trump offiziell den Amtseid als amerikanischer Präsident ablegen. Er verspricht gleich zum Auftakt seiner Amtszeit eine regelrechte Salve an neuen Beschlüssen und Bestimmungen. "Gleich am ersten Tag will Trump 59 Versprechen einlösen", bemerkt Gazet van Antwerpen auf Seite eins. Le Soir ist sich sicher, dass wir vor radikalen Umbrüchen stehen. "Eine neue Welt", titelt das Blatt.
"Nicht normal"
Das Einzige, was an dieser Geschichte normal ist, das ist die Art und Weise, wie Donald Trump ins Amt gekommen ist, meint Le Soir in seinem Leitartikel: Ohne Staatsstreich, ohne die Drangsalierung von Wahlleitern, ohne Manipulation; Trump hat schlicht und einfach die Wahl gewonnen. Das war es dann aber auch.
Alles andere ist definitiv abnormal, oft geradezu haarsträubend. Angefangen damit, dass ein Mann, der persönlich dazu aufgerufen hatte, das Capitol zu stürmen, überhaupt noch für das Präsidentenamt kandidieren durfte. Ebenso wenig "normal" ist die Zusammenstellung seiner künftigen Regierung. Vor unseren Augen entsteht in den USA eine Oligarchie, in der superreiche Geschäftsmänner Schlüsselstellen besetzen. Als "normal" kann man auch nicht die Zeremonie zur Amtseinführung bezeichnen, die wie der Weltgipfel der reaktionären und rechtsextremen Internationale wirkt. Es ist denn auch normal, vor dieser zweiten Amtszeit von Donald Trump Angst zu haben.
Nicht die Ursache, sondern ein Symptom
Trump will aus den USA eine präsidentielle Diktatur machen, ist Het Nieuwsblad überzeugt. Und das Instrument, das er dabei benutzen will, das ist die Angst. Bester Beweis ist die Tatsache, dass sich Leute wie der Meta-Chef Marc Zuckerberg vor Trump regelrecht in den Staub geworfen haben. Zuckerberg hat über Nacht alle Schleusen für Fake News und Desinformation geöffnet. Dies offensichtlich, um Trump zu gefallen. Wenn am Ende alle großen Kräfte innerhalb einer Gesellschaft ihre Prinzipien über Bord werfen, um einem Führer zu schmeicheln oder ihn nicht zu verärgern, dann sind wir wirklich nicht mehr weit von einer lupenreinen Diktatur entfernt. Und doch gibt es auch in Belgien Leute, die aus ihrer Bewunderung für Trump keinen Hehl machen. Wenn sie es auch nicht zugeben wollen, so gefällt ihnen hier wohl vor allem das wenig demokratische Modell, dass Trump und seine Entourage den USA und der Welt aufs Auge drücken wollen.
Ebendiese Welt wird sich aber mit der neuen Führung in Washington irgendwie arrangieren müssen, bemerkt De Tijd. Europa sollte sich jedenfalls auf eine Lawine von Angriffen aus Washington einstellen, dies vor allem in den Bereichen Verteidigung und Handel. Die EU wird hier einen Mittelweg finden müssen: Oft genug wird man sich wohl oder übel beugen, zugleich wird Europa aber auch klare Grenzen ziehen müssen. Bei alledem darf man eins nicht vergessen: Trump ist nicht die Ursache für die zerbröselnde Weltordnung, er ist nur ein Symptom. So oder so muss sich der Alte Kontinent auf die neue Zeit einstellen.
"Neue" Welt – neue Positionierung
Wenn er denn wenigstens geschlossen bleibt, hakt L'Echo ein. Schon jetzt sind Risse in der Europäischen Union erkennbar. Rechtsextreme Politiker wie Geert Wilders in den Niederlanden, Georgia Meloni in Italien und natürlich der ungarische Ministerpräsident Victor Orban wollen sich Trump anbiedern und könnten dabei auch Alleingänge in Erwägung ziehen. Und was macht Belgien? Belgien verhandelt. Nicht mit Donald Trump, sondern mit sich selbst. Und wir stellen uns damit auf dieselbe Stufe der Schwäche wie Frankreich oder Deutschland. Seit der Wahl vom 9. Juni hat sich die Welt radikal verändert. Und Belgien hat das anscheinend noch nicht bemerkt.
De Standaard denkt da schon einen Schritt weiter. In dieser "neuen" Welt wird man sich auch neu positionieren müssen. Es reicht ein Blick nach Osten: Man muss kein Unglücksprophet sein, um zu ahnen, welchen Schaden der russische Präsident Putin in den nächsten Jahren anrichten kann. Schon jetzt befinden wir uns mitten in einem hybriden Krieg, mit Cyberangriffen und der Sabotage von kritischer Infrastruktur. Belgien gehört bei alledem zu den schwächsten Gliedern innerhalb der Verteidigungskette der Nato. Wir werden unser Verteidigungsbudget mindestens verdoppeln müssen, vielleicht sogar verdreifachen. Laut Berechnungen von Ökonomen bedeutet das konkret eine finanzielle Anstrengung von 2.500 Euro für jeden belgischen Haushalt. Es wird allerhöchste Zeit, dass wir darüber einmal eine breite Debatte führen.
Ein unerträgliches Schweigen
Innenpolitisch richten sich alle Augen aber auch auf Didier Reynders. Freitag waren neue Einzelheiten über die gegen ihn erhobenen Geldwäsche-Vorwürfe bekannt geworden. Demnach war die ING-Bank schon 2018 auf verdächtige Bareinzahlungen des MR-Politikers aufmerksam geworden. Die Bank wartete aber fünf Jahre, bevor sie eine entsprechende Verdachtsmeldung machte.
"Herr Reynders, Sie müssen sich dringend erklären", wendet sich La Libre Belgique direkt an den ehemaligen EU-Kommissar. Bislang hat die Affäre vielleicht noch bei vielen ein ungläubiges Grinsen hervorgerufen: Man stellte sich Didier Reynders vor, wie er frenetisch die Felder auf Losen der Nationallotterie freirubbelte. Über das Stadium des Treppenwitzes sind wir aber längst hinaus. Woher kam das ganze Bargeld? Ist das nicht der Beweis für die Verstrickung von Didier Reynders in Korruptionsaffären? Warum hat es so lange gedauert, bis die Warnleuchten angingen? Sehen wir hier nur die Spitze des Eisbergs? Auf all diese Fragen bedarf es schneller Antworten. Die neuerlichen Enthüllungen richten einen enormen Flurschaden an. Natürlich gilt auch für Reynders und seine Frau die Unschuldsvermutung. Aber deren Schweigen wird zunehmend unerträglich.
Roger Pint