"Radsport: Massensturz im Baskenland", schreibt das GrenzEcho auf Seite eins. "Das Blutbad", titelt La Dernière Heure. "Verheerung im Baskenland", liest man bei Het Belang van Limburg. Gazet van Antwerpen beschreibt den schweren Unfall gestern als "Schlachtfeld bei der Baskenland-Runde". "Zweiter schwerer Sturz binnen einer Woche", betont Het Laatste Nieuws.
L'Avenir macht in seinem Leitartikel die immer weiter fortschreitende Technisierung des Radsports für den Massensturz verantwortlich: Jetzt, da mit Remco Evenepoel und Wout Van Aert unsere zwei größten aktuellen Champions raus sind, muss sich das ganze Peloton Fragen stellen über die Art und Weise, wie der Sport ausgeübt wird. Natürlich wird man das Rad der Zeit nicht zurückdrehen können, die Knöpfe im Ohr, Bildschirme und anderen Kommunikationsmittel werden nicht wieder verschwinden. Aber dennoch muss es doch möglich sein, technischen Fortschritt mit weniger Ablenkungen zu verbinden. Wie ein alter Rennradler schon gesagt hat: Früher sind wir die Pässe genauso schnell runtergerast, aber es gab viel weniger Stürze, meint L'Avenir.
Die Zukunft entscheidet sich in der Ukraine
La Libre Belgique kommt auf den 75. Geburtstag der Nato zurück: Es stimmt zwar, dass die Allianz seit dem russischen Überfall auf die Ukraine endlich wieder begonnen hat, in ihre Sicherheit zu investieren. Aber gleichzeitig wird die Nato auch auf die Probe gestellt wie nie zuvor. Nicht alle Mitglieder haben verstanden, dass Russland die Nato selbst schwächen will und alles, wofür sie steht. Es gibt viel Unstimmigkeit darüber, wie groß die Bedrohung durch Russland ist, wie dringend in die eigene Verteidigung investiert werden muss, über den Zeitplan für einen Beitritt der Ukraine zur Nato, darüber, wie man der Ukraine helfen kann, den Krieg zu gewinnen, und welche Rolle die Nato dabei spielen soll. Die Frage, ob die Nato auch in Zukunft den Frieden bewahren kann, wird sich auf den Schlachtfeldern der Ukraine entscheiden. Kiew muss unverzüglich alle notwendige militärische Hilfe erhalten, inklusive der dringend benötigten Luftabwehr. Sonst riskiert die Nato einen Sieg Russlands. Das würde Moskau zur Eröffnung weiterer Fronten ermutigen, bis hin zu einer Herausforderung der Nato selbst, warnt La Libre Belgique.
Es ist mehr als symbolisch, dass die linksextrem-kommunistische PTB-PVDA eine Feier des Nato-Geburtstags im föderalen Parlament verhindert hat, kommentiert De Standaard. Die PTB sieht die Nato nicht nur als Metapher für amerikanischen Imperialismus, sondern behauptet auch weiterhin, dass die Aufnahme ehemaliger Ostblockstaaten in das Bündnis den Ukraine-Krieg mitverursacht hat, weil Russland sich dadurch bedrängt gefühlt habe. Dieses Argument ist falsch: Es waren ausgerechnet die ehemaligen Verbündeten der Sowjetunion, die besonders froh waren, in die Nato eintreten zu können. Die Länder also, die Tag für Tag den alles erstickenden Kommunismus am eigenen Leib erfahren hatten. Die Nato-Mitgliedschaft bedeutete für sie die Befreiung und die Entscheidung für demokratische Werte. Das war Selbstbestimmung, keine Erpressung oder Ähnliches, unterstreicht De Standaard.
Gefängnisse und Asylunterkünfte
Het Nieuwsblad greift den Streik des Gefängnispersonals auf: Die Gespräche zwischen den Gewerkschaften und Justizminister Paul Van Tigchelt kommen keinen Millimeter voran, der unbefristete Streik geht weiter. Derweil bleibt die Situation in den Haftanstalten unhaltbar, der Streik macht alles nur noch schlimmer. Wie gefährlich die Kombination aus Arbeitsniederlegungen und Überbelegung ist, hat ja erst wieder der furchtbare Folterfall unter Häftlingen in Antwerpen gezeigt. Nur um ganz deutlich zu sein: Die Durchsetzung eines Minimaldienstes ist absolut sinnvoll, man kann 12.000 Insassen nicht einfach sich selbst überlassen. Aber selbst der Justizminister weiß, dass diese Maßnahme nur Symptombekämpfung ist, das eigentliche Problem der zu vollen Gefängnisse wird damit nicht gelöst. Der aktuelle Konflikt verschärft die Lage nur noch weiter. Aber in der Regierung fühlt sich niemand berufen einzugreifen. Denn das Schicksal von Häftlingen ist wahlkampftechnisch uninteressant, klagt Het Nieuwsblad an.
De Morgen befasst sich mit der Suche nach Unterbringungsplätzen für Asylbewerber: Ende September hatte die operationelle Taskforce die Aufgabe bekommen, leerstehende Behördengebäude zu finden, um dort rund 4.000 zusätzliche Aufnahmeplätze zu schaffen. Herausgekommen ist bei dieser Suche quasi nichts. Natürlich eignet sich nicht jedes Gebäude als Notunterkunft, natürlich können alte Kasernen nicht im Handumdrehen umgebaut werden. Aber zu behaupten, dass man in einem Land wie Belgien keine leeren Behördengebäude findet, geht einfach nicht. 542 der 581 belgischen Gemeinden haben gar nicht erst auf den zweifachen Aufruf von Asylstaatssekretärin Nicole De Moor reagiert. Warum? Weil bald Wahlen sind. Und neue Asylzentren würden nur dem rechtsextremen Vlaams Belang mehr Stimmen bescheren. Welche Rolle spielt da eine Verurteilung mehr oder weniger wegen Belgiens Missachtung der Rechte von Asylbewerbern?, fragt sarkastisch De Morgen.
Gleichgültigkeit gegen rechte Erfolge ist ein Fehler
Le Soir blickt in seinem Leitartikel auf die Wähler des Vlaams Belang: Laut Umfragen kommt der Vlaams Belang im Norden des Landes auf 27,4 Prozent. Ein Drittel der Flamen würde demnach am 9. Juni für die Rechtsextremen stimmen. Auf frankophoner Seite wird darauf vor allem mit Gleichgültigkeit reagiert – das aber ist ein schwerer Fehler. In ganz Europa verfallen immer mehr Menschen den rechten Sirenengesängen, es gibt keinen Grund anzunehmen, dass die frankophonen Belgier dagegen immun bleiben werden. Umso wichtiger ist es, die Gründe für den Erfolg dieser Parteien zu verstehen. Das bedeutet, den Menschen zuzuhören und sie vor allem nie mit Verachtung zu behandeln. Dann wird man feststellen, dass längst nicht alle potenziellen Vlaams Belang-Wähler gegen alles Woke und gegen LGBT sind oder Flandern abspalten wollen. Oft lehnen sie einfach die etablierten Politikerinnen und Politiker ab, die ihrer Meinung nach nur an sich selbst denken, die den Menschen nicht zuhören und gegebene Versprechen brechen. Dann versteht man auch besser, warum für diese Menschen der Rassismus des Vlaams Belang gar keiner ist oder eben als Kollateralschaden hingenommen wird, um denen da oben mal eine kalte Dusche zu verpassen, analysiert Le Soir.
Boris Schmidt