"Eine Million Euro für den französischen Polizisten, der Nahel erschoss", titelt Gazet van Antwerpen. "Gewalt in Frankreich wird immer extremer – mit dem Tod von Nahel hat das nichts mehr zu tun", notiert De Standaard auf Seite eins. "Nach den Aufständen bleiben tiefere Probleme in den französischen Vorstädten ungelöst", heißt es auf der Titelseite von De Tijd.
In Frankreich haben die Unruhen abgenommen, die seit dem Tod des 17-jährigen Nahel vor einer Woche das Land erschüttert haben. Auch auf den Titelseiten der belgischen Zeitungen spielt das Thema keine herausragende Rolle mehr. In den Leitartikeln beschäftigt sich nur noch Het Laatste Nieuws damit.
Die Zeitung kommentiert: Es sind unglaubliche Szenen, mit denen wir in den letzten Tagen konfrontiert wurden. Es war, als ob man sich in einem Videospiel befände. Rohe Gewalt, ohne Respekt vor irgendwas, reine Zerstörungswut. Verhärtete Fronten. Zwei Lager, die sich unversöhnlich gegenüberzustehen scheinen. Gegen das Crowdfunding der Familie des getöteten Jugendlichen wurde ein Crowdfunding organisiert zur Unterstützung des Polizisten, der den Jugendlichen erschossen hat. In Brüssel hat die Polizei versucht, durch präventive Festnahmen Ausschreitungen wie in Frankreich zu unterbinden.
Das hat zwar weitgehend geklappt, aber auch weiteres Misstrauen gegen die Polizei geschürt. Willkürlich seien Jugendliche allein wegen ihres Äußeren festgenommen worden, und weil sie der Polizei bekannt waren. All diese Vorfälle dürfen nicht instrumentalisiert werden. Weder vom Linken noch vom rechten Lager. Um das Problem zu lösen, muss mehr getan werden, weiß Het Laatste Nieuws.
Das Patriarchat lebt immer noch
Im Zuge der geplanten Steuerreform möchte Vizepremierminister Vincent Van Quickenborne von der OpenVLD dafür sorgen, dass mehr Frauen berufstätig werden. Het Nieuwsblad sieht das kritisch: Eine neue Studie der Christlichen Krankenkasse zeigt, dass beim Thema Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau schon vieles für die Frauen erreicht wurde. Trotzdem gibt es im Alltag gerade in Familien viele Dinge, wo es immer noch keine Gleichberechtigung gibt. Viele Aufgaben, die traditionell von Frauen ausgeführt wurden, bleiben weiter ganz natürlich bei den Frauen. Zum Beispiel das Saubermachen des Hauses, die Sorge um die Kinder, das Einkaufen, die Pflege der eigenen Eltern, wenn sie krank werden. An Beschäftigung mangelt es diesen Frauen also nicht. Wenn sie jetzt auch noch auf den Arbeitsmarkt gedrängt werden sollen, ist das ein weiteres Zeichen dafür, dass das Patriarchat noch nicht überwunden ist, ärgert sich Het Nieuwsblad.
Ähnlich kommentiert Gazet van Antwerpen: Eltern und damit auch Frauen haben schon genug, womit sie sich beschäftigen müssen. Wenn jetzt ein Minister meint, noch eine weitere Beschäftigung für Frauen suchen zu müssen, die sich vielleicht auch bewusst dafür entschieden haben, zu Hause zu bleiben und nicht arbeiten zu gehen, dann ist das ein Mangel an Respekt. Man kann nicht alle Menschen über einen Kamm scheren, nur um seine politischen Ziele erreichen zu wollen, kritisiert Gazet van Antwerpen.
Schulferien sind zu lang
De Standaard beschäftigt sich mit der Dauer der Sommerferien und bemerkt: Neun Wochen ist eine lange Zeit. Für viele Eltern hat jetzt eine stressige Zeit angefangen. Denn sie selbst haben im Sommer oft nur drei bis vier Wochen Zeit für Urlaub. Was machen mit den Kindern im Rest der Zeit? Das ist nur ein Problem, das neun Wochen Sommerferien mit sich bringen.
Und es ist doch eigentlich absurd: Unsere Gesellschaft hat sich verändert. Aber der Schuljahrkalender ist seit 50 Jahren der gleiche. Das letzte Mal wurde er in den 70er Jahren geändert: Die Sechs-Tage-Schulwoche wurde auf fünf Tage verkürzt, um die Schule an die Fünf-Tage-Arbeitswoche der Eltern anzupassen. Es wäre Zeit, den Schuljahreskalender an die Tatsache anzupassen, dass heutzutage beide Elternteile berufstätig sind, schlägt De Standaard vor.
La Dernière Heure vergleicht Flugreisen mit der Bahn und stellt fest: Einen Hin- und Rückflug Brüssel-Mailand bekommt man schon für 120 Euro, sogar jetzt noch mitten in der Hochsaison. Die gleiche Reise mit der Bahn kostet 630 Euro, mit sechsmal Umsteigen und einer Reisedauer von zwei Tagen. Wenn es unseren Politikern wirklich ernst damit ist, etwas für den Klimawandel zu tun, dann muss sich daran etwas ändern. Der Markt regelt das nämlich nicht von allein, betont La Dernière Heure.
Ein bisschen Alkohol sollte erlaubt bleiben
L'Avenir kommentiert zum Thema Alkohol am Steuer: In Belgien wie auch in anderen europäischen Ländern wird eine kleine Menge Alkohol von bis zu 0,5 Gramm auch beim Autofahren toleriert. Die EU-Kommission überlegt, ob sie eine Nullprozent-Grenze überall in Europa vorschreiben sollte. Das ist kein guter Vorschlag. Denn es gibt keine Studie, die zeigt, dass ein oder zwei Gläser Bier die Reflexe im Straßenverkehr einschränken. Und in den Ländern, in denen es eine Nullprozentgrenze gilt, passieren auch nicht weniger Unfälle als bei uns, bemerkt L'Avenir.
Kay Wagner