"Nadia Naji und Jeremie Vaneeckhout hören als Parteivorsitzende auf - "Groen muss zu einer Kriegsmaschine werden, sonst werden wir vom Feld gefegt"", liest man auf Seite eins von De Standaard. "Die Co-Vorsitzenden von Groen werfen das Handtuch. 'Wir sind zwei Jahre lang Krisenmanager gewesen. Die Energie ist alle", schreibt Het Nieuwsblad. "Operation Überleben ist vorbei'", greift sich Gazet van Antwerpen eine weitere Aussage der flämischen Grünen heraus.
Die ersten Köpfe rollen nach den Gemeinderatswahlen, kommentiert Het Nieuwsblad: Die Groen-Co-Vorsitzenden Naji und Vaneeckhout müssen das Feld räumen. Sie selbst sagen, dass sie die Grünen durch zwei Krisenjahre gelotst haben und dass sie ihren Nachfolgern nun eine stabile Basis hinterlassen. Aber in Wirklichkeit ist die Krise bei Groen deutlich existenzieller. Wie schon andere Parteien in der Vergangenheit kämpfen die Grünen mit dem Problem, dass ihre wichtigsten Forderungen mittlerweile umgesetzt worden sind. Wenn selbst ein Bart De Wever Umweltzonen verteidigt, dann ist auf der Klima-Agenda einfach schon viel erreicht worden. Die Grünen müssen sich die Frage gefallen lassen, ob man sie noch braucht, wenn auch andere Parteien ihre Kernthemen besetzen. Aktuell scheinen die Grünen nur noch als Boxsack und Sündenbock zu dienen für alles, was mit Umwelt zu tun hat und irgendwie lästig ist. Groen bekommt selbst die Schuld für das Stickstoffabkommen in die Schuhe geschoben, mit dem die Partei überhaupt nichts zu tun hatte, konstatiert Het Nieuwsblad.
Sündenböcke und Wählerwille
Vielleicht sind die Grünen für viele wirklich Sündenböcke, schreibt De Standaard, und bestrafen Wähler lieber den Überbringer schlechter Nachrichten, damit sie ungestört weiter feiern können. Naji und Vaneeckhout können sich zumindest damit trösten, dass es ihren Schwesterparteien in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden auch nicht besser ergangen ist als Groen. Es scheint sehr in Mode zu sein in den westlichen Demokratien, sich von den Parteien abzuwenden, die die größten Bedrohungen bekämpfen wollen. Bedrohungen, deren Existenz und Ernst wirklich nicht bezweifelt werden können, giftet De Standaard.
Nach Wahlen gibt es immer den gleichen Mechanismus, stellt derweil das GrenzEcho fest: Kaum sind die Koalitionen geschmiedet, wird über den angeblich nicht respektierten "Wählerwillen" geschimpft. Im Grunde genommen ist die Sache ganz einfach: Eine Mehrheit ist dann legitim, wenn sie eine Mehrheit hinter sich vereint. Doch wir dürfen weder blauäugig noch zu idealistisch sein: Gerade auf kommunaler Ebene ist nicht allein die Arithmetik entscheidend, sondern die Frage, ob die Partner miteinander auskommen und wer beim Postengeschacher die besten Karten hat. Diese opportunistische Grundausrichtung mag man bedauern, sie ist aber im besten Sinne menschlich und ebenfalls Teil des Verhältniswahlrechts, unterstreicht das GrenzEcho.
Zeit für eine Bilanz
Het Belang van Limburg zieht ebenfalls eine Bilanz nach den Kommunalwahlen: Es waren vor allem Wahlen der Kontinuität, von politischen Erdbeben kann auch eine Woche später keine Rede sein. Selbst die Abschaffung der Wahlpflicht in Flandern hat an den Machtverhältnissen in vielen Gemeinden nichts ändern können. Das bedeutet, dass viele Bürger offensichtlich sehr zufrieden sind mit der lokalen Politik. Auch das darf man ruhig mal hervorheben in diesen Zeiten der angeblichen Politikverdrossenheit.
Aber es ist auch an der Zeit, einen kritischen Blick auf die Änderungen bei den flämischen Wahlregeln zu werfen: Am positivsten ist, dass deutlicher ist, wer Bürgermeister wird, nämlich der Kandidat mit den meisten Stimmen auf der größten Liste der Koalition. Weniger gelungen ist hingegen, dass die größte Partei für zwei Wochen das Initiativrecht bekommt. Das zieht die Verhandlungen in die Länge, ohne wirklich etwas zu ändern. Die größte Fehlentscheidung war aber die Abschaffung der Wahlpflicht, bemängelt Het Belang van Limburg.
Naher Osten: Was nun?
La Dernière Heure blickt in den Nahen Osten: Wir werden dem Hamas-Terroristen-Anführer Sinwar sicher keine Träne nachweinen. Aber ist sein Tod wirklich, wie von Netanjahu behauptet, der Anfang vom Ende des Krieges? Diese Hoffnung sollte man wohl schnell begraben. Die Hamas ersetzt ihre Anführer so schnell, wie sie ausgeschaltet werden. Nach der Eliminierung von Yahya Sinwar, steht schon sein mindestens genauso blutrünstiger Bruder Mohammed bereit, um zu übernehmen. Mittelfristig wird der Tod Sinwars den Teufelskreis der Gewalt zwischen Israel, der Hamas und Hisbollah ebenfalls nicht beenden. Und langfristig sorgt Israel durch sein Vorgehen in Gaza nur dafür, dass Hass und Terrorismus hier weiter einen sehr fruchtbaren Boden vorfinden werden, ist La Dernière Heure überzeugt.
La Libre Belgique hat eine positivere Sicht: Die Eliminierung Sinwars bestätigt die unumkehrbare Schwächung der Hamas. Und im Gegensatz zum Tod von Ismail Haniyya scheint nun auch keine neue Spitzenfigur bereitzustehen, um die Hamas-Führung zu übernehmen. Nun, da das Ziel der Zerstörung der Hamas erreicht scheint, gilt es ihre Wiedergeburt zu verhindern – beziehungsweise das Entstehen einer anderen islamistischen Gruppierung, die die Sicherheit Israels bedrohen könnte. Das bedeutet wohl, dass Israel den Terror-Paten Iran ins Visier nehmen muss. Der Tod Sinwars gibt aber auch den Angehörigen der israelischen Geiseln wieder mehr Hoffnung, denn immer wieder wurde ihnen gesagt, dass Sinwar das letzte Hindernis sei für ihre Freilassung. Mit der Zerschlagung der Hamas wird es für die israelische Regierung immer schwieriger werden, die Schuld am Scheitern von Verhandlungen der Gegenseite zuzuschieben, meint La Libre Belgique.
Boris Schmidt