"Erneut Eskalation im Nahen Osten: Israel und die Hisbollah beschießen einander mit Hunderten Raketen", titelt Het Laatste Nieuws. "Hisbollah-Chef: Wollten keine Zivilisten treffen", zitiert das GrenzEcho die vom Iran unterstützte libanesische Miliz. "Hochspannung an der Grenze zwischen Israel und Libanon", so De Morgen. "Der unvermeidliche Gegenschlag der Hisbollah", schreibt Le Soir. "Der Angriff der Hisbollah lässt einen 'totalen Krieg' befürchten", liest man bei La Libre Belgique.
Die Situation im Nahen Osten droht zu einem überregionalen Konflikt zu werden, kommentiert Het Belang van Limburg. Das beweist der schwere Raketenangriff der Hisbollah-Miliz. Selbst wenn die israelische Armee rechtzeitig Wind von der geplanten Attacke bekommen und in einem präventiven Schlag versucht hatte, möglichst viele Abschussbasen der Hisbollah zu vernichten. Dass die Hisbollah ausgerechnet in der Nacht von Samstag auf Sonntag zugeschlagen hat, ist auffällig. Denn am Sonntag sollten im ägyptischen Kairo neue Verhandlungen stattfinden. Verhandlungen, mit denen die meisten arabischen Länder und die Vereinigten Staaten hoffen, eine weitere Eskalation zu vermeiden. Aber auch der israelische Premierminister Netanjahu hat die Gespräche wieder torpediert, indem er seinen eigenen Unterhändlern öffentlich das Vertrauen absprach. Auffällig ist auch, wie wenig sich Europa in der Region engagiert, gerade im Vergleich zu den Vereinigten Staaten. Dabei hätten die Europäer auch ein großes Interesse daran, dass das Pulverfass Naher Osten nicht endgültig explodiert. Nicht nur wegen der Energiepreise, Stichwort Erdöl. Sondern auch, weil der Konflikt über Studentenproteste und gerade in den letzten Tagen Terroranschläge, längst auch Konsequenzen für Europa hat, erinnert Het Belang van Limburg.
Das Risiko eines Mehrfrontenkriegs
Die Gefahr eines "totalen Kriegs" im Nahen Osten ist größer als je zuvor, warnt La Libre Belgique. Der jüngste Angriff der Hisbollah soll ja nur die erste Phase der Rache für die Eliminierung ihres militärischen Chefs sein. Hinzu kommt die immer größere Wahrscheinlichkeit eines Angriffs des Irans, der ja der Pate der Hisbollah ist. Das Risiko eines Mehrfrontenkriegs für Israel wächst also. Die Strategie der Feinde Israels scheint deutlich genug: Die Verteidigung Israels blenden und neutralisieren, indem die Abfang-Stationen des Raketenschutzschirms "Iron Dome" und die Geheimdienste des Landes ins Visier genommen werden, analysiert La Libre Belgique.
Bouchez pokert hoch
Het Laatste Nieuws blickt auf die Verhandlungen über eine neue föderale Regierung: Maxime Prévot von Les Engagés hat den schwierigen Auftrag eines königlichen Trümmerräumers bekommen. Aber selbst wenn es ihm gelingen sollte, die fünf Parteien wieder an einen Tisch zu bekommen, ist die angestrebte Deadline 20. September unerreichbar geworden. Der Fokus der Politiker ist jetzt auf die Kommunalwahlen im Oktober gerichtet. Prévot kann aber versuchen, Georges-Louis Bouchez von der MR davon zu überzeugen, mit dem Pokern aufzuhören, solange er noch vorne liegt. Denn Bouchez' Veto letzte Woche ist kaum nachvollziehbar. Die Unterhändler waren sich schon fast einig geworden, 86 Prozent der finanziellen Anstrengungen sollten über Einsparungen und Reformen geschehen, nur 14 Prozent über Steuern. Eigentlich also Musik in den Ohren jedes Liberalen. Keine Regierung zu haben, kostet übrigens auch Geld, das Haushaltsloch wird automatisch immer größer. Ganz zu schweigen davon, dass ausgerechnet der Belgizist Bouchez den flämischen Nationalisten das Riesengeschenk macht, den Eindruck zu untermauern, dass mit den Frankophonen große Einigungen unmöglich sind, mahnt Het Laatste Nieuws.
Überall hört und liest man, dass es keine Alternative zu einer Arizona-Koalition gibt, schreibt Het Nieuwsblad. Aber Demokratie bedeutet, Mehrheiten zu finden. Und hier gibt es durchaus noch andere Formeln. Das wissen die Arizona-Verhandlungspartner – und das trägt auch zum schleppenden Tempo der Gespräche bei. Zum Beispiel bei den flämischen Sozialisten von Vooruit: Aktuell bleibt die frankophone Schwesterpartei PS noch bei ihrer Oppositionskur. Aber was, wenn es plötzlich die Chance gäbe, ohne die MR zu regieren? Eine Koalition aus N-VA, Zentrumsparteien und Sozialisten hätte eine Mehrheit. Die MR ihrerseits hofft vielleicht auf eine Rückkehr der Open VLD. Auch eine neue Schwedische Koalition hätte eine, wenn auch knappe, Mehrheit. Selbst eine klassische Tripartite aus Liberalen, Zentrumsparteien und Sozialisten ohne N-VA wäre denkbar. Und selbst, Gott bewahre, eine Neuauflage der Vivaldi-Koalition. Angesichts des Krachs in der Arizona sollten wirklich alle Optionen unter die Lupe genommen und gegebenenfalls noch einmal mit einem weißen Blatt gestartet werden. Um ein möglichst kohärentes Team zu bekommen, das alle Herausforderungen angehen kann, denen sich das Land gegenübersieht, wünscht sich Het Nieuwsblad.
Partikratie
De Morgen befasst sich anlässlich der Wahl von Eva De Bleeker zur neuen Parteivorsitzenden mit den flämischen Liberalen Open VLD: De Bleeker sollte sich jetzt erst einmal eines der Grundprinzipien der Demokratie ins Gedächtnis rufen: Sie hatte von Noch-Premier Alexander De Croo einen Rückzug aus der Politik gefordert. De Croo solle seinen Sitz in der Kammer zur Verfügung stellen, um der Partei einen frischen Anfang zu ermöglichen. Um ganz deutlich zu sein: Alexander De Croo ist mit den Stimmen von über 61.000 Ostflamen in die Kammer entsandt worden. Damit ist er auf Platz neun der föderalen Stimmen-Kanonen gelandet. Ihn aufzufordern, diesen Platz zum Wohl der Partei zu räumen, ist nichts anderes als ein Beweis für eine absolute vergiftete Partikratie. Wer wirklich etwas für die Demokratie tun will, sollte lieber das Nachrücker-System abschaffen, mit dem immer wieder ungewählte Parteimitglieder in den Parlamenten Platz nehmen können, wettert De Morgen.
Boris Schmidt