"Kampf gegen das Wasser", titelt De Standaard. "Einwohner der Westhoek stehen vor der Entscheidung – Bleiben oder gehen?", heißt es im Aufmacher von De Morgen. "Westhoek fürchtet sich vor neuem Regen", schreibt La Libre Belgique auf Seite eins.
Dem anhaltenden Hochwasser in Westflandern widmen sich auch einige Leitartikel. De Standaard stellt fest: Die Sommer werden immer trockener und jetzt gibt es auch Hochwasser im Herbst. In Westflandern ist das nichts Neues. Neblige Herbsttage und viel Wasser haben früher schon regelmäßig dazu geführt, dass es an kalten Tagen herrliche Landschaftsbilder mit zugefrorenen weiten Wasserflächen gab. In den vergangenen Jahrzehnten hat man den Flusslauf der Yser allerdings kräftig begradigt. Das Wasser sollte schnell ins Meer. Die Folgen davon spürt man jetzt. Im Sommer trocknen die Böden zu schnell aus, bei viel Regen drohen Dämme zu brechen. Einige Wissenschaftler raten dazu, diese Dämme abzubauen. In der aktuellen Hochwassersituation ist das sicher keine Lösung. Langfristig sollte man durchaus darüber nachdenken, rät De Standaard.
Nichts tun ist keine Lösung
Het Nieuwsblad erinnert: Nach den Überschwemmungen vor zwei Jahren in der Wallonie hat man in Flandern simuliert, welche Auswirkungen Hochwasser in Flandern haben könnte. Das Ergebnis war alarmierend. Getan wurde aber nichts. Es wurden weder Pläne erstellt, was bei Hochwasser zu tun sei, noch geplant, solche Pläne zu entwerfen. Und jetzt kamen gestern ganz viele Politiker ins Hochwassergebiet und versprachen schnelle Hilfe. Wie glaubwürdig klingt das denn!? Es zeigt nur mal wieder: Flandern reagiert immer noch nicht auf den Klimawandel und seine Folgen. Die Notwendigkeit dazu wird nicht gesehen. Nur wenn es brennt, ist man da. Auf lange Sicht wird das nicht reichen, betont Het Nieuwsblad.
La Libre Belgique bemerkt allgemein: Unseren Entscheidungsträgern in Belgien, aber auch in Europa mangelt es an Mut, um wichtige Reformen tatkräftig anzupacken. Das ist zumindest das Bild, das die Politik zurzeit bietet. Zum Beispiel beim Schutz vor Naturkatastrophen, die dank des Klimawandels unweigerlich kommen. Aber auch bei wichtigen Entscheidungen auf EU-Ebene, wo zum Beispiel die neuen Regeln im Umgang mit chemischen Substanzen (REACH) erstmal nicht verabschiedet werden, die neue Euro7-Abgasnorm für Autos von 2025 auf 2030 verschoben wird und Glyphosat weitere zehn Jahre lang benutzt werden kann. Der Wandel, der so oft angekündigt wird und auch wichtig wäre, wird dadurch ausgebremst. Dafür gibt es auch einen Grund: Es mangelt an Geld, überall, weiß La Libre Belgique.
Wissenschaft gegen Wissenschaft
Le Soir kommentiert zur Zulassung des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat für weitere zehn Jahre in der EU: Diese immer wiederkehrende Debatte um Glyphosat ist schon zum Haareraufen. Wissenschaftliche Gutachten stehen anderen wissenschaftlichen Gutachten gegenüber. Ob Glyphosat jetzt krebserregend ist oder nicht, ist nicht geklärt. In dieser Situation wäre es doch sinnvoll, das Vorbeugeprinzip anzuwenden, also vorsichtig zu sein. Erstmal gründlich forschen, dann entscheiden. Die EU-Kommission hat sich anders entschieden. Das kann man durchaus bedauern, findet Le Soir.
Die Wirtschaftszeitung L'Echo sieht auch eine Schuld bei den EU-Mitgliedstaaten und erklärt: Gerade die großen Länder Deutschland, Frankreich und Italien, aber auch Belgien haben sich bei der Abstimmung der Stimme enthalten. Erst dadurch kam es zur Situation, dass die Mitgliedsstaaten weder für noch gegen die weitere Zulassung von Glyphosat mit der notwendigen Mehrheit entscheiden konnten. Der Schwarze Peter wurde an die EU-Kommission geschoben. Die will trotzdem an ihrem Ziel festhalten, in den kommenden zehn Jahren die Menge an Pestiziden in Europa zu halbieren, berichtet L'Echo.
Ob es schadet?
De Morgen notiert zum Vooruit-Vorsitzenden Conner Rousseau: Die Kollegen von Het Nieuwsblad waren es, die gestern ausführlich aus dem Gespräch zwischen Rousseau und den Polizisten berichtet haben, in dem Rousseau sich rassistisch gegen Roma geäußert hatte. Dieses ausführliche Protokoll ist erschreckend. Denn es zeigt: Rousseau hat noch viel Schlimmeres gesagt, als bislang bekannt war. Der schlimmste Satz ist sicherlich: "Ich kann den ganzen braunen Abschaum nicht einfach rausschmeißen". Mit so einer Äußerung darf Rousseau nicht länger Vorsitzender einer linken Partei bleiben, auch kein Bürgermeisterkandidat, schimpft De Morgen.
Het Belang van Limburg stellt fest: Bei den Themen Minderheitenschutz und Integration hat Rousseau seine Glaubwürdigkeit verloren. Seine Partei hat jetzt ein Problem mit ihm. Vooruit wird einige Wähler auch an die Kommunisten und die Grünen verlieren. Dass Rousseau solche anstößigen Aussagen macht, mag beispiellos sein. Aber ob er dafür auch einen Preis zahlen muss bei den Wahlen, werden wir erst am 9. Juni wissen, prophezeit Het Belang van Limburg.
Kay Wagner