"Blaue Welle in der Wallonie und in Brüssel, gelber Damm in Flandern", titelt La Libre Belgique. "Die N-VA Nummer eins im Norden, die MR König im Süden", so La Dernière Heure. "BDW – Bart De Winnaar", also die Initialen Bart De Wevers umgedeutet zu "Bart Der Gewinner", ist die Titelseite von Gazet van Antwerpen. "Bart De Wever hat das Unmögliche geschafft", hält De Standaard fest. "Flandern schaut auf einen Mann – De Wever bekommt die Chance seines Lebens", unterstreicht Het Laatste Nieuws. "ProDG ist der große Wahlsieger – CSP fällt auf historisches Tief – Vivant erobert vierten Sitz im PDG – Ecolo im Tal der Tränen", blickt das GrenzEcho nach Ostbelgien.
Bart De Wever hat sich wie ein Zauberkünstler aus den Fesseln der Niederlage befreit, schreibt De Standaard in seinem Leitartikel. Es ist sein schönster und süßester Sieg, dass er die N-VA ins Zentrum der Regierungsverhandlungen auf flämischer und föderaler Ebene bringen konnte. In Flandern wird er unmittelbar damit beginnen können, an seiner bevorzugten Koalition mit den wiedergeborenen flämischen Sozialisten von Vooruit zu basteln. Auf frankophoner Seite stehen ihm dank spektakulären Erfolgen mit MR und Les Engagés rechte Koalitionspartner zur Verfügung. Aber plötzlich stehen De Wever auch andere Optionen offen. Er hat sich mit nie gesehenem Draufgängertum, Bravour und Glück die Chance seines Lebens erkämpft, lobt De Standaard.
An die Arbeit!
Dieser 9. Juni wird in die belgische Geschichte eingehen als der Tag der Krönung von Georges-Louis Bouchez, kommentiert Le Soir. Er hat es geschafft, seine liberale MR zur größten frankophonen Partei zu machen. Eine Tat, die viele selbst innerhalb seiner eigenen Partei für unmöglich gehalten hatten. Es ist ein historischer Sieg, insbesondere, weil er nach aktuellem Stand auch total ist, die MR hat es sowohl in Brüssel als auch in der Wallonie auf Platz eins geschafft. Das könnte zu einem politischen Erdbeben führen, wenn es der MR gelingen sollte, die Sozialisten von der PS wirklich von der Macht zu verdrängen, hält Le Soir fest.
Die frankophone Rechte verdankt ihren Sieg Bouchez, hebt La Libre Belgique hervor. Die anderen großen Gewinner sind Les Engagés. Die von Maxime Prévot vorangetriebene Transformation der CDH hat nicht nur die Wallonie verführt, sondern überraschenderweise auch Brüssel. Die PS ihrerseits hat ein schweres Trauma zu verarbeiten, während Ecolo gnadenlos abstürzt und sich grundlegend reformieren muss. Für DéFI geht es nun ums politische Überleben, so wie für die CDH vor fünf Jahren. In Flandern bleibt die N-VA die stärkste Kraft, dank des hervorragenden Wahlkampfs von Bart De Wever, Vooruit kann von der Beliebtheit von Conner Rousseau profitieren. Und Alexander De Croo und seine Open VLD müssen eine schmerzliche, ja sogar historische Niederlage akzeptieren. Die belgischen Wähler haben die Karten also deutlich neu gemischt. Die Parteipräsidenten haben keine Entschuldigungen, um die Verhandlungen über Monate hinzuziehen. An die Arbeit!, fordert La Libre Belgique.
Bart De Wever wird sich entscheiden müssen
Regierungsbildungen sind nie einfach, warnt De Morgen. Aber zumindest sind die Wahlergebnisse deutlich: Viele Flamen haben De Wever das Mandat gegeben, die Regierungsbildung auf flämischer und föderaler Ebene anzugehen. Viele andere Wähler haben sich stattdessen für eine linke Alternative entschieden, um die von der N-VA propagierte rechte Sparpolitik zu kontern. Im frankophonen Landesteil sind die Tendenzen ähnlich. Das macht eine Regierungsvereinbarung zwar nicht einfach, aber auch nicht unmöglich. Es bleibt illusorisch, flämisch-nationaler Premier werden zu wollen, der eine rechts-liberale Sanierungspolitik führt mit der Unterstützung linker Partner und dabei auch noch das Versprechen einer Staatsreform umsetzt. Bart De Wever wird sich entscheiden müssen, Mandat hin oder her, meint De Morgen.
Bart De Wever kann sich nicht länger davor drücken, Verantwortung zu übernehmen, betont Het Laatste Nieuws. Die Wähler sehnen sich nach Politikern, die tun, was nötig ist. Die Menschen verstehen, dass schmerzliche Eingriffe nötig sein werden. Und zwar nicht nur die Flamen, sondern überall im Land. Es gibt viel zu tun und uns stehen unruhige Zeiten bevor, es darf keine Zeit verschwendet werden, mahnt Het Laatste Nieuws.
De Wever hat bekommen, was er wollte
Niemand kann vorhersagen, wie die Regierungsverhandlungen verlaufen werden, wirft Het Nieuwsblad ein: Ein vom Sieg berauschter Georges-Louis Bouchez wird nicht unbedingt einfacher zu kontrollieren sein. Die MR und Les Engagés haben sich zwar vorsichtig offen gezeigt für eine Staatsreform, aber es ist mehr als zweifelhaft, dass sich ihre Vorstellungen mit denen der N-VA decken. Und wer weiß, ob sie jetzt nach den Wahlen überhaupt noch über eine Staatsreform sprechen wollen. Das Haushaltsloch wird ein weiteres Minenfeld werden. Die Verhandlungen könnten sich also durchaus hinziehen. Aber eines ist sicher: Es ist unwahrscheinlich, dass De Wever jemals bessere Karten bekommen wird. Dieses Mal gilt wirklich: Jetzt oder nie, ist Het Nieuwsblad überzeugt.
Wenn De Wever symmetrische Regierungen auf flämischer und föderaler Ebene will, dann wird er Vooruit ohne die PS mit an Bord holen müssen, analysiert Gazet van Antwerpen. Das wird nicht einfach werden. Und mit Georges-Louis Bouchez zu verhandeln ist auch nichts, worauf man sich freuen kann. Aber De Wever hat bekommen, was er wollte. Jetzt ist es an ihm, das Puzzle zu lösen.
Oliver Paasch war bisher Ministerpräsident und wird es auch nach dem Urnengang 2024 bleiben, fasst das GrenzEcho das ostbelgische Wahlergebnis zusammen. Durch seinen überraschend deutlichen Erfolg ist Paasch auf der sicheren Seite, hat alle Trümpfe in der Hand und kann sich seine möglichen Regierungspartner aussuchen. Bei der Kammerwahl ist zumindest gefühlt der "Schwarze Sonntag" ausgeblieben. Belgien ist zwar politisch weiterhin gespalten, aber weiter auseinandergedriftet ist das Land nicht, lautet das Fazit des GrenzEchos.
Boris Schmidt