"Die N-VA bringt frankophone Politik durcheinander", titelt Le Soir. "Die N-VA platziert sich jetzt auch in der Wallonie", schreibt La Dernière Heure auf Seite eins. "Die N-VA greift in Wallonisch-Brabant an", präzisiert L'Avenir in seiner Schlagzeile. Die flämischen Nationalisten der N-VA haben gestern einen Kandidaten in der Wallonie für die Föderalwahlen präsentiert. Weitere Kandidaten in anderen Provinzen der Wallonie sollen folgen.
L'Avenir kommentiert: N-VA-Chef Bart De Wever hatte im Dezember angekündigt, dass seine Partei bei den Föderalwahlen auch Kandidaten in der Wallonie aufstellen werde. Jetzt hat er damit ernst gemacht. Allerdings nur zaghaft. Denn zunächst gibt es nur einen Kandidaten in einer Provinz. Weitere sollen folgen, heißt es. Das sieht nicht danach aus, als ob das alles richtig gut geplant sei. In Flandern steht die N-VA unter Druck. Der Vlaams Belang hat die N-VA als stärkste Partei in der Wählergunst abgelöst. Die Expansion in die Wallonie könnte deshalb als Zeichen an den flämischen Wähler gedeutet werden. Nur die N-VA kann auf föderaler Ebene etwas für Flandern tun, weil nur die N-VA in allen Landesteilen zu wählen ist. Eine Stimme für den Vlaams Belang wäre wertlos. Das könnte die Botschaft sein, grübelt L'Avenir.
Auf Stimmenfang bei den "faulen Junkies"
Le Soir hält fest: Eigentlich könnte man sich darüber freuen, wenn eine neue Partei versucht, in der Wallonie Fuß zu fassen. Doch natürlich ist es komisch, dass gerade die N-VA jetzt um die Wählergunst der Wallonen buhlt. Die N-VA hat die Wallonen oft als "Junkies" und als "faul" bezeichnet. Außerdem ist die Person, die als Spitzenkandidat in Wallonisch-Brabant für die N-VA antritt, insofern bemerkenswert, als dass sie ein Fan der Rechtsextremen in Frankreich zu sein scheint, von Wilders in den Niederlanden und des Vlaams Belangs. Das sind keine guten Vorzeichen, um die demokratische Debatte in der Wallonie zu bereichern, resümiert Le Soir.
La Dernière Heure analysiert: Es klingt paradox. Indem die N-VA jetzt auch in der Wallonie bei Wahlen antritt, sagt sie im Grunde, dass Flamen und Wallonen letztlich gar nicht so unterschiedlich sind. Dabei hat das Narrativ der N-VA in den vergangenen 20 Jahren genau das behauptet. Nämlich, dass es zwei Demokratien gibt, die miteinander unversöhnlich sind. Das Ziel der französischsprachigen N-VA ist klar: Die Linke soll geschwächt werden. Das will die N-VA durch ein zweites Paradox erreichen. Denn die N-VA in der Wallonie wird vor allem die MR schwächen. Und mitnichten die Sozialisten. Hier ist vielleicht das machiavellistische Ziel der N-VA zu erkennen: Stärkung der PS, Schwächung von Mitte-Rechts, vorwärts mit dem Konföderalismus, überlegt La Dernière Heure.
Gegen links mit der PS…
Auch Het Nieuwsblad glaubt: Die N-VA will zusammen mit der PS den Konföderalismus verwirklichen. Dabei macht es nichts aus, dass die sozioökonomischen Programme beider Parteien sehr unterschiedlich sind. Auf diesem Feld hat die N-VA viele Gemeinsamkeiten mit der MR. Aber die MR ist vehement gegen den Konföderalismus. Die MR zu schwächen und die PS zu stärken, ist das Ziel der N-VA, ist sich Het Nieuwsblad sicher.
La Libre Belgique beschäftigt sich mit der Partei Défi und führt aus: Die Partei kommt nicht zur Ruhe. Der Hahnenkampf zwischen Parteigründer und Ex-Vorsitzenden Olivier Maingain und dem aktuellen Parteivorsitzenden François De Smedt ist im Grunde nicht zu verstehen. Vor allem, weil er so kurz vor den Wahlen ausgefochten wird und die Partei mit sozial-liberalen Profil ohnedies Probleme hat. In der Wallonie hat sie es nicht geschafft, populär zu werden und in Brüssel schwächelt sie. Der aktuelle Streit an der Spitze schadet ihr noch mehr. Die MR und Les Engagés reiben sich die Hände, weiß La Libre Belgique.
"Grüne" Politik en vogue - Das war einmal
De Tijd erinnert mit Bezug auf das EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur: Die Regierung De Croo hatte sich zu Beginn ihrer Amtszeit damit gebrüstet, so viel für die Umwelt tun zu wollen wie keine Regierung zuvor. Dieser Wille zu einer "grünen Politik" herrschte damals auch bei der EU-Kommission. 2019 war "grüne Politik" en vogue unter dem Eindruck der Klimaproteste. Stichwort: Fridays for Future. Dann kam Covid und heute gibt es noch andere Sorgen. Der Wirtschaft geht es nicht gut und die Bauern protestieren. Auch dem muss Rechnung getragen werden. Deshalb gibt es jetzt Streit um das EU-Gesetz. Aber auch Klima und Natur bleiben wichtig. Zwischen allem muss ein Gleichgewicht hergestellt werden, rät De Tijd.
Het Belang van Limburg meldet: In der Liste der Länder, in denen sich die Menschen am glücklichsten fühlen, belegt Belgien Platz 16. Das ist besser als beim letzten Mal. Und das zeigt, dass nicht alles so schlecht ist bei uns, wie wir manchmal denken. Klar, Probleme und große Herausforderungen gehören zu unserem Alltag. Die müssen wir anpacken. Wir sollten das aber mit einer großen Portion Zuversicht tun. Unser gutes Abschneiden im Weltglücksbericht sollte uns darin stärken, meint Het Belang van Limburg.
Kay Wagner